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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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Und Caves Rum war einzigartig.
    Als Richard an diesem Tag nach Hause kam, hatte Mr Thistlethwaite aus Kummer über Richards Abwesenheit schon ordentlich getrunken, mehr als sonst um drei Uhr nachmittags. Er hatte angenommen, dass Richard von nun an nie mehr vor fünf Uhr zurück sein würde. Um fünf aber musste er gehen, das sagte ihm ein letzter Rest von Selbsterhaltungstrieb. Er wusste genau, dass er, wenn er auch nur eine Minute länger bliebe, endgültig in der Gosse landen würde, die in der Mitte der Broad Street verlief.
    Mr Thistlethwaite stand unsicher auf und machte Anstalten zu gehen. »Es ist früher als sonst, ich weiß, aber dein Anblick, Richard, hat mich schlicht überwältigt«, rief er. Schwankend steuerte er auf die Tür zu. »Obwohl ich gar nicht weiß, warum«, kam seine Stimme von der Broad Street herein. »Denn wer bist du schon? Der Sohn meines Wirts. Es ist ein Rätsel.« Der Kopf mit dem zerknitterten Dreispitz erschien noch einmal in der Tür. »Ist es denn möglich, dass die Augen eines Betrunkenen die Zukunft sehen? Glaube ich an Vorahnungen? Ha! Nennt mich Kassandra, denn ich schwöre, ich bin eine verrückte alte Frau!« Damit verschwand er.
    »Übergeschnappt«, sagte Dick. »Vollkommen übergeschnappt.«
     
    Die Engländer eilten im Krieg gegen die dreizehn amerikanischen Kolonien von Sieg zu Sieg, zumindest hatten die Bürger von Bristol diesen Eindruck. Deshalb musste die Nachricht von der amerikanischen Kapitulation eigentlich jeden Tag eintreffen. Zur Verblüffung der Bristoler Bürger traf sie nie ein.
    Im August 1776 meldeten die Nachrichtenblätter, der Kontinentalkongress habe Thomas Jeffersons umstrittene Unabhängigkeitserklärung angenommen und unterzeichnet, nur New York habe sich der Stimme enthalten. John Hancock, der Präsident des Kongresses, hatte als Erster schwungvoll unterschrieben. Auch General Washingtons zerlumpte Truppen begrüßten die Erklärung mit Beifall, und daraufhin wurde sie auch von New York gebilligt. Damit hatten sich alle zur Unabhängigkeit bekannt, auch wenn
das Gebiet von Manhattan königstreu blieb. Und die Flagge des Kontinentalkongresses bestand jetzt aus dreizehn abwechselnd weißen und roten Streifen.
    Die Friedensverhandlungen auf Staten Island scheiterten, nachdem die Kolonisten sich weigerten, die Unabhängigkeitserklärung zurückzunehmen. Sir William Howe marschierte daraufhin mit seinen englischen Truppen und 10 000 hessischen Söldnern in New Jersey ein. Die Kolonisten wichen vor ihm zurück. Washington überquerte den Delaware nach Pennsylvania, kehrte im tiefsten Winter zurück und brachte den Hessen, die bei Trenton lagerten, eine vernichtende Niederlage bei. Nach einem zweiten, kleineren Sieg bei Princeton zog sich die Rebellenarmee in das Bergland um Morristown zurück. General Howe kehrte verwirrt mit Lord Cornwallis, seinem ebenso ratlosen Stellvertreter, nach Manhattan zurück. Den Cornwallis gehörte Cornwallis House in Clifton Hill, deshalb waren sie in Bristol beliebt.
     
    Richard hatte im Jahr 1776 viele Musketen gebaut und dabei gut verdient. Er hatte 265 Pfund bei der Bristol Bank deponiert, und das Cooper’s Arms blieb dank der fünf oder sieben Schillinge, die Dick täglich von Richard bekam, geöffnet. Viele andere Wirtshäuser hatten bereits für immer geschlossen. Die Not traf Reiche und Arme gleichermaßen. Es waren schreckliche Zeiten.
    Die Zahl der Verbrechen hatte drastisch zugenommen. Damit einher ging eine weitere Folge des bitteren amerikanischen Krieges: Häftlinge und obdachlose Arme konnten nicht mehr wie bisher mit Schiffen in die dreizehn Kolonien gebracht werden. Diese altehrwürdige und bequeme Praxis hatte es den Behörden bisher ermöglicht, die härtesten Strafgesetze Europas zu praktizieren und gleichzeitig die Zahl der Häftlinge niedrig zu halten. Auf jeden gehängten Franzosen kamen zehn gehängte Engländer, auf jeden gehängten Deutschen fünfzehn gehängte Engländer. Ab und zu wurde auch eine Frau gehängt. Die weitaus meisten der wegen geringerer Verbrechen als Straßenraub, Mord oder Brandstiftung Verurteilten wurden allerdings an Unternehmer verkauft, die sie in die dreizehn Kolonien verschifften - die Schiffe liefen oft in Bristol
aus - und dort Gewinn bringend als weiße Sklaven weiterverkauften. Ein Unterschied zu den schwarzen Sklaven bestand darin, dass ihre Knechtschaft zumindest theoretisch zeitlich begrenzt war. Oft traf das allerdings nicht zu, zumal wenn die Sklaven Frauen
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