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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Mehl und machten das Fischen an den meisten Tagen unmöglich und das Leben im nun baumlosen Hüttendorf ausgesprochen ungemütlich. Kleider und Bettzeug waren feucht, kostbare Bücher und ebenso kostbare Schuhe setzten Schimmel an, und viele Inselbewohner klagten über Erkältungen und Kopf- und Gliederschmerzen. Mitte Februar ließ der Kommandant Francis und Pickett aus dem Schuppen holen und ohne Handschellen, aber mit schweren Eisen an den Füßen in ihre Hütten zurückbringen. Die Supply ließ sich nicht blicken. Als letztes Schiff hatte die Golden Grove vor der Insel Anker geworfen, und das war nun schon vier Monate her. Würden sie nie mehr ein Schiff zu Gesicht bekommen? War der Supply etwas zugestoßen? Was ging in Port Jackson vor?
    Das schlechte Wetter setzte allen zu, besonders dem Kommandanten. Er wusste, dass es bei so heftigen Regenfällen zu riskant war, mit dem Bau eines Damms zu beginnen; außerdem hatte er einen schreienden Säugling im Haus. Die meisten Arbeiten mussten verschoben werden, und die Männer saßen zu viel herum und murrten. Nur den drei Männern in der Ball Bay ging es besser. Sie wohnten mit genügend Nahrungsmitteln versehen in einem festen Haus im Schutze der Pinien und konnten auch beim stärksten Regen noch Fische fangen.
    Der 26. Februar sollte allen als schrecklicher Tag in Erinnerung
bleiben. Der Tag begann mit heftigen Winden aus Ostsüdost und einer so hohen Flut, dass die Brandung bis zu den Stränden der Lagune reichte. Stephen und Richard wollten zum Point Hunter hinauslaufen. Auf halber Strecke drehten sie sich um. Die Küstenlinie im Westen bot einen Furcht erregenden Anblick. Gewaltige Brecher krachten mit solcher Wucht gegen die Klippen, dass die Gischt über 300 Fuß hoch aufspritzte und bis zu dem vier Meilen landeinwärts gelegenen höchsten Berg der Insel geweht wurde.
    »Du lieber Gott, da braut sich der schlimmste Sturm aller Zeiten zusammen!«, schrie Stephen.
    Als sie sich um die Turtle Bay gekämpft hatten und zurückblickten, war nicht nur Phillip Island mit seinen hohen Bergen in den schäumenden Fluten verschwunden, sondern auch das nähere Nepean Island. Der Wind, der inzwischen aus Südosten kam, wurde immer stärker. Die ganze Gewalt der Elemente richtete sich auf die Siedlung.
    Geduckt, um dem Sturm weniger Angriffsfläche zu bieten, scheuchten die Leute Schweine und Federvieh in die Schuppen und Hütten, dann verbarrikadierten sie die Türen mit Baumstämmen und kletterten durch die Fenster in ihre Hütten.
    So laut war das Getöse des heulenden Sturms und der herandonnernden Wassermassen, dass Richard und Stephen nicht einmal das laute Ächzen einer 180 Fuß hohen Tanne hörten, die hinter der Turtle Bay aus der Erde gerissen wurde. Sie sahen den Baum nur wegfliegen. Mit seiner spitz zulaufenden Krone und den mächtigen Wurzeln sah er aus wie ein Pfeil, der 30 Fuß über der Erde auf die Hügel landeinwärts zuraste. Weitere Bäume folgten. Es war, als hätte eine Armee von Riesen die Insel überfallen; die Sturmböen waren ihre Bögen, die Tannen ihre Pfeile und die weißen Eichen ihre Enterhaken.
    Stephen kämpfte sich an den Hütten entlang, um sich zu vergewissern, dass alle Öffnungen dichtgemacht waren. Als Richard seine Hütte erreichte, sah er, dass die Tür bereits mit einem Baumstamm verrammelt war. Er war froh, dass Joey und MacGregor in Sicherheit waren, doch er selbst blieb lieber draußen. In der Hütte blind seinem Schicksal ausgeliefert zu sein, war für ihn ein schrecklicher
Gedanke! Stattdessen setzte er sich vor die im Windschatten liegende Rückwand und betrachtete die Naturkatastrophe, die sich vor ihm abspielte.
    Dann kam der Regen. Der Wind peitschte ihn fast waagerecht vom Meer herein, sodass Richard trotz der Sintflut trocken blieb. Weiter hinten hoben sich Dächer von den Hütten und schwebten wie Regenschirme davon. Am heftigsten schien der Sturm freilich dreißig Fuß über dem Boden zu toben - dieser Umstand und das Fehlen von Bäumen in unmittelbarer Nähe der Hütten retteten die Siedlung. Hätte Leutnant King nicht angeordnet, das ganze Gelände zu roden, wären Schuppen, Häuser und Hütten samt der Menschen darin unter umgestürzten Bäumen begraben worden.
    Um acht Uhr morgens hatte der Sturm begonnen, gegen vier Uhr nachmittags flaute er allmählich wieder ab. Nur die Hütten im mittleren Abschnitt, wo Richard und Joey wohnten, und die größeren Häuser, die nicht mit Flachs, sondern mit Schindeln gedeckt waren,

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