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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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abhoben.
    Richard trocknete sich ab, rieb sich den Sand von den Füßen und kehrte zu seinem Haus zurück. Dort sank er genüsslich auf das große Bett aus Federn. Es war so bequem, dass er noch stundenlang wach lag. Kein Lüftchen regte sich, und die einzigen Laute, die er hörte, waren ein leises Rauschen, das ferne Donnern der gegen das Riff brandenden Wellen und ab und zu der Schrei einer Möwe. Joey und MacGregor schnarchten nicht. Vor vier Jahren um diese Zeit war er ins Bristol Newgate eingeliefert worden. Von jenem Tag an bis heute hatte er jede Nacht ein Schnarchkonzert gehört - sogar als er und Lizzie Lock ein eigenes Zimmer hatten, drang das Schnarchen der Männer nebenan durch die dünnen Wände. Jetzt genoss er die Ruhe so sehr, dass er nicht schlafen konnte.
     
    Ned Westlake, der zusammen mit King nach Norfolk Island gekommen war, hatte früher mit dem ertrunkenen Westbrook in der Sägegrube gearbeitet. Nun wurde Harry Humphreys sein neuer Partner. Blackall und Marriner bildeten ein zweites Team, das sich mit dem ersten abwechseln sollte. Das bisherig beste Ergebnis waren laut Westlake 898 Quadratfuß Holz in fünf Tagen, allerdings mit nur einem Team. Richard war zum Anführer der Säger ernannt worden, obwohl er ein Sträfling war - hauptsächlich weil er im Haus Westbrooks wohnte, das für dessen Nachfolger freigehalten worden war. King war davon ausgegangen, dass dieser ebenfalls ein freier Mann sein würde. Richards erste Entscheidung behagte den anderen nicht, sie wurde aber akzeptiert. Er erlaubte den beiden Mannschaften nicht, in Tagesschichten zu arbeiten.
    »Wenn ihr den ganzen Tag lang sägt, verspannen sich eure Muskeln
und schmerzen noch mehr«, sagte er. »Bill Blackall und Will Marriner sägen morgens, Ned Westlake und Harry Humphreys nachmittags. Fünf Stunden am Tag in der Sägegrube reichen. Wer nicht sägt, hilft mir beim Schärfen. Wer gerade nichts zu tun hat, nimmt eine Axt und hilft Joey beim Entrinden der Stämme. Je besser und schneller wir sind, desto mehr Privilegien bekommen wir. Und wer für ein bestimmtes Handwerk qualifiziert ist, braucht nicht jede Arbeit zu machen, die gerade anfällt. Wenn ich Leutnant King richtig verstanden habe, dürft ihr an euren freien Tagen Holz sägen, um euch Hütten daraus zu bauen. Stellt euch vor, was das bedeutet! Die eigenen vier Wände!«
    Nach drei Tagen waren die Säger eingearbeitet. Am Ende der ersten Woche schaffte die Kolonne bereits 500 Quadratfuß Holz am Tag, am Ende der zweiten Woche sogar 750. Joey Long entrindete die Stämme.
    »Ihr leistet gute Arbeit!«, sagte Leutnant King anerkennend, nachdem die Golden Grove am 28. Oktober abgefahren war. »Weiter so! Als Nächstes brauchen wir Holz für neue Häuser, denn mir wurde angekündigt, dass bald noch mehr Leute hier eintreffen. Zurzeit sind wir sechzig - Ende nächsten Jahres sollen wir schon zweihundert sein und im Jahr darauf noch mehr. Seine Exzellenz wünscht, dass die Insel bald ebenso viele Einwohner hat wie Port Jackson.«
    King ging von einem Ende der Sägegrube zum anderen. »Ich schulde euch ein paar freie Tage«, fuhr er fort. »Auf der Insel Norfolk arbeiten wir von Montag bis Freitag für den Staat. Samstags arbeitet ihr für euch selbst, sonntags habt ihr frei - allerdings erst nach dem Gottesdienst, den ich selbst abhalte und der für jeden hier Pflicht ist. Während die Golden Grove beladen wurde, habt ihr zwei Samstage und zwei Sonntage für den Staat gearbeitet. Heute ist Dienstag, das heißt, ihr braucht erst am Montag wieder für den Staat zu arbeiten. Ich rate euch, einen Teil der Zeit dazu zu nutzen, Holz für eure eigenen Häuser zuzusägen. Verlängert die Häuserreihe nach Osten. Das Land hinter den Häusern bis hinunter zum Sumpf steht euch als privater Gemüsegarten zur Verfügung. Auf feuchtem Boden wächst Kresse sehr gut und unbelästigt
von Ungeziefer. Sät also Kresse aus und dazu, was ihr sonst noch anbauen wollt oder bekommen könnt.«
    King wandte sich an Richard. »Morgan, von Ihnen brauche ich einen Bericht. Begleiten Sie mich bitte ein Stück.«
    Der Kommandant hat wirklich tadellose Manieren, dachte Richard, während er neben dem Kommandanten den Weg entlangging, der von der Sägegrube zu Kings Haus und den Lagerschuppen führte. Er sah, dass in einem der Schuppen das Flachboot lag und daneben ein noch kleineres Boot, das King offenbar aus den Überresten jenes Flachbootes hatte machen lassen, das über dem Riff gesunken war und vier

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