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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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habe schrecklich geweint.«
    »Das würde ich auch, wenn man mich ins St. Peter tragen müsste«, sagte Richard mitfühlend. »Der arme Kerl. Warum sagst du mir das erst jetzt?«
    »Ich hatte es vergessen«, sagte William Henry abwesend. Er rollte zweimal um die eigene Achse, stieß die Absätze heftig ins Gras, seufzte tief, klatschte in die Hände und rollte wieder zurück.
    »Lass uns aufbrechen, mein Sohn.« Richard stand auf, stopfte
die Mäntel in den Tornister und schulterte ihn. »Sollen wir den Granby Hill hinaufsteigen und Mr Goldneys Grotte anschauen?«
    »Au ja, bitte!«, rief William Henry und hüpfte los.
     
    Sie sahen aus, als hätten sie keine Sorge auf der Welt, dachte Mr George Parfrey, der oberhalb der beiden Ausflügler auf einem von Gebüsch überwachsenen Felssims saß. Wahrscheinlich hatten sie das auch nicht. Der Junge zahlte Schulgeld, und Vater und Sohn waren zwar nicht auffällig gekleidet, doch Mr Parfrey hatte das feine Tuch ihrer Kleider bemerkt, die weder geflickt noch abgenutzt waren, die glänzenden, mit Silberschnallen verzierten Schuhe und die Unabhängigkeit, die beide ausstrahlten.
    Natürlich wusste Parfrey alles über den Vater von Morgan dem Dritten. Colston war eine kleine Schule, und über die zahlenden Schüler wurde im Lehrerzimmer besonders eingehend gesprochen, denn in einem ärmlichen Leben gab es so wenig anderen Gesprächsstoff. Ein Büchsenmacher und Angestellter eines Juden , der im amerikanischen Krieg ein kleines Vermögen verdient hatte. Einen so hübschen Jungen wie Richards Sohn gab es selten, und noch seltener kam es vor, dass ein solcher Junge so natürlich und unverdorben war wie Morgan der Dritte. Allerdings war der Junge auch noch nicht alt genug, um zu wissen, was für Kapital er aus seiner Schönheit schlagen konnte.
    Der Mann in seiner Begleitung musste sein Vater sein. Die beiden waren einander zu ähnlich, um nicht eng verwandt zu sein. Auf Parfreys Knien lag ein Skizzenblock. Aufgeschlagen war eine von ihm angefertigte Zeichnung des am Avon ruhenden Paares. Eine gelungene Zeichnung. George Parfrey war selbst ein gut aussehender Mann, doch hatte dies, als er noch jünger war, jede Hoffnung auf eine Anstellung als Zeichenlehrer in einem reichen Hause zunichte gemacht. Kein wohlhabender Mann, der bei Verstand war, stellte einen hübschen jungen Mann ein, um seiner Tochter das Zeichnen beizubringen. Schließlich bestand die Gefahr, dass sich die Tochter und Erbin in den jungen Mann verliebte. Zeichenlehrer waren verkrüppelt, hässlich und hatten verfaulte Zähne, sodass schon ein leichter Hauch aus ihrem Mund einen
Ohnmachtsanfall auslöste. Wer dagegen aussah wie George Parfrey - groß und dunkelhaarig, fast wie ein Abenteurer -, war dazu verdammt, in der Schule zu unterrichten, genauer in einer Jungenschule oder, schlimmer noch, einer Schule mit Freiplätzen. Die gab es an den meisten Schulen.
    Obwohl Parfrey keine tiefen Gefühle für den armen Ned Simpson gehabt hatte, vermisste er ihn doch mehr, als er zuvor gedacht hatte. Die anderen Lehrer an Colstons Schule, die ihre Neigungen teilten, hatten feste Partnerschaften und dachten nicht an einen Wechsel. Nach Neds Weggang - Ned war bald nach seiner Einweisung ins St. Peter gestorben - brauchte ihn niemand mehr. Weder der Schulleiter noch der Bischof noch Reverend Prichard billigten die griechische Liebe. Sie hatten Frauen, die zu ihnen passten, und außerdem wichtigere Dinge zu tun. Die heimlichen Liebschaften innerhalb der Schule waren deshalb mit tausenderlei Spannungen belastet. Schullehrer gab es zuhauf, denn bei der Auswahl scherte sich niemand auch nur im Geringsten darum, ob sie unterrichten konnten oder nicht. Sie wurden nach den Empfehlungen eines Ausschusses, eines kirchlichen Komitees, eines prominenten Klerikers, eines Ratsherrn oder eines Parlamentariers ausgewählt. Keiner dieser Herren billigte Homosexualität, egal wie diskret sie gelebt wurde. Das Angebot bestimmte auch hier die Nachfrage. Matrosen konnten sich besaufen bis zur Verblödung, sie konnten fluchen, sich prügeln und allen möglichen geschlechtlichen Neigungen nachgehen und doch immer noch als tüchtige Matrosen gelten. Kein Reeder zerbrach sich über derlei Exzesse den Kopf. Ähnliches mochte für Rechtsanwälte oder Buchhalter gelten. Lehrer dagegen gab es im Dutzend billiger. Sie durften nicht trinken, sich nicht prügeln und - Gott behüte! - keinen perversen sexuellen Praktiken anhängen.
    Mr Parfrey hätte sich

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