Insel des Sturms
schicken. Man dürfte einfach kein Feigling sein, wenn es um etwas derart Bedeutungsvolles ging. Nie wieder wollte sie in Angelegenheiten von Bedeutung jämmerlich kneifen.
Und sie könnte ein paar Wochen jeden Sommer in Irland verbringen. Sie könnte zurückkommen, ihre Freundinnen besuchen, neue Energie tanken.
Aidan wieder sehen!
Nein, das war verboten. Besser nicht an den nächsten oder übernächsten Sommer und an Aidan denken! Diese jetzige Zeit, dieses… Fenster, das sie geöffnet hatte, war der reinste Zauber, und sie wollte ihn genießen. Denn gerade wegen seiner Flüchtigkeit war er ihr derart kostbar.
Sie würden beide mit ihren Leben fortfahren. Das musste man akzeptieren.
Oder er würde bleiben und sie in ihr altes Leben zurückkehren… natürlich nie wieder in genau denselben Trott! Schließlich hatte sie selbst sich entschieden verändert. Jetzt wusste sie, dass sie sich etwas Neues aufbauen konnte. Selbst wenn es nicht das Leben ihrer Träume wäre, könnte es produktiv und durchaus befriedigend sein.
Jetzt hatte sie ihre Fähigkeit zum Glücklichsein entdeckt – fand Erfüllung in der Arbeit, die sie tat. Das stand fest seit den letzten drei Monaten. Sie könnte und würde das zu Ende bringen, was sie hier begonnen hatte.
Jude klopfte sich im Geiste auf den Rücken, als Finn plötzlich mit entzücktem Kläffen mitten durch das Stiefmütterchen-Beet auf das Gartentor zuschoss.
»Guten Tage, Jude.« Mollie O’Toole betrat und Finn verließ den Garten, um Betty stürmisch zu begrüßen, ehe er zusammen mit seiner Artgenossin den Hügel hinaufgaloppierte. »Ich dachte, ich komme kurz vorbei, um zu sehen, ob ich vielleicht was helfen kann.«
»Da ich selbst nicht weiß, was ich gerade tue, kommen Sie wie gerufen.« Sie blickte seufzend in den Korb. »Auf alle Fälle habe ich bereits viel zu viele Blumen abgeschnitten.«
»Man kann nie zu viele davon haben.«
Mollie, dachte Jude voller Bewunderung und Dankbarkeit, sagte immer genau das Richtige. »Ich bin wirklich froh, dass Sie gekommen sind.«
Mollies Bäckchen verrieten ihre Freude über diese Begrüßung. »Nett, dass Sie das sagen!«
»Ich meine es ernst. Sie haben eine wunderbar beruhigende Wirkung auf mich. In Ihrer Nähe kriege ich immer das Gefühl, es könnte nichts schief gehen.«
»Tja, das ist natürlich schmeichelhaft. Aber gibt es denn etwas Besorgnis Erregendes?«
»Im Grunde alles«, antwortete Jude, wobei sie jedoch lächelte. »Würden Sie vielleicht gern mit hereinkommen, während ich die Blumen ins Wasser stelle? Dann können Sie mich auf die sechs Dutzend Dinge aufmerksam machen, die ich vergessen habe.«
»Unsinn. Sie haben bestimmt an alles gedacht; aber ich würde gerne mithelfen, die Blumen zu versorgen.«
»Ich dachte, ich verteile sie einfach in Flaschen und Schalen überall im Haus. Richtige Vasen hat Maude anscheinend nicht besessen.«
»Das hat sie tatsächlich so gemacht. Hat ebenfalls immer überall Blumen verteilt. Sie sind Ihr ähnlicher, als Sie ahnen.«
»Ach ja?« Seltsam, dachte Jude, wie sehr die Vorstellung sie erfreute, einer Frau zu ähneln, der sie niemals begegnet war.
»Jawohl! Sie kümmern sich liebevoll um ihre Blumen, unternehmen lange Spaziergänge, machen es sich hier in ihrem kleinen Haus gemütlich und lassen trotzdem immer die Tür offen. Sie haben ihre Hände«, fügte sie nach einem Augenblick hinzu. »Wie ich Ihnen schon einmal sagte …, und Sie haben eindeutig auch ihr warmes, großes Herz.«
»Sie hat allein gelebt.« Jude blickte sich in dem aufgeräumten Häuschen um. »Immer.«
»Das war ihr Wunsch. Aber ihr Alleinsein hatte nie etwas mit Einsamkeit zu tun. Nach ihrem Johnny wollte sie keinen Mann mehr, oder, wie sie es ausdrückte, hat sie, nach seinem Tod, nie wieder einen Mann in diesem Leben geliebt. Ah!« Mollie reckte die Nase in die Luft und schnupperte begierig. »Sie haben einen Schinken im Ofen. Riecht ja köstlich!«
»Wie bitte?« Jude schnupperte ebenfalls vorsichtig. »Hm – Sie haben Recht. Würden Sie vielleicht netterweise mal einen Blick drauf werfen, Mollie? Ich habe noch nie einen Schinken gebacken und bin deshalb fürchterlich nervös.«
»Sicher. Ich zupfe mal ein bisschen dran herum.«
Sie öffnete die Herdklappe und inspizierte das Fleisch, während Jude ihren Korb auf den Tisch stellte und vor Aufregung an ihrer Unterlippe nagte.
»Wunderbar. Und außerdem fast durch«, verkündete sie, nachdem sie schnell geprüft hatte, wie leicht
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