Insel der Versuchung
Taktiken greifen würdest, Engel.“
„Was meinst du?“ erkundigte sie sich übertrieben unschuldig.
„Es ist kaum ein Zufall, dass mir diese überaus großzügige Gastfreundschaft von Vätern erwiesen wird, die darauf erpicht sind, mir ihre Töchter aufzuhalsen. Du hast nicht zufällig vor, mich als aussichtsreichen Ehekandidaten hinzustellen?“
Ihr Lächeln war nichts sagend. „Ich möchte einfach, dass du dich auf der Insel willkommen geheißen fühlst. Du kannst mir nicht die Schuld geben, wenn die Väter hier - oder ihre unverheirateten Töchter - daran interessiert sind, deine Bekanntschaft zu machen.“
„Oh, ich kann dir sehr wohl die Schuld daran geben. Du weißt genau, dass ich unter anderem auch nach Kyrene gekommen bin, um den Nachstellungen übereifriger Mütter und Töchter zu entgehen.“
Ihr Lächeln wurde breiter. „Ich bezweifle nicht, dass die Erfahrung, von jungen Damen verfolgt zu werden, dir gut tun wird. Du musst schließlich keine von ihnen heiraten.“
Max fluchte leise.
„Möchtest du einen Waffenstillstand?“ fragte sie süßlich. „Niemals.“
„Das dachte ich mir. Aber ehrlich, deine Beliebtheit hast du nicht mir zu verdanken. Es ist einfach so, dass dir die Bürger die Ehre erweisen wollen, die einem Kriegshelden gebührt.“
„Ich wette, du hast dir größte Mühe gegeben, meine Heldentaten auszuschmücken.“
„Nicht im Mindesten. Ich musste kein Wort sagen. Jeder auf Kyrene hat von dir gehört. John Yates hat monatelang dein Loblied gesungen. Was mich an etwas erinnert: John würde dich gerne sehen.“
Max’ Miene wurde erst. „Das überrascht mich.“
„Warum? Du hast ihm das Leben gerettet, indem du ihn nach Hause gebracht hast.“
Er verzog das Gesicht. „Ganz im Gegenteil. Yates ist es, der mein Leben auf dem Schlachtfeld gerettet hat. Und er kann kaum vergessen haben, dass ich die Ursache für den Verlust seines Beines war.“
„Er macht dich dafür aber nicht verantwortlich. Jedenfalls wirst du ihn vermutlich heute Nachtmittag in der Burg treffen, da er Sir Gawains Sekretär ist.“
„Ich weiß“, sagte Max, während seine Schuldgefühle mit aller Macht zurückkehrten.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Burg vor sich und versuchte, seine wachsende Anspannung zu ignorieren.
Als sie sich zu Wasser der Insel genähert hatten, hatte Max die Festung von fern sehen können, aber aus der Nähe war sie noch eindrucksvoller. Die massigen Mauern waren dick genug, um sogar einem Erdbeben standzuhalten, während die Wehrgänge mit ausreichend Kanonen bestückt waren, um den Angriff selbst des entschlossensten Feindes abzuwehren.
Das Innere war weniger kriegerisch, wie Max feststellen musste, als sie in den großen Saal geführt wurden. Erlesene Wandbehänge, kostbare Teppiche und Möbel aus edel schimmerndem Holz zierten den riesigen Raum und verbargen den kalten Stein. Doch sah er so viele Kunstwerke aus einer längst vergangenen Ära im Saal verteilt - Rüstungen und Waffen, Schwerter und Schilde, ja sogar Streitkeulen dass Max beinahe das Gefühl hatte, sich auf einer Zeitreise in die Vergangenheit zu befinden.
Die Mitglieder eines Ritterordens würden sich hier sehr wohl fühlen, daran zweifelte er nicht.
Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit von dem jungen Mann mit Holzbein gefesselt, der zu ihnen hinkte. John Yates war dünner als zu der Zeit, da er unter Max gedient hatte, aber sein junges Gesicht strahlte vor Gesundheit, und er grinste fröhlich.
Er schob sich ein Büschel blonder Haare aus der Stirn, ehe er Max begeistert die Hand schüttelte. „Sie können gar nicht ahnen, wie glücklich ich bin, Sie wiederzusehen, Sir. Ich habe Ihnen nie richtig dafür danken können, dass Sie mir das Leben gerettet haben.“
Max spürte, wie seine Spannung nachließ. Er konnte keine Bitterkeit in dem Mann vor sich erkennen, der sein Leben nun als Krüppel würde führen müssen.
„Aber Sie haben mir gedankt, mein Freund“, erwiderte Max ernst. „Unzählige Male, während Ihres Deliriums. Und außerdem sind wir gewissermaßen quitt, denn wenn Sie nicht gewesen wären, läge ich jetzt tot in spanischer Erde.“
Yates errötete bei dem Lob. Er drehte sich um und begrüßte Caro herzlich mit einem Kuss auf die Wange, ehe er sich wieder an Max wandte. „Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Major, Sir Gawain möchte dringend Ihre Bekanntschaft machen.“
Er führte sie durch die Halle über einen langen steinernen Korridor zu einem geräumigen, sehr
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