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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wütend. »Ich weiß auch, warum«, sagte er grimmig. »Man hat die meisten Sträflinge ja hergeschickt, um sie loszuwerden. Der Gouverneur wird sie nicht zurückhaben wollen, und Meuterer schon gleich gar nicht. Er müsste sie hängen lassen, und das tut er nicht gern. Es fällt ihm schon bei den Verbrechern, die ihre Verbrechen in Port Jackson verübt haben, schwer genug. Außerdem präsentiert er die Insel gern als Beispiel einer erfolgreichen Politik. Norfolk ist zu abgelegen, um unter einem System zu gedeihen, in dem Männer befehlen, die ihren Amtssitz nicht hier auf der Insel, sondern im tausend Meilen entfernten Port Jackson haben. Die Behörden von Norfolk Island müssten in Angelegenheiten, die die Insel betreffen, selbst entscheiden können.«
    »So ist es«, seufzte Stephen. »Eine verzwickte Situation.« Er beugte sich vor. »Doch Sie haben einen gelernten Büchsenmacher auf der Insel, Sir, der nicht in die Verschwörung verwickelt war - Morgan, den Säger. Darf ich Sie ergebenst bitten, ihn sofort mit der Reparatur unserer Schusswaffen zu betrauen? Dann könnten Freie und Seesoldaten immer am Samstagmorgen zwei Stunden lang schießen üben. Ich könnte östlich von Sydney Town einen Schießstand errichten und die Schießübungen überwachen, wenn Morgan mir dabei hilft.«
    »Eine ausgezeichnete Idee! Kümmern Sie sich darum, Mr Donovan.« Der Kommandant grunzte. »Wenn Seine Exzellenz unsere Meuterer nicht in Port Jackson haben will, wie ich fürchte, dann muss er mir eine größere Abteilung Seesoldaten unter dem Kommando eines Offiziers schicken. Außerdem brauche ich ein paar Kanonen und jede Menge Schießpulver, Kugeln und Patronen für die Musketen. Ich werde gleich einen Brief aufsetzen.« King wirkte
ernst und entschlossen. »Und von jetzt an, Mr Donovan, werden Sie als Oberaufseher der Sträflinge für mehr Disziplin sorgen. Wenn die Burschen es darauf anlegen, ausgepeitscht zu werden, dann bekommen sie die Peitsche. Ich bin zutiefst enttäuscht und verletzt!«
     
    Nach den Vernehmungen richtete sich der ganze Groll der Verschwörer gegen John Bryant, einen geradezu fanatisch frommen Katholiken. Er hatte die Verschwörer besonders schwer belastet, denn er hatte ausgesagt, sie hätten schon an Bord der Golden Grove geplant, das Schiff in ihre Gewalt zu bringen, doch dieser erste Plan sei geplatzt, weil er, Bryant, ihn Captain Shairp verraten habe. William Francis und Samuel Pickett wurden schließlich als Anstifter der Revolte ausgemacht und sollten mit doppelten Eisen gefesselt in Haft bleiben. Noah Mortimer und Thomas Watson sollten leichte Fußfesseln tragen, solange der Kommandant es für nötig hielt. Die Übrigen gingen straffrei aus.
    Eine traurige Folge der Verschwörung war, dass das kleine Sydney Town nicht mehr idyllisch zwischen hohen Tannen und »weißen Eichen« lag, denn Leutnant King ließ alle Bäume fällen und sogar das Unterholz zwischen ihnen roden. An den beiden Enden der Siedlung wurde je ein Seesoldat postiert, der sogar nach Einbruch der Dunkelheit das Kommen und Gehen zwischen den Hütten beobachtete. Tom Jones, ein Kumpan von Len Dyer, erhielt 36 Peitschenhiebe, weil er Stephen Donovan und Sanitätsoffizier Thomas Jamison durch verächtliche sexuelle Anspielungen beleidigt hatte.
    »Das Klima hat sich verändert«, sagte Richard zu Stephen, als sie vor der ersten Schießübung die Musketen noch einmal überprüften. »Schade. Mir gefällt die kleine Insel, und ich könnte hier glücklich sein, wenn die anderen Männer nicht da wären. Ich möchte nicht länger im Hüttendorf wohnen. Die Bäume sind weg und man hat kein Privatleben mehr - selbst beim Pinkeln schauen einem Leute zu. Am liebsten würde ich mich irgendwohin zurückziehen, wo ich meine Ruhe habe, und meine Kontakte zu anderen Sträflingen auf die Sägegruben beschränken.«

    Stephen sah ihn verwundert an. »Sind sie Ihnen so zuwider, Richard?«
    »Einige mag ich. Es sind die Schurken, die immer alles verderben - und warum? Lernen sie nie dazu? Denken Sie nur an den armen Bryant. Sie wissen, dass die Kerle sich geschworen haben, ihn fertig zu machen, und das werden sie.«
    »Als Oberaufseher der Sträflinge werde ich alles tun, um das zu verhindern. Bryant hat eine nette Frau, und die beiden lieben sich innig. Wenn ihm etwas zustoßen sollte, würde es ihr das Herz brechen.«
     
    Das Jahr 1789 begann mit heftigen Regenfällen und Stürmen. Sie vernichteten den Rest der Gerste, verdarben einige Fässer mit

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