Insel des Sturms
Aspekt des ganzen Vorhabens dar, auf den sie Einfluss nehmen konnte.
»Das ist mein Haus«, murmelte sie störrisch. »Und das Haus ist der Spiegel der Besitzerin. In welchem Jahrtausend wir inzwischen auch leben, daran ändert sich nichts.«
Natürlich hatte sie hin und wieder Gäste in ihrem Heim empfangen und es geschafft, halbwegs nette Feste zu veranstalten. Aber die hatte sie stets wochen-, wenn nicht gar monatelang geplant. Sie hatte Listen angefertigt und die Feier unter ein Moto gestellt, einen guten Partyservice engagiert, sowohl die Horsd’œuvres als auch die Musik mit großer Sorgfalt ausgewählt, und während der Vorbereitungsphase literweise Magentropfen geschluckt.
Nun jedoch wurde von ihr erwartet, die Türen ihres Heims Freunden wie auch völlig Fremden zu öffnen und alles Übrige dem Zufall zu überlassen.
Mindestens ein halbes Dutzend unbekannte Leute hatten sie im Dorf auf das Ceili angesprochen. Hoffentlich hatte sie erfreut gewirkt und das Richtige gesagt, auch wenn in ihrem Inneren die Alarmglocken schrillten.
Dies war ihr allererstes Ceili. Die erste echte Party, zu der sie in ihr Cottage lud. Das allererste Mal, dass sie in Irland offiziell Gäste in ihrem Heim empfing.
Himmel, auf einem fremden Kontinent! Wie, in aller Welt, sollte sie wissen, was sie zu tun hatte?
Sie bräuchte ein Aspirin von der Größe der Ardmore’schen Bucht!
In dem Versuch sich zu beruhigen, die Dinge halbwegs zurechtzurücken, legte sie den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Es hieß, ein Ceili wäre alles andere als förmlich. Die Leute brächten eimer-, platten-, bergeweise Essen und Trinken mit. Sie hatte nur den äußeren Rahmen zu stellen, und das Cottage war von alleine allerliebst.
Aber wie sollte sie sich denn beruhigen? Die ganze Sache endete ganz sicher in einer Riesenkatastrophe.
Eine Party in diesem winzigen Häuschen! Wenn es regnete, konnte sie wohl kaum von den Leuten erwarten, sich mit Schirmen bewaffnet in den Garten zu stellen, während sie das Essen aus dem Fenster reichte. Es war einfach nicht genügend Raum, um auch nur die Hälfte der Menschen, die ihr Erscheinen bisher angekündigt hatten, zu beherbergen.
Weder gab es genug Fläche zum Stehen noch genügend Sitzgelegenheiten für eine derartige Anzahl von Gästen. Wahrscheinlich würde es sogar an Luft mangeln, um alle mit Sauerstoff zu versorgen, und wie sollte sie, Jude F. Murray, diese Massen bewirten?
Obendrein hatte sie sich während der letzten Tage so oft in ihrem Buchprojekt verloren, dass sie mit den von ihr geplanten Vorbereitungen entsetzlich hinterherhinkte. Sie hatte die Absicht gehabt, die ganz feste Absicht, um ein Uhr mit dem Schreiben aufzuhören. Nachdem sie zum ersten Mal die Arbeitszeit enorm überzogen hatte, hatte sie sich sogar einen Wecker hingestellt. Der jedoch bekam, als er schließlich geklingelt hatte, ein Kissen aufs Haupt, weil sie noch einen Absatz beenden wollte, und als sie das nächste Mal in die Wirklichkeit zurückgekommen war, stand der Zeiger bereits auf drei Uhr, ohne dass sie auch nur eins der beiden Bäder, wie geplant, geschrubbt hätte.
Trotz all dieser Umstände würden bereits in ein paar Stunden Menschen, die sie gar nicht kannte, in ihr Haus geschwärmt
kommen und erwarten, dass sie sie sowohl verköstigte als auch obendrein noch unterhielt.
Darüber solle sie sich keine Gedanken machen, hatten die andern ihr oft genug geraten. Aber natürlich machte ihr die Aufgabe der Hausherrin zu schaffen. Sie musste ja wohl an das Essen denken, oder etwa nicht? Sie war bei Einladungen nun mal verdammt neurotisch, also, was erwarteten die Leute von ihr?
Jude hatte sich an Törtchen versucht, die steinhart aus dem Ofen gekommen waren und die sogar Finn verschmähte. Beim zweiten Anlauf hatte sie schon etwas mehr Erfolg gehabt – zumindest kostete der Flegel davon, ehe er sie wieder ausgespuckt hatte. Doch musste sie am Ende kapitulieren: Mit ihren Törtchen würde sie niemals nur einen Blumentopf gewinnen.
Zuletzt gelangen ihr ein paar einfache Kasserollen nach einem Rezept aus einem der Kochbücher der alten Maude. Sie sahen lecker aus und rochen auch nicht schlecht, sodass vielleicht wenigstens niemand eine Lebensmittelvergiftung bekam.
Außerdem hatte sie einen großen Schinken im Ofen. Sie hatte ihr Großmutter bereits dreimal angerufen, um sich zu vergewissern, dass der jeweilige Zustand des Fleisches den Vorschriften entsprach. Das Ding war so entsetzlich groß, wie sollte
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