Insel des Todes
Tür
stehengeblieben war, während Felix Parker Ambrose eins über den Schädel gegeben
hatte, näherte sich nachlässig der Bar.
»Das ist Jack Romney«, stellte
Parker vor.
»Danny Boyd«, erwiderte ich.
Romneys Händedruck hinterließ
bei mir das Gefühl, ich hätte meine Hand in einen Fleischwolf gesteckt. Er war
groß, etwa ebenso groß wie Felix Parker, doch damit hatte die Ähnlichkeit
zwischen den beiden schon ein Ende.
»Sollen wir unser Großmaul
nicht in sein Zimmer bringen ?« erkundigte sich Romney.
»Der liegt da genauso gut«,
versetzte Parker brüsk. »Warum sollen wir uns die Hände mit einem bewußtlosen Ambrose Norman beschmutzen ?«
»Da haben Sie auch wieder
recht«, grinste Romney.
Romneys Akzent war verwirrend.
Es war angenehm, ihn sprechen zu hören, doch ich konnte mir nicht klarwerden,
woher er stammte. Deshalb fragte ich ihn rundheraus.
»Ursprünglich aus England«,
erklärte er. »Aber seit Kriegsende lebe ich in Australien. Da hat sich eben
dieser Romney-Spezialakzent herausgebildet .«
Er mochte etwa zehn Jahre
jünger sein als Parker. Sein Körper war schlank, doch grobknochig, die Haut von
Wind und Wetter tiefbraun gegerbt, und die blassen blauen Augen umgab ein Netz
feiner Fältchen. Im Vergleich zu Parker war sein Gesicht durchschnittlich und
alltäglich, doch es wirkte offener, vertraueneinflößender .
»Machen wir uns doch etwas zu
trinken und setzen wir uns auf die Veranda«, schlug Parker gereizt vor. »Dann
brauchen wir wenigstens den Schmutz hier drinnen nicht zu sehen .«
Ein paar Minuten später hatten
wir es uns alle drei in alten, bequemen Korbsesseln gemütlich gemacht, die auf
der Vorderveranda standen. Die frische Brise vom Meer streifte unsere
Gesichter.
»Die Lage ist übel genug, wir
brauchen sie hoffentlich nicht noch durch dumme Formalitäten zu komplizieren«,
meinte Parker. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir dazu übergehen, uns beim
Vornamen zu nennen, Boyd ?«
»Keineswegs«, erwiderte ich.
»Gut.« Er zog ein schmales Etui
aus der Brusttasche seines maßgeschneiderten Sportsakkos und entnahm ihm eine
Zigarette. Gemächlich steckte er sie an. »Wir wissen natürlich alle, weshalb
Sie hier sind, Danny«, sagte er. »Ich weiß zwar nicht genau, welche Absichten
Sie bei Ihrem Gespräch mit Ambrose verfolgten, aber offensichtlich haben Sie
ihm ganz schön zugesetzt. Er war ja ganz aus dem Häuschen, als wir auftauchten .«
»Im Laufe meiner bisherigen
Ermittlungen über Leila Gilberts Tod«, erklärte ich, »hat sich in mir immer
mehr die Überzeugung gefestigt, daß ihr Vater ermordet wurde .«
»Er war ein paarmal hier«,
berichtete Jack Romney, während er sich eine Pfeife ansteckte und mehrmals
kräftig daran sog, um sie in Brand zu setzen. »Ein interessanter Mensch, der
alte Gilbert, aber ich kann mir vorstellen, daß man ab und zu seine liebe Not
mit ihm hatte .«
»Jack«, erklärte ich trocken,
»Sie haben soeben einen Preis für das understatement des Jahres gewonnen .«
»Damon Gilbert«, mischte sich
Parker kalt ein, »war ein Ausbund an Gemeinheit und Niedertracht .«
Die gedrungene, breite Gestalt
Larry Champlins tauchte plötzlich auf der Treppe vor
dem Haus auf.
»He, Felix?« Er schob die
Zigarre in den Mundwinkel. »Ich habe gerade die Post und ein paar Telegramme
bekommen. Eins davon verlangt eine rasche Entscheidung. Ich glaube, wir sollten
so schnell wie möglich zurückkabeln .«
»Ich komme sofort, Larry .« Parker stand auf. »Entschuldigen Sie mich«, sagte er und
folgte Champlin.
»Pech mit Ihrer Jacht, Jack«,
meinte ich.
»Die war gut versichert«,
erwiderte Romney. »Das Pech war, daß der Hai Leila Gilbert erwischte .«
»Sind Sie denn völlig sicher,
daß es ein Hai war ?«
Er nickte langsam. »Beinahe
völlig sicher. In diesen Gewässern wimmelt es von Haien, müssen Sie wissen. Es
war allerdings dunkel — kein Mondschein — , deshalb
kann ich es nicht mit absoluter Gewißheit sagen. Doch Leila war eine bessere
Schwimmerin als alle anderen zusammen .«
»Und Sie beide haben als letzte
die Jacht verlassen ?« fragte ich.
Romney wandte den Kopf und
blickte mich mit einem leichten Lächeln an. »Danny«, murmelte er, »ich bin
überzeugt, Sie würden gern die ganze Geschichte hören. Mir macht das nichts
aus. Ich weiß, daß Sie Ihre Pflicht tun müssen — und Ihr taktvolles
Auf-den-Busch-Klopfen ist ein bißchen durchsichtig .«
»Okay.« Ich grinste ihn an.
»Dann lassen Sie aber bitte nichts aus
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