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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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aufs Meer abgetrieben, waren inzwischen außer Sicht. Bei Sonnenuntergang schaffte es die Supply , durch die Dünung aufs offene Meer zu gelangen. Sie fuhr sechs oder sieben Meilen in nördlicher Richtung nach Port Jackson. Gouverneur Phillips Schützlinge mussten dagegen noch eine weitere Nacht in ihrem Gefängnis ausharren.
    Am nächsten Morgen drehte der Wind auf Südost, und die Lage besserte sich, auch für die französischen Schiffe. Die Boussole und die Astrolabe liefen in die Bucht ein. Die zehn Schiffe der englischen Flotte lichteten die Anker und nahmen Kurs auf die gefährliche Hafenausfahrt. Die Sirius , Alexander , Scarborough , Borrowdale, Fishburn, Golden Grove und Lady Penrhyn stachen alle mühelos in See. Die unglückselige Friendship schaffte eine Wende nicht, driftete gefährlich nahe an die Felsen heran und kollidierte mit der Prince of Wales . Sie verlor ihren Klüverbaum und rammte zu allem Überfluss noch das Heck der Charlotte . Die prachtvollen Galerien der Charlotte wurden größtenteils zerstört, das Schiff selbst wäre um ein Haar auf Grund gelaufen.
    Das ganze Durcheinander sorgte auf der Alexander für große Heiterkeit. Die Segel des Schiffes blähten sich im Südostwind. Es war ein schöner heißer Tag und an der Backbordseite hatte man eine prächtige Aussicht. Halbmondförmige gelbe Strände mit schäumender Brandung wechselten sich ab mit rötlich-gelben Klippen, die immer höher wurden, je mehr Meilen die Schiffe zurücklegten.
Ein dichter Baumbestand erstreckte sich hinter den Stränden, und der Rauch zahlreicher Feuer verfärbte den westlichen Himmel. Dann kamen zwei mächtige, vierhundert Fuß breite Felsbastionen in Sicht, dazwischen die ungefähr eine Meile breite Mündung der Bucht. Die Alexander wendete und segelte in ein Paradies.
    »Hier gefällt es mir schon besser!«, rief Neddy Perrott.
    »Wenn Bristol einen solchen Hafen hätte, wäre es der größte Hafen Europas«, meinte Aaron Davis. »Er könnte tausend Linienschiffe vor Stürmen schützen.«
    Richard sagte nichts, doch er verspürte eine gewisse Erleichterung. Immerhin waren die Bäume grüner als in der Botany Bay, und manche schimmerten sogar bläulich. Doch was für seltsame Bäume! Sie waren hoch und hatten dicke Stämme, trugen aber nur wenige und unansehnliche Blätter, die an zerrissene Flaggen erinnerten. Kleine, vor der Brandung geschützte Sandbuchten säumten den Hafen im Norden und Süden. Die Alexander nahm Kurs auf den südlichen Teil des Hafens, der einem langen, breiten Arm ähnelte. Sechs Meilen weiter entdeckten die Seeleute in einer kleinen Bucht die Supply . Hier benötigte man vorerst noch keine Anker. Die Schiffe trieben langsam heran und wurden dann einfach an den am Ufer stehenden Bäumen vertäut, so tief war das Wasser. Das Meer war still, klar und voller kleiner Fische.
    Die Sonne war in einem Flammenmeer untergegangen. Die Matrosen prophezeiten schönes Wetter für den nächsten Tag. Wie immer, wenn nicht alles verlief wie geplant, dachte niemand daran, die Sträflinge der Alexander zu verpflegen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erinnerte man sich an sie.
    Richard behielt seine Gedanken für sich. Er wusste, dass selbst Will Connelly, der Gebildetste seiner Gefährten, völlig naiv war und er sich mit ihm nicht austauschen konnte wie mit Stephen Donovan. Richard hielt Port Jackson zwar für einen Ort unvergleichlicher Schönheit, aber ein Schlaraffenland war es gewiss nicht.
     
    Am 28. Januar gingen die Sträflinge an Land. Dort herrschten Chaos und Verwirrung. Kein Mensch wusste anscheinend, was sie tun oder wohin sie geschickt werden sollten. Ihre Habseligkeiten
zu ihren Füßen, standen sie zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder auf festem Boden. Von wegen festem Boden! Alles drehte sich um sie, der Boden wollte einfach nicht stillstehen. Richard wurde die ersten sechs Wochen an Land ständig von Übelkeit geplagt. Den anderen Männern, die kaum seekrank gewesen waren, ging es nicht anders. Er begriff nun, warum Matrosen an Land so breitbeinig und leicht torkelnd gingen.
    Die Seesoldaten waren genauso verwirrt wie die Sträflinge. Schließlich raunzte ein Offizier die Sträflinge an und wies in eine Richtung. Richard und seine neun Gefährten wurden zusammen mit den letzten hundert männlichen Gefangenen in eine flache, dünn bewaldete Gegend weiter östlich geschickt. Dort sollten sie ihr Lager aufschlagen.
    »Baut euch Hütten«, sagte Leutnant Ralph Clark vage. Er schien

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