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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Richard. Der Oberaufseher sagte mir, im Gefängnis sei das Abendessen bereits ausgegeben worden, daher bat ich ihn, etwas zu essen bringen zu lassen.«
    »Danke, Vetter James, danke«, sagte Richard gerührt und
langte zu. Er schnupperte allerdings lange an dem ersten Stückchen Wurst, das er auf sein Messer spießte, bevor er es vorsichtig probierte. Dann nickte er zufrieden, schluckte und schnitt sich das Nächste ab. »Würste, die für Häftlinge bestimmt sind, werden gewöhnlich aus verdorbenem Fleisch hergestellt«, sagte er mit vollem Mund.
    Nach dem Essen nippte Richard an einem Glas Portwein. Er verzog das Gesicht. »Ich habe schon so lange nichts Süßes mehr gegessen oder getrunken, dass ich offenbar den Appetit darauf verloren habe. Wir bekommen keine Butter zum Brot, geschweige denn Marmelade.«
    »Ach Richard!«, seufzten die Vettern unisono.
    »Ihr braucht mich nicht zu bedauern. Mein Leben ist nicht vorbei, nur weil ich die nächsten sieben Jahre im Gefängnis verbringen muss.« Richard stand auf. »Ich bin jetzt sechsunddreißig und werde nach Verbüßung meiner Strafe dreiundvierzigeinhalb sein. Die Männer unserer Familie leben lange, und ich will gesund und bei Kräften bleiben.« Er wandte sich an Vetter James, den Apotheker. »Die fünfhundert Pfund Belohnung des Steueramts gehören mir, egal was passiert. Ich werde dem gleichgültigen Mr Fisher schreiben, dass er sie an dich auszahlen soll, Vetter James. Nimm dir, was ich dich gekostet habe, und verwende den Rest, um mich weiterhin mit Filtersteinen, Lappen, Kleidern und Schuhen zu versorgen. Und gib Reverend James etwas für Bücher, auch für die, die er mir bereits gebracht hat. Ich arbeite viel, denn das bedeutet, dass ich genug zu essen bekomme. Aber sonntags kann ich lesen. Das ist ein Segen!«
    »Denk immer daran, wir lieben dich von Herzen, Richard«, sagte Vetter James, der Apotheker, und umarmte und küsste ihn.
    »Und wir beten für dich«, fügte Vetter James, der Kirchenmann, hinzu und umarmte und küsste ihn ebenfalls.
     
    Willy Insell war der einzige Angeklagte, der bei den Gerichtstagen in Gloucester im März 1785 freigesprochen wurde. Sechs wurden zum Tod durch den Strang verurteilt: Maisie Harding wegen Hehlerei, Betty Mason wegen Diebstahls von fünfzehn Guineen, Sam
Day wegen Diebstahls von zwei Pfund Garn, Bill Whiting wegen Diebstahls eines Schafes, Isaac Rogers wegen Straßenraubs und Joey Long wegen Diebstahls einer silbernen Uhr. Die restlichen zwölf wurden zu sieben Jahren Deportation nach Afrika verurteilt, einem Kontinent, in dem Seine Britannische Majestät offiziell keine Kolonie besaß. Richard wusste, dass auch er zum Tod durch den Strang verurteilt worden wäre, wenn seine beiden Vettern nicht als Leumundszeugen für ihn ausgesagt hätten. Bristol war zwar weit weg, doch konnten Richter und Jury zwei angesehene Bürger dieser Stadt nicht einfach ignorieren.
    Das Problem, wie alle Verurteilten in die winzige Zelle passen sollten, löste sich eine Woche später von selbst: Neun der zu sieben Jahren Deportation verurteilten Häftlinge starben an einer heimtückischen Halsentzündung, und mit ihnen die restlichen Kinder und zehn Schuldner aus der Nachbarzelle.
    Die Zustände in den englischen Gefängnissen waren eine Katastrophe, was die für Gloucester zuständigen Richter allerdings nicht davon abhielt, drakonische Strafen zu verhängen.
    Zwischen 1782 und 1784 hatte man außerdem dreimal versucht, verurteilte Straftäter nach Amerika abzuschieben. Die Swift wurde auf ihrer ersten Reise in Amerika zur Umkehr gezwungen, einigen Deportierten gelang jedoch mithilfe der Amerikaner die Flucht. Im August 1783 brach das Schiff mit 143 Häftlingen an Bord zu einer zweiten Reise auf. Ziel war Neuschottland, doch kam die Swift nur bis Sussex, wo die menschliche Fracht meuterte und das Schiff in der Nähe von Rye auf den Strand setzte. Anschließend zerstreuten die Häftlinge sich in alle Winde. Nur neununddreißig wurden wieder gefasst. Sechs davon wurden gehängt, die Übrigen zu lebenslänglicher Deportation nach Amerika verurteilt, als hätte immer noch die Möglichkeit bestanden, Sträflinge nach Amerika zu deportieren. Die Mühlen der staatlichen Behörden und besonders der Justiz mahlten langsam.
    Im März 1784 kam es zum dritten Versuch, Sträflinge nach Amerika zu transportieren. Diesmal hieß das Schiff Mercury , Ziel der Reise war Georgia, das zusammen mit den anderen zwölf seit kurzem vereinigten Staaten in

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