Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
aufgetaucht waren. Sie war hübsch, weil man sich ein hübsches Gesicht auch mit Geld kaufen konnte. Eigentlich hatte sie nur zwei Eigenschaften, die sie von der Masse abhoben: Sie war mit einer außergewöhnlichen Koordinationsfähigkeit und Durchhaltevermögen gesegnet, und sie nutzte beides zu ihrem Vorteil. Sie war auf der Highschool Kapitän des Fußball-Teams gewesen, war die beste Torhüterin im Lacrosse gewesen und ein Tennisstar in ihrer Altersklasse im Countryklub. Im College hatte sie den Rekord im Hundert-Meter-Hürdenlauf fürs Long Beach aufgestellt.
Und jetzt sollte sie gegen drei alte Männer antreten, für die der Weg vom Parkplatz bis hierher schon der reinste Marathon gewesen war.
„Ich bin mir nicht sicher, was Sie damit beweisen wollen.“ Sie hielt wieder ihre Notizen in die Höhe. „Wir haben heute viel zu tun.“
„Und nichts davon wird fertig, solange Sie nicht ein paar Frames mit uns gespielt haben.“
Sie seufzte. „Wie auch immer. Suchen Sie den besten Spieler aus. Ich werde nicht gegen alle drei spielen.“
Die Männer beratschlagten sich kurz. Heute trugen sie ihre Palmetto-Grove-Shuffleboard-T-Shirts – weiße Polohemden mit gekreuzten Cues in Rot. Mr Schnurrbart erhob sich. Das Hemd hing ihm locker von den dürren Schultern. Den Gürtel um seine Shorts hatte er so eng gezogen, dass der Stoff der Hose sich unter den Gürtelschlaufen wellte. Wenn er noch mehr Gewicht verliert, werden bei seinem nächsten Turnier wohl nur noch Engel an der Seitenlinie stehen, dachte sie.
Sie holte die Schläger und die Disks aus dem Schrank. Dann gingen sie zum nächstgelegenen Spielfeld. Kinder planschten im Schwimmbecken neben dem Feld herum, aber im Moment waren alle Spielfelder frei.
„Wir schieben um die Farbe“, verkündete Mr Schnurrbart. „Können Sie sich vorstellen, was das bedeutet?“
„Wir machen jeweils einen Stoß, um zu sehen, wer die Disk näher an diese Linie dort bringt …“ Sie benutzte ihren Cue, um auf die Linie zu zeigen. „Die Person, die näher dran ist, darf die Farbe wählen. Gelb ist zuerst am Zug.“
Er hob eine Augenbraue, als wäre er überrascht.
„Ich habe gebüffelt“, sagte sie.
„Jeder kann lesen.“
„Jemandem Anerkennung zu zollen, wo es angebracht wäre, ist nicht Ihr Ding, oder?“
Er trat zur Seite. „Ladies first. Sie bekommen einen Probestoß. Der nächste zählt.“
Sie hatte die Regeln zwar gelesen, aber sie hatte noch nie tatsächlich gespielt. Dennoch war sie zuversichtlich. Tracy legte ihre Disk auf das Spielfeld und an die, wie sie hoffte, richtige Stelle und setzte ihren Cue an. Als niemand widersprach, konzentrierte sie sich voll und ganz auf die Linie, die sie treffen sollte, und stieß die Disk mit Schwung vor. Der Stoß war viel zu hart, und die gelbe Disk schlitterte vorwärts, bis sie weit hinter der Linie endlich zum Stillstand kam. Tracy zuckte die Achseln, platzierte die zweite Disk auf dem Spielfeld und machte ihren nächsten Spielzug. Diesmal war der Stoß zu schwach, und die Disk blieb im Feld liegen. Es war zwar kein Bilderbuchstoß gewesen, aber die Disk lag gut, und sie musste sich wenigstens nicht schämen.
Insgeheim fragte sie sich, woher der alte Mann die Kraft nehmen wollte, um seine Disk bis an die Linie zu schieben.
Mr Schnurrbart brachte seine Disk in Position, stellte sich dahinter, setzte den Cue an und schob die Disk dann mühelos mitten auf die Linie. Bei ihm wirkte es so leicht, als würde man eine Mücke erschlagen.
„Mein Übungsstoß“, verkündete er.
„Hey, das war super. Ich bin beeindruckt.“
Er drehte seinen Kopf zu ihr um und teilte ihr ohne Worte mit, dass ihm ihre Meinung über seine Fähigkeiten nichts bedeutete. Dann schob er die nächste Disk, die zählte, auf exakt denselben Punkt.
„Also wählen Sie die Farbe.“ Sie ging aufs Spielfeld, holte ihre Disk und legte sie vor ihn hin. Dann machte sie einen Schritt zurück, um ihn entscheiden zu lassen.
„Wir spielen vier Frames“, erklärte er. „Wenn Sie am Ende nur halb so viele Punkte haben wie ich, werden wir mit Ihnen zusammenarbeiten. Wenn ich Sie vom Angesicht der Erde fege, finden wir jemand anders, den Sie von Ihrem Gehalt bezahlen.“
„Ja, genau. Wer’s glaubt, wird selig.“
„Und wenn Sie sich nicht einverstanden erklären, machen wir Ihnen das Leben zur Hölle.“
Allmählich wurde sie wütend. „Nach allem, was ich in den vergangenen Monaten durchgemacht habe, können Sie mir gar nichts, mein
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