Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
der Bristol Bank lagen inzwischen 3000 Pfund, und kaum je war ein Penny abgehoben worden. Wofür hätte Richard etwas ausgeben sollen? Peg wollte nicht nach Clifton ziehen, und sein Vater beteuerte, dass er im Cooper’s Arms glücklich sei, und ließ sich nicht dazu überreden, das Black Horse Inn in Clifton Hill zu übernehmen. Nicht alle Fünfzehnschilling-Tagesmieten, die ihm Richard seit über sieben Jahre zahlte, seien aufgezehrt, erklärte Dick offen. Er könne es sich leisten, die harten Zeiten dort auszusitzen, wo er war, in der Broad Street mitten in der Stadt.
    Unter den Bristoler Matrosen brachen Hungerrevolten aus. Sie verdienten 30 Schillinge im Monat, allerdings nur auf See. Während der Wartezeit im Heimathafen gab es keinen Penny. Die Lage war so verzweifelt, dass der Bürgermeister die Reeder schließlich dazu bringen konnte, den Matrosen für die Zeit an Land fünfzehn Schillinge pro Monat zu bezahlen. 1775 hatten 529 Schiffe Hafengebühren bezahlt, 1783 war die Zahl auf 102 zurückgegangen. Die meisten dieser am Anleger, in den Hafenbecken oder flussabwärts in der Gegend von Pill ankernden Schiffe hatten Bristol als Heimathafen, und einige tausend untätiger Matrosen waren eine nicht zu vernachlässigende Kraft.
     
    »Hast du das gelesen, Dick?«, fragte Vetter James, der Apotheker, als er auf dem Nachhauseweg von seinem Geschäft in der Corn Street hereinschaute. Er schwenkte eine Zeitung. »Die Häftlinge
vom Newgate-Gefängnis inserieren in der Zeitung! Sie geben bekannt, dass die zwei Pennys, die sie pro Tag bekommen, nicht für das Essen reichen. Es ist eine Schande! Schon das Vierpfundbrot kostet sechzehn Pennys.«
    »Und Häftlinge, die noch auf ihren Prozess warten, bekommen nur einen Penny pro Tag«, sagte Dick.
    »Ich werde mit Bächer Jenkins sprechen und ihnen so viel Brot schicken, wie sie brauchen. Und dazu Käse und Ochsenfleisch.«
    Dick grinste listig. »Und diesmal kein Geld in die ausgestreckten Hände, Jim?«
    Vetter James errötete. »Ja, du hattest Recht, Dick. Sie haben das Geld tatsächlich vertrunken.«
    »Sie werden es immer vertrinken. Ihnen Brot zu schicken, ist vernünftig. Sorge dafür, dass deine Philanthropenfreunde es genauso halten.«
    »Wie geht es Richard jetzt, wo er keine Arbeit hat? Ich sehe ihn gar nicht mehr.«
    »Es geht ihm den Umständen entsprechend«, erwiderte Dick kurz. »Der Grund dafür, dass man ihn nicht sieht, liegt oben im Bett.«
    »Betrunken?«
    »Nein, damit hat sie aufgehört, als William Henry sie fragte, warum sie sich ständig betrinke.« Dick zuckte die Achseln. »Wenn William Henry nicht da ist, liegt sie auf dem Bett und starrt ins Leere.«
    »Und wenn er da ist?«
    »Dann reißt sie sich zusammen.« Dick räusperte sich und spuckte auf den mit Sägemehl bedeckten Boden. »Frauen! Das sind schon seltsame Wesen, Jim.«
    Vor Vetter James’ geistigem Auge erschienen seine schwermütige Frau und die beiden altjüngferlichen Töchter mit ihren spitzen Gesichtern. Er lächelte gequält und nickte.
    Dick lachte dröhnend. »Denkst du an deine Mädchen, Jim?«
    »Leider sind das keine Mädchen mehr. Da ist Hopfen und Malz verloren.« Vetter James erhob sich. »Es tut mir Leid, dass ich Richard verpasst habe. Ich hatte gehofft, ihn wie in den alten Zeiten vor Habitas hier anzutreffen.«

    »Die alten Zeiten sind vorbei, muss ich dir das eigens sagen? Sieh dich um! Mein Wirtshaus ist leer, und drunten am Hafen lungern in Scharen arbeitslose Matrosen herum. Wie tugendhaft sind doch unsere offiziell in den Gemeinden registrierten Armen, und wie ungnädig! Sie werfen mit Steinen nach ihren verarmten Brüdern, statt Mitleid zu zeigen.« Dick schlug mit der Faust auf den Tisch. »Warum haben wir diesen Krieg in dreitausend Meilen Entfernung überhaupt angefangen? Warum haben wir den Kolonisten nicht einfach die heiß begehrte Freiheit gegeben, ihnen alles Gute gewünscht und dann weitergeschlafen oder mit den Franzosen gekämpft? Das Land ist ruiniert, und das nur wegen einer Idee, die obendrein gar nicht von uns stammt.« Und wie um sich zu rechtfertigen, fügte der Wirt hinzu: »Der letzte Gedanke ist übrigens nicht von mir, sondern von Jem Thistlethwaite.«
    »Typisch für ihn, ja. Aber zurück zu Richard. Wenn er keine Arbeit hat, wo steckt er? Und wo ist William Henry?«
    »Sie gehen zusammen spazieren, Jim. Immer nach Clifton raus. Sie gehen die Pipe Lane hoch, die Frog Lane hinunter und dann den Weg am Brandon Hill entlang bis nach

Weitere Kostenlose Bücher