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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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würde.
    Ein junger Kellner kam an ihren Tisch, um die bestellten Getränke zu verteilen und ihre Essensbestellungen aufzunehmen. Sogar um diese Tageszeit – oder gerade weil es noch so früh war – war das Restaurant bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Tische standen dicht gedrängt, und direkt über den Köpfen der Frauen hingen Fischernetze, Plastikpelikane und Boxen, aus denen laut die Top-40-Charts dröhnten.
    Um sich Gehör zu verschaffen, musste Wanda die Stimme erheben, bis sie fast schrie. „Also, wie weit sind wir in Sachen Herb gekommen?“
    Tracy sagte sich, dass noch ein kleines Stückchen Maisbrot vermutlich nicht mehr als ein paar zusätzliche Gramm an ihrer schlanken Taille bedeutete. Und was waren schon ein paar Gramm?
    Nur zwei Bissen, und das Maisbrot war verschwunden. „Gestern bin ich im Rathaus vorbeigefahren und habe mich erkundigt, ob Pamelas Name irgendwo in den Akten auftaucht. Es war totale Zeitverschwendung. Wenn sie hier lebt, hat sie geheiratet und ihren Namen geändert. Ich habe bei der örtlichen Highschool angerufen und gefragt, ob es eine Liste der ehemaligen Schüler gibt, aber so etwas führen sie nicht.“
    „Tja, es gibt noch etwas, das wir ausprobieren können“, sagte Wanda. „Wenn wir hier fertig sind, könnten wir doch mal nachschauen, ob das Haus, in dem Herb vor dem Krieg gewohnt hat, noch steht. Wir haben die Adresse von seinem Gesellenbrief als Schweißer. Hall Street. Es ist zwar reine Spekulation, aber vielleicht erinnert sich dort jemand an die Familie.“
    „Das ist schon fast siebzig Jahre her“, wandte Tracy ein. „Wie hoch stehen da die Chancen?“
    „Ich würde auch gern etwas anderes versuchen, aber die Straße ist in der Nähe der Hunderennbahn. Also, warum probieren wir nicht einfach unser Glück?“
    Tracy gingen allmählich die Ideen aus, was man noch probieren konnte. Maribel hatte versprochen, Herbs Haus ab Juli als Mietobjekt anzubieten. Doch sie war nicht besonders zuversichtlich, was die Erfolgsaussichten anbelangte, das Häuschen zur heißesten Zeit des Sommers zu vermieten. Einstweilen hatte Tracy nicht vor, Herbs Sachen auszuräumen. Aber wenn die Zeit kam, es anzupacken, würden sie und die anderen Frauen vermutlich loslassen und ihre Bemühungen aufgeben müssen.
    „Es kann auf jeden Fall nicht schaden. Möglicherweise sollten wir uns aber damit abfinden, dass wir nicht mehr herausfinden werden.“ Tracy blickte in die Runde und las die Mienen der anderen Frauen. „Hey, wir haben es versucht. Seid doch nicht so niedergeschlagen.“
    „All seine Sachen. Seine Pflanzen, seine kleinen Erinnerungsstücke. Es ist so traurig“, sagte Janya. „Und sich vorzustellen, dass seine Tochter niemals erfahren wird, dass er gestorben ist …“
    „Oder dass er all die Jahre am Leben war, während sie geglaubt hat, er wäre tot“, versetzte Tracy.
    Wanda aß das letzte Stückchen Maisbrot auf und gab dem Kellner ein Zeichen, noch ein Körbchen voll zu bringen. „Es ist seltsam, aber ich habe das Gefühl, dass wir einfach weitermachen müssen.“
    Sie wechselten das Thema. Olivia erzählte von ihrer ersten Woche im Jugendcamp. Die Frauen klatschten Beifall, als sie stolz verkündete, dass ihr Team den Staffellauf beim wöchentlichen Schwimmwettbewerb gewonnen hatte. Alice berichtete, wie weit sie mit dem Tischtuch gekommen war. Und Wanda gab eine kurze Zusammenfassung der letzten fünf Folgen von All My Children.
    Genüsslich vernichteten sie auch den zweiten Korb mit Maisbrot und verspeisten dann ihr bestelltes Essen. Tracy hatte gefragt, ob der Koch ihr Schnitzel auch grillen könne. Doch als sie es auf ihrem Teller liegen sah, war es kaum von den fetttriefenden Maisbrotstückchen zu unterscheiden. Wanda hatte löblicherweise um Krautsalat statt Pommes frites gebeten. Aber nun stibitzte sie sich Fritten von jedem Teller, den sie erreichen konnte. Janya versicherte, dass die Aubergine vorzüglich sei, obwohl sie ihrer Meinung nach durchaus noch mehr Gewürz hätte vertragen können. Und während des ganzen Essens strahlte Alice, als wäre diese unerwartete Köstlichkeit das Beste, was ihr seit Monaten passiert war.
    Insgeheim fragte Tracy sich, ob es bei der Herausforderung, Herbs Familie zu finden, längst schon weniger um Herb ging und mehr um sie alle.
    Als sie das Essen beendet hatten, drängten sie sich in Wandas Auto, das gerade groß genug war, um sie fünf aufzunehmen. Sie fuhren in die Hall Street, wo Herb gelebt hatte, als er noch

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