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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Himmel stehenden Sonne, sah Richard nur einen dunklen Strich - das musste die Insel sein, die laut Donovan drei auf fünf Meilen groß war. Wie Teneriffa sah sie jedenfalls nicht aus. Dann leuchtete sie plötzlich schwärzlich-grün in der Sonne auf, gesäumt von 300 Fuß hohen, rostfarbenen und schwarzen Klippen. Trotzdem wirkte die Insel nicht düster und unheimlich, denn das tiefblaue Wasser hellte sich zur Küste hin zu einem strahlenden Aquamarin auf.
    Sie segelten in einer schwachen Brise, die zuerst von Südwesten, dann von Nordosten kam, nach Osten. Der großen Insel vorgelagert waren zwei weitere Inseln: ein kleines, mit Tannenwald bedecktes Eiland in Küstennähe und rund vier Meilen weiter südlich eine größere, bergige Insel, die abgesehen von ein paar in
Gruppen zusammenstehenden dunklen Tannen saftig grün war. Weiße Wellen brachen sich am Fuß der vielen Klippen und brandeten gegen eine Art Barre, auf die sie zufuhren, doch das Meer war ganz ruhig.
    In einiger Entfernung von dem gischtgesäumten Riff warf die Golden Grove Anker. Jenseits des Riffs glitzerte eine blau-grüne Lagune mit zwei Stränden, einem halbkreisförmigen im Osten und einem lang gestreckten im Westen. Der Sand war aprikosengelb und ging in einen Tannenwald über, der von Menschen gelichtet worden war. Dort standen die größten Bäume, die Richard je gesehen hatte. Zwischen ihnen duckten sich ein paar Holzhütten.
    Eine große blaue Fahne mit einem gelben Kreuz hing an einer Fahnenstange in der Nähe des lang gestreckten Strandes, an dem in diesem Augenblick Menschen in zwei kleine Boote kletterten. Die Jolle der Golden Grove wurde zu Wasser gelassen. Inzwischen war Flut, sodass die Jolle das Riff überqueren konnte. Weiter durften die großen Beiboote nicht fahren, erklärte Leutnant Blackburn. Hinter dem Korallenriff würde die Fracht auf kleine Flachboote umgeladen, die sie dann zum Strand brächten.
    Eines der beiden kleinen Boote näherte sich dem Schiff. In seinem Bug stand ein Mann, der eine blau-weiße Uniform mit Goldtressen, eine gepuderte Perücke und an der Seite einen Säbel trug. Er kam an Bord und schüttelte Captain Shairp die Hand. Dann begrüßte er Blackburn, Donovan und Livingstone ebenso herzlich. Das musste der Kommandant der Insel sein, Leutnant Philip Gidley King, den Richard noch nie zu Gesicht bekommen hatte. King war ein gut gebauter Mann mittlerer Größe. Sein gebräuntes Gesicht mit den funkelnden, haselnussbraunen Augen, dem festen, freundlichen Mund und der großen, aber nicht unförmigen Nase war weder schön noch hässlich.
    Nach dem Austausch der Höflichkeiten wandte King sich an die Sträflinge. »Wer von Ihnen kann mit einer Säge umgehen?«
    Richard und Bill Blackall hoben zögernd die Hand.
    King machte ein langes Gesicht. »Mehr nicht?« Er schritt die Reihe der einundzwanzig Männer ab und blieb vor dem großen und kräftigen Henry Humphreys stehen. »Vortreten«, forderte er
ihn auf. Dann ging er weiter, bis er zu Will Marriner kam, der ebenfalls stark aussah. »Sie auch.«
    Nun waren sie zu viert.
    »Hat einer von Ihnen schon als Säger gearbeitet?«
    Keiner antwortete. Richard unterdrückte einen Seufzer, weil wieder einmal er sprechen musste, um zu verhindern, dass die Gruppe sich durch ihr Schweigen den Zorn des Offiziers zuzog.
    »Nein, Sir. Blackall und ich wissen zwar, wie es geht, aber keiner von uns hat je als Säger gearbeitet. Ich bin eigentlich Sägenschleifer.«
    »Und Büchsenmacher, Herr Leutnant«, warf Donovan schnell ein.
    »Aha! Für einen Büchsenmacher habe ich nicht genug Arbeit, aber für einen Sägenschleifer umso mehr. Wie heißen Sie?«
    Sie nannten ihre Namen und Häftlingsnummern.
    »Nummern sind an einem Ort mit so wenigen Menschen unnötig. Morgan und Blackall, Sie weisen Humphreys und Marriner in der Sägegrube ein. Sie fahren sofort zum Strand und machen sich an die Arbeit. Wir müssen die Golden Grove mit Holz für Port Jackson beladen, und da ich meinen einzigen Säger bei einem Bootsunfall verloren habe, muss noch viel Holz zugeschnitten werden. Die Sägen sind stumpf, sie müssen sofort geschliffen werden, Morgan. Haben Sie Werkzeuge? Wir haben nur zwei Feilen.«
    »Ich habe alle nötigen Werkzeuge, Sir«, sagte Richard. Dann stellte er gleich noch eine Bitte, um zu verhindern, dass er Mitarbeiter zugeteilt bekam, die er nicht kannte oder denen er nicht vertraute. »Sir, könnte ich wohl Joseph Long mitnehmen? Er ist zwar weder besonders stark noch

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