Insel der Versuchung
Anziehungskraft auf mich.“
„Nur ein Verrückter mag Blutvergießen, Mr. Leighton, aber bedauerlicherweise gibt es Zeiten, wo es unvermeidbar ist. Dennoch kann ich verstehen, weshalb Sie sich nicht weiter mit Streitigkeiten und Krisen befassen wollen. Sie haben Ihrem Land unschätzbare Dienste geleistet, und jetzt benötigen Sie eine Pause. Vielleicht finden Sie hier auf unserer wunderschönen Insel inneren Frieden. Und wenn Sie sich an der Mission zur Rettung von Lady Isabella beteiligen, werden Sie besser verstehen, wie wir arbeiten. Ich habe große Hoffnung, dass wir Sie dann überreden können, einer von uns zu werden.“
Caro bemerkte Max’ Reserviertheit. Während des Gespräches hatte sie seine Reaktion genauestens verfolgt. Obgleich es ihm gewiss nicht aufgefallen war, hatte Sir Gawain ihn auf eine dauerhafte Tätigkeit bei den Wächtern hin ausgefragt. Deren Geheimnisse würden ihm aber nicht anvertraut werden, bevor er sich nicht entschied, dem vermeintlichen Außenministerium zu dienen.
Offensichtlich wollte Sir Gawain ihn gerne für ihre Sache gewinnen. Doch sie bezweifelte, dass Max darauf eingehen würde. Er hatte nicht nur einen Widerwillen dagegen, erneut zu töten, sondern auch die Sorge, für noch mehr verkrüppelte oder tote Kameraden verantwortlich zu sein.
„Aber Sie werden mein Angebot wenigstens überdenken?“ drängte Sir Gawain ihn.
„Ich werde es nicht rundweg ablehnen“, entgegnete Max.
„Damit werde ich mich begnügen müssen. Und vielleicht wird Caro mehr Glück haben, Sie zu überzeugen. Unterdessen möchte ich, dass Sie sich willkommen geheißen fühlen. Ich plane nächste Woche einen Ball zu Ihren Ehren, Mr. Leighton. Ich habe John beauftragt, alles vorzubereiten. John?“ rief Sir Gawain über seine Schulter.
John Yates musste vor der Tür gewartet haben, denn er hinkte unverzüglich in das Zimmer, gefolgt von einem Butler und Lakaien mit Tee und anderen Erfrischungen. Auf Sir Gawains Einladung hin nahm der ehemalige Lieutenant mit ihnen den Tee ein.
Max wartete, bis alle versorgt und die Dienstboten entlassen worden waren, ehe er sich an seinen Gastgeber wandte: „Es ist nicht nötig, dass Sie sich die Mühe machen, meinetwegen einen Ball zu veranstalten, Sir Gawain.“
„Oh, doch.“ Zum ersten Mal ergriff Caro das Wort. „Sie müssen all unsere Nachbarn kennen lernen, Mr. Leighton. Es ist unsere Pflicht, Ihre Einführung in die Gesellschaft hier voranzutreiben.“
„Und alle auf Kyrene“, warf Yates ein, „sind immer entzückt, einen Vorwand für einen Ball zu haben. Die Damen sind besonders darauf erpicht, den neuesten Tanz vom Kontinent auszuprobieren. Unser einziger Tanzlehrer hier hat ganz schön zu tun, weil alle den Walzer lernen wollen. Außer Caro natürlich. Sie
weigert sich, sich damit zu befassen.“
„Weil ich nicht gerne tanze“, erklärte Caro leichthin. „Aber vielleicht könnten Sie es für Mr. Leighton einrichten, dass er Stunden nimmt.“
„Ich kann Walzer tanzen“, erwiderte Max.
„Tanzen“, erläuterte Yates, „war eine Art, sich die Zeit zwischen den Kämpfen in Spanien zu vertreiben.“ Er schaute wieder zu Max. „Selbst ich werde Walzer tanzen, Sir. Ich bin nicht so behände, wie ich einmal war, aber ich muss mich auf der Tanzfläche nicht verstecken.“
„John will unbedingt seine Liebste beeindrucken“, bemerkte Sir Gawain trocken.
Yates grinste. „Zuerst dachte ich, sie würde sich von meinem fehlenden Bein abgestoßen fühlen, aber meine Behinderung kümmert sie nicht.“
Sir Gawain wechselte taktvoll das Thema, und sie sprachen von verschiedenen anderen Dingen, bis es Zeit für Max und Caro war, sich zu verabschieden.
„Yates scheint wirklich glücklich zu sein“, sagte Max zu ihr, als sie aus der Burg fuhren.
„Ich glaube, das ist er tatsächlich. Er arbeitet gerne für Sir Gawain - er behauptet, weil es seinem Leben ein lobenswertes Ziel gibt. Und er macht jemandem den Hof ... einer Miss Darnelle Newham. Miss Newham und ihr Bruder sind letzten Frühling zu Besuch auf unsere Insel gekommen und haben sich dann entschieden zu bleiben.“
Max runzelte die Stirn. Der Name weckte eine vage Erinnerung. „Wie sieht diese Miss Newham aus?“
„Sie ist sehr hübsch, hat kastanienbraunes Haar und eine stattliche Figur. Ich gestehe, es hat mich überrascht, dass sie Johns Aufmerksamkeiten ermutigt, da sie wohl ein paar Jahre älter als er ist und wesentlich erfahrener wirkt. Aber sie scheint ihm gut zu
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