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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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für ein schönes kleines Häuschen. Aber ich wäre dort mit William Henry allein und hätte im Notfall keine Hilfe.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass wir uns einen Diener leisten können, Peg.«
    »Schon, aber ein Diener ist nicht dasselbe wie eine Familie. Hier habe ich deine Eltern. Wir können uns zu dritt um William Henry kümmern.« Sie sah ihn flehend an. »Ich habe Albträume. Ich sehe vor mir, wie William Henry zum Avon hinuntergeht und hineinfällt, während ich mit Brotbacken beschäftigt bin und der Diener Wasser vom Jakobsbrunnen holt. Dieses Bild verfolgt mich!«
    Im Kerzenlicht glitzerte ein plötzlicher Tränenstrom. Richard stellte die Kerze auf die Kleiderkommode neben dem Bett und nahm seine Frau in die Arme. »Peg, meine liebe Peg … Das sind Träume. Ich habe auch Albträume. Aber in meinen Albträumen wird William Henry von Pferdehufen zermalmt oder von der Ruhr hinweggerafft oder er fällt in einen offenen Schacht. Das alles kann in Clifton nicht passieren. Wenn du solche Angst hast, stellen wir noch ein Kindermädchen für ihn ein.«
    »Du hast verschiedene Albträume«, schluchzte Peg, »meiner ist
immer gleich. William Henry springt bei der Schlucht in den Avon, aus Angst vor etwas, das ich nicht sehen kann.«
    Richard tröstete seine Frau, bis sie sich beruhigte und schließlich in seinen Armen einschlief. Er selbst blieb wach. Die Kerze tropfte, Kummer erfüllte ihn. Die ganze Familie hatte sich gegen ihn verschworen, er wusste es. Seine Eltern hatten Peg in ihrem Sinn beeinflusst, Mag, weil sie William Henry vergötterte und ihre Nichte wie eine Tochter liebte, Dick, weil er, na ja, vielleicht weil er insgeheim fürchtete, dass das Geld nicht reichen würde, wenn Richard erst in Clifton wohnte. Denn wer im eigenen Haus wohnt, hat viele zusätzliche Ausgaben. Am liebsten hätte Richard den ganzen Druck ignoriert und Frau und Kind einfach in die frische Luft und auf die grünen Hügel von Clifton mitgenommen. Doch was Dick Morgan bei Richard für Weichheit hielt, war in Wirklichkeit Einfühlungsvermögen in andere, besonders Mitglieder der eigenen Familie. Wenn er auf dem Haus in Clifton bestand - er hatte es bereits gefunden, ein geräumiges, strohgedecktes Haus, nicht zu alt, mit einer separaten Küche im Hinterhof als Schutz gegen Feuer und einer Mansarde für die Diener -, wenn er also auf diesem Haus bestand, dann, das wusste er jetzt, würde Peg sich darin nicht wohl fühlen. Sie hatte beschlossen, das Haus zu hassen. Wie seltsam für die Tochter eines Bauern! Nie hätte er gedacht, dass sie sich nicht ebenso wie er, der in der Stadt geboren und aufgewachsen war, für ein Leben auf dem Lande begeistern würde. Seine Lippen bebten, aber er weinte nicht. Er machte sich nur darauf gefasst, dass er nicht nach Clifton ziehen würde.
    Gott im Himmel, meine Frau glaubt, dass William Henry im Avon ertrinken wird, wenn wir nach Clifton ziehen. Und ich habe die schreckliche Vorahnung, dass ihn Bristol umbringen wird. Ich bitte Dich, ich flehe Dich an: Beschütze meinen Sohn! Lass mir dieses eine Kind! Seine Mutter sagt, dass sie keins mehr haben wird, und ich glaube ihr.
    »Wir bleiben im Cooper’s Arms«, sagte er zu Peg, als sie kurz vor der Morgendämmerung aufstanden.
    Ihr Gesicht leuchtete auf, als sei eine zentnerschwere Last von ihr abgefallen, und sie umarmte ihn. »Danke, Richard, danke!«
In Bristol verschlimmerte sich die wirtschaftliche Lage zunehmend. Französische und amerikanische Freibeuter machten die Meere unsicher und waren dabei erfolgreicher als ihre englischen Kollegen, denn die Königliche Marine kreuzte am anderen Ende des Atlantiks. Reiche Bürger der Stadt sammelten Geld, um Handelsschiffe zu schwer bewaffneten schwimmenden Festungen für Freibeuter umzubauen. Englische Freibeuter waren während des Siebenjährigen Krieges gegen Frankreich äußerst erfolgreich gewesen, deshalb kam niemand in den Sinn, dass es in diesem Krieg anders sein könnte.
    In einem Brief an Mr James Thistlethwaite in der zweiten Jahreshälfte 1778 schrieb Richard:
    Unsere Investoren haben katastrophale Verluste erlitten. Bristol hat 21 Freibeuterschiffe losgeschickt, aber nur die zwei Sklavenschiffe Tartar und Alexander hatten Erfolg. Sie kaperten ein französisches Ostindienschiff, das 100 000 Pfund wert sein soll.
    Der Seehandel ist so stark zurückgegangen, dass die Hafengebühren in diesem Jahr angeblich nicht einmal das Bürgermeistergehalt decken.
    Auf den Straßen wimmelt es vor
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