Insel der Versuchung
Bruderschaft aufgenommen, wo die Bande der Freundschaft fast ebenso wichtig waren wie Ehre.
Dennoch konnte Max verstehen, warum diese seltene Kameraderie eine Quelle der Eifersucht für Frauen wie Julia Trant darstellte; sie ärgerten sich über die Beziehung, die sie selbst nicht haben konnten, und sie fühlten sich durch Caros Einzigartigkeit herausgefordert. Caro war nicht nur eine Heilerin, sondern auch eine Kämpferin.
Dennoch rann in ihren Adern feurige Leidenschaft, das wusste Max aus eigener Erfahrung.
Anders als bei der Blondine in seinen Armen, vermutete er.
Er schenkte Julia Trant ein charmantes Lächeln und gab eine Antwort, die ihrer verletzten Eitelkeit schmeichelte, aber er verabschiedete sich von ihr, sobald der Tanz endete.
Von dem Wehrgang aus schaute Caro auf das schimmernde Meer, während eine leichte Brise ihre gerötete Haut liebkoste. Der abnehmende Mond war beinahe noch voll.
Es war in Zeiten wie diesen, dass ihre Einsamkeit am größten war. Wenn sie eine Unzufriedenheit empfand, die greifbar war. Sie mochte ihr Leben, doch sie spürte, dass etwas fehlte.
Daran trug Max die Hauptschuld, das wusste sie. Erst seit sie ihn besser kennen gelernt hatte, war sie sich ihrer Einsamkeit bewusst geworden und hatte begriffen, wie tief der Schmerz ging.
Aber du selbst trägst noch mehr Schuld, hörte sie eine hartnäckige innere Stimme. Sie selbst hatte dieses Leben gewählt, niemand sonst. Sie allein hatte sich den Trost männlicher Gesellschaft verwehrt, aus Angst vor einer Einschränkung bei ihren beiden Aufgaben. Sie hatte sich darin geübt, die Bedürfnisse ihres Körpers zu ignorieren.
Trotz allem konnte keiner dieser Gedanken ihre Sehnsucht lindem. Auch das Vorbeten brutaler Wahrheiten konnte sie nicht dazu bringen, frohgemut in die Zukunft zu blicken.
Sie erschrak, als eine vertraute Männerstimme mit einem Mal tadelnd sagte: „Hier also hast du dich versteckt.“
Caro blickte über ihre Schulter und entdeckte Max, der zu ihr trat. „Du hättest den Ball nicht verlassen sollen“, antwortete sie und rang sich ein Lächeln ab. „Du wirst all deine Bewunderinnen enttäuschen.“
„Meine Bewunderinnen können mir gestohlen bleiben“, erwiderte er gefühlvoll. „Und du auch, weil du mich schmählich im Stich gelassen hast. Ich hätte dich gebraucht, um meine Tugend zu beschützen, und trotzdem verschwindest du bei der ersten sich bietenden Gelegenheit.“
Sie konnte ihre Belustigung nicht unterdrücken. „Ich kann mir vorstellen, dass du deine Tugend schon vor langer Zeit verloren hast.“
„Gut, dann lass mich offen sein: Ich möchte viel lieber mit dir zusammen sein als mit all diesen hingerissenen Weibern.“
Es zuckte um ihre Mundwinkel. „Wenn du nicht zurückgehst, wirst du das Beste an dem Ball verpassen. Bald wird ein leichtes Supper serviert.“
„Ich weiß. Das Festmahl müsste ausreichen, Wellingtons gesamte Armee einen Monat lang satt zu machen. Aber der Appetit ist mir vergangen, nachdem es mir nicht gelungen ist, deinen
Ränken zu entkommen. Ich dachte, ich könnte dich vielleicht überreden, stattdessen mit mir zu tanzen.“
Ihr Lächeln verblasste. „Ich habe dir doch schon gesagt, Max, dass ich nicht tanze.“
„Was hast du nur gegen das Tanzen?“
Mit vor Verlegenheit geröteten Wangen senkte Caro den Kopf und erklärte leise: „Ich komme mir dumm vor, wenn ich es versuche. Ich habe mich auf jedem Ball unwohl gefühlt, an dem ich teilgenommen habe. In London war ich eine totale ...“ Jäh unterbrach sie sich, schüttelte den Kopf und lachte kurz auf. „Ich wollte nicht so selbstmitleidig klingen, aber du musst doch sehen, wie wenig ich hierher passe.“
Max lehnte sich lässig gegen die Brüstung. Er selbst hielt sie für anbetungswürdig, aber er begriff langsam, wie kleingläubig Caro war, was ihre Anziehungskraft betraf. Ihr offensichtliches Unbehagen bei Gesellschaften überraschte ihn. Gewöhnlich war sie selbstbewusst und äußerte freimütig ihre Meinung, aber hier, in der Beau Monde war ihre Unsicherheit offenkundig. Sie schien von ihrer vermeintlich fehlenden Weiblichkeit völlig eingeschüchtert.
Ihre unerwartete Verletzlichkeit weckte Max’ Beschützerinstinkt.
Er hätte Caro erzählen können, wie zauberhaft er sie fand, aber er zweifelte, dass sie ihm glauben würde. Nein, überlegte Max zärtlich. Er würde es ihr zeigen.
„Komm her“, sagte er und breitete seine Arme aus.
„Warum?“ fragte sie argwöhnisch.
„Weil ich mit
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