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Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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Über-die-Runden-Kommen und echtem Verdienst ausmachten. Im Sommer und zu Beginn des Herbstes kamen sie in Scharen, um die Strände zu genießen, und auch wenn ihre Zahl im Winter und zu Beginn
des Frühjahrs wesentlich nachließ, kamen trotzdem noch genug. Die meisten von ihnen suchten früher oder später auch Gallagher’s Pub auf, um dort ein Glas zu leeren, der Musik zu lauschen oder eine der verschwenderisch gewürzten Fleischpasteten zu verzehren.
    Die Stammkunden tauchten für gewöhnlich nach dem Abendessen auf, und zwar sowohl der unterhaltsamen Gespräche als auch ihres Feierabendbiers wegen. Einige kamen auch aus Hunger, aber für gewöhnlich nur zu besonderen Anlässen im Kreise der Familie – wenn es sich um ledige Männer handelte, waren sie ihre eigene Küche leid oder wollten ein wenig mit der fast immer gut gelaunten Darcy Gallagher flirten.
    Sie hatte Talent hinter dem Tresen, beim Servieren und obendrein in der Küche – doch die Küche war der Ort, den sie so oft wie möglich Shawn, ihrem Bruder, überließ.
    Diejenigen, die Gallagher’s kannten, wussten, dass es Aidan, der älteste der Geschwister, war, der nun, da ihre Eltern offensichtlich auf Dauer in Boston bleiben wollten, den Betrieb verwaltete. Es sah tatsächlich ganz so aus, als hätte er seine Zeit als Globetrotter ein für alle Male hinter sich – denn er führte den Familienpub in einer Weise, die den alten Shamus mit Stolz erfüllt hätte.
    Und Aidan war wirklich zufrieden mit seiner Tätigkeit. Während seiner Wanderjahre hatte er viel über sich selbst und das Leben allgemein gelernt.
    Seine früher nicht zu bändigende Reiselust hatte er anscheinend von den Fitzgeralds geerbt, denn auch seine Mutter hatte vor ihrer Heirat, als Sängerin, einen großen Teil der Welt gesehen. Er selbst hatte im Alter von kaum achtzehn seinen Rucksack gepackt, war erst durch seine Heimat und dann durch England, Frankreich, Italien und gar Spanien gereist; schließlich hatte er ein Jahr in Amerika verbracht, wo er durch die Berge und Savannen des Westens gewandert
war, in der Hitze des Südens geschwitzt und im nördlichen Winter gefroren hatte.
    Er und seine Geschwister waren ebenso musikalisch wie die Mutter, und so hatte er für sein Essen entweder gesungen oder aber als Barkeeper gejobbt. Als er irgendwann mal alles gesehen hatte, was ihm wichtig erschien, war er als weit gereister Mann von fünfundzwanzig Jahren schließlich nach Hause zurückgekehrt.
    Während der letzten sechs Jahre hatte er den Pub geführt und in den Räumen oberhalb der Bar gewohnt.
    Doch die ganze Zeit über wartete er darauf, dass etwas geschah. Worauf – das stand in den Sternen.
    Selbst jetzt, während er ein Guinness zapfte, ein Glas Harp über den Tresen schob und für den Fall, dass man ihn um eine Stellungnahme bat, mit einem Ohr der Unterhaltung seiner Gäste lauschte, hielt er gespannt Ausschau.
    Diejenigen, die ihn genau genug angeblickt hätten, hätten vielleicht die Wachsamkeit in seinen leuchtend blauen Augen unter den dichten, fein geschwungenen Brauen in derselben Farbe wie der berühmte Tresen gesehen.
    Er besaß das grobknochige Gesicht der alten Kelten, das wilde gute Aussehen, das ihm durch eine gelungene Mischung der guten Gene seiner Eltern zuteil geworden war – eine lange, gerade Nase, einen vollen, geradezu schamlos sinnlichen Mund und ein hartes, straffes Kinn mit einer Spur von Grübchen.
    Seine breiten Schultern, die langen Arme und schmalen Hüften verhalfen ihm zu der Statur eines Raufbolds – und tatsächlich hatte er einen Großteil seiner Jugend mit Schlägereien zugebracht. Übrigens, wie er ohne jede Scham gestand, genauso aus Spaß am Raufen wie aus Jähzorn.
    Es war eine Frage seines Stolzes, dass er anders als sein Bruder Shawn nie eine gebrochene Nase aus einem seiner Kämpfe davongetragen hatte.

    Und dann hatte er, nun ein reifer Mann, die ewige Streitsuche ganz einfach eingestellt. Jetzt suchte er nach etwas anderem, das er wohl erst erkannte, wenn er es gefunden hatte.
    Als Jude den Pub betrat, bemerkte er sie anfänglich nur als Gastwirt, dann jedoch als Mann. Sie wirkte überraschend ordentlich in ihrem strengen Blazer und dem zurückgebundenen Haar – gleichzeitig jedoch überraschend verloren, als sie mit ihren großen Augen den Raum musterte wie ein scheues Reh, das überlegte, ob dieser neue Waldweg sicher war.
    Hübsches Ding, dachte er wie sicher die meisten Männer, wenn sie einer sowohl vom Gesicht als

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