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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ist der Mount George. Wir haben begonnen, ihn und die Berge im Norden zu roden, um an den Hängen Getreide anzubauen. Wir haben bereits Weizen und Mais ausgesät und weiter unten Gerste. Die neue Sägegrube soll ebenfalls hier oben angelegt werden. Die jetzige ist zu weit weg, aber dort können ja weiterhin zwölf Fuß lange Stämme aus dem Wald um Sydney Town verarbeitet werden.«
    Sie hatten den Bergrücken umrundet und blickten nun nach Westen. Hier stieg die Talsohle abrupt ungefähr zwanzig Fuß an, und der Bach stürzte den Steilhang als dünner Wasserfall hinunter. Der Kommandant zeigte hangaufwärts. »Dort oben will ich den Bach aufstauen, Morgan. Das Wasser leiten wir dann durch einen Abflusskanal auf die Felder der Regierung, die etwas weiter unten angelegt werden. Eines Tages werde ich an dem Damm auch noch ein Wasserrad bauen. Zurzeit müssen wir das Getreide noch mit Handmühlen mahlen. Wir besitzen zwar einen großen Mühlstein, aber es erfordert viel Kraft, ihn zu drehen. Da wir weder Ochsen noch Maultiere und auch nicht genügend Männer haben, bräuchten wir ein Wasserrad. Eines Tages wird es so weit sein!« Er lachte. »Der Getreidespeicher ist fast fertig, aber ich will hier am Südufer des Bachs noch eine große Scheune und ein Gehege für die Tiere bauen. Das Problem sind die salzigen Winde, Morgan! Sie lassen alles verkümmern außer Flachs, Tannen und einigen anderen einheimischen
Bäumen, die im Windschatten der Tannen wachsen. Ja, ich habe hier Flachs gefunden - die Dummköpfe in Port Jackson haben die Pflanze nur nicht richtig beschrieben. Flachs eignet sich hervorragend zum Dachdecken. Es ist uns allerdings noch nicht gelungen, Leinwand daraus herzustellen.«
    King verabschiedete sich abrupt und ging, offenbar um etwas Wichtiges zu erledigen, das ihm gerade eingefallen war. Richard folgte dem Weg weiter hinauf. Als er über dem Steilhang stand, sah er, warum der Kommandant an dieser Stelle einen Staudamm bauen wollte. Das Tal bildete eine große Mulde, dahinter wurde es wieder breiter.
    Das Gelände war bereits gerodet. Als Richard die Bananenstauden erblickte, wusste er auf Grund der Zeichnungen in seinen Büchern sofort, um was es sich handelte. Er staunte, wie groß und weit entwickelt die Stauden waren - konnten sie in acht Monaten dermaßen gewachsen sein? Nein, unmöglich. King war erst vor kurzem bis hierher vorgedrungen. Das bedeutete, dass die Bananen hier wild wuchsen, ein Geschenk Gottes. Die langen Bündel kleiner grüner Bananen waren bereits ausgebildet. In den kommenden Monaten würde es also Obst geben - und obendrein sättigendes Obst.
    Weiter oben wurde das Tal wieder schmäler. Es war nicht mehr gerodet, doch ein Pfad führte am Bach entlang in den Wald. Das Wasser war hier stellenweise einige Fuß tief und so klar, dass Richard kleine, fast durchsichtige Garnelen darin herumschwimmen sah. Am Lagerfeuer war von großen Aalen die Rede gewesen, doch sie entdeckte er nicht.
    Leuchtend grüne Papageien flogen über seinen Kopf, und eine kleine Pfautaube flatterte zwitschernd vor seinem Gesicht hin und her, als wollte sie ihm etwas mitteilen. Sie begleitete ihn hundert Meter weit. Richard meinte eine Wachtel zu sehen, und dann erblickte er die schönste Taube der Welt. Ihr Gefieder war zart rosabraun getönt, ihre Brust schillerte smaragdgrün, und sie war überhaupt nicht scheu! Sie beäugte ihn nur kurz, dann trippelte sie mit auf und ab ruckendem Kopf seelenruhig weiter. Richard entdeckte noch mehr Vögel. Einer sah aus wie eine Amsel, nur dass sein Kopf
grau war. Die Luft war erfüllt von einem melodischen Gesang, wie Richard ihn in Port Jackson nie gehört hatte, unterbrochen nur vom Kreischen der Papageien.
    Die Wildnis zu beiden Seiten des Pfades wirkte undurchdringlich und wenig einladend. Trotzdem war der Wald kein Dschungel, wie er in Richards Büchern beschrieben wurde. Es wuchsen keine kleinen Pflanzen. Zwischen den sehr dicht stehenden Tannen, die teilweise einen Durchmesser von mehr als fünfzehn Fuß hatten, wuchsen keine anderen Pflanzen. Junge Tannen gab es kaum. Die dicke, rissige Rinde der Stämme war rötlich braun, die ersten Äste zweigten erst sehr weit oben ab. Zwischen den Tannen standen vereinzelt grüne Laubbäume, doch den meisten Platz nahm eine Schlingpflanze ein, die Richard noch nie gesehen hatte.
    An einer Stelle, an der das Tal etwas breiter war, standen weitere Bananenstauden mit grünen Früchten und ein seltsamer Baum, der wie die Bananen

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