Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
wie sie nach Hause kommen.“
Sie wollte der Magie dieses Ortes nicht verfallen. Ihr Leben war zu kompliziert, zu unsicher, um über die Auswirkungen ihres geplanten Bauprojekts auf die Wasservögel und die Meeresbewohner nachzugrübeln. Und sie war noch nicht gänzlich davon überzeugt, dass der Ausbau von Happiness Key unter Berücksichtigung der Auflagen, die es schon gab, überhaupt irgendeinen negativen Einfluss auf die Tierwelt hatte.
Aber sie war auch nicht gänzlich davon überzeugt, dass es nicht so war.
Schließlich steuerte Marsh das Kanu wieder auf das Land zu. Tracy half ihm, während er lenkte. Sie genoss das Gefühl, wie das Wasser sanft gegen das Kanu plätscherte, den rhythmischen Zug der Paddel. Es war fast dunkel, als sie endlich sein Haus erreichten. Sie kletterte aus dem Kanu und zog es mit Marshs Hilfe an Land. Gemeinsam zogen sie es auf den Sand, bis es weit genug vom Wasser entfernt war.
„Sie sind ein echter Profi am Paddel.“
„Tja, zwischen den Beinenthaarungen und den Friseurterminen habe ich in meinem Leben tatsächlich auch ein paar Dinge gelernt.“
„Da ist sie wieder, diese Haltung.“ Er ging auf das Haus zu, und sie holte ihn ein.
„Was gibt es zum Abendessen?“
„Warum? Haben Sie Hunger?“
Das hatte sie. Einen Bärenhunger. „Ich habe das Frühstück verpasst und hatte zum Mittagessen nur einen Müsliriegel.“
„Kein Wunder, dass Sie so mager sind.“
„Mager?“
„Na ja, jedenfalls ziemlich dünn.“ Er sah sie an. „Bays Mutter sagt, dass sie zwanzig Pfund abgenommen habe, seit ich hierhergezogen bin und nicht mehr für sie koche.“
„Sind Sie Freunde?“
„Das wäre zu viel des Guten, aber ich nehme ihr die Scheidung nicht übel. Ich habe einfach eine Frau geheiratet, mit der ich überhaupt nichts gemeinsam hatte.“
„Ungefähr so, als würden Sie mich heiraten.“
Dieses Mal schmunzelte er. „Nicht ganz so extrem. Sylvia lebt einfach für ihren Job, das ist alles. Sie ist eine erstklassige Strafverteidigerin. Sie wird vermutlich noch auf dem Sterbebett Schlussplädoyers schreiben. Zwei Tage nach Bays Geburt ist sie bereits wieder ins Büro gegangen und hat ihn eine Woche lang nicht zu Gesicht bekommen. Sie war sich nicht einmal mehr sicher, ob es noch dasselbe Kind war, als sie irgendwann nach Hause kam, um zu essen und sich auszuschlafen. Sie dachte, die Schwester hätte ihn gegen ein hübscheres Baby ausgetauscht.“
Die Beschreibung ließ sogar Tracy zusammenzucken. „Mein Exmann war auch ein Workaholic. Wenn er nicht im Knast säße, könnten wir die beiden einander vorstellen. Aber da sie vermutlich sowieso keine Zeit für ihn hätte, würden sie wahrscheinlich trotzdem gut zusammenpassen.“
„Sylvia könnte ihn vielleicht sogar rausholen. Sie ist gut. Würden Sie das wollen?“
„Zum Glück muss ich keine Zeit vergeuden, mir darüber Gedanken zu machen. C J hat sich wirklich sehr tief reingeritten.“
Sie stiegen die Treppe zur Veranda hinauf und öffneten die Eingangstür. Eigentlich hätte sie damit gerechnet, von Bay begrüßt zu werden. Doch stattdessen kam ihr eine ältere Frau in einem Wild-Florida-T-Shirt und mit einem langen grau melierten Zopf aus der Küche entgegen. Zwei schwarze Labradore folgten ihr.
„Ich habe den armen Jungen ein Video schauen lassen, und er ist vor dem Fernseher eingenickt. Ich glaube, er wird eine Weile schlafen.“
Marsh stellte Tracy und die Frau einander vor. Es zeigte sich, dass die Frau seine Büroleiterin war. Sie verabschiedete sich, küsste Marsh auf die Wange, rief die Hunde und ging.
„Ich passe auf ihre Köter auf, wenn sie in den Urlaub fährt. Sie passt auf mein Kind auf. Eigentlich würde sie es auch ohne Gegenleistung tun. Ihre Kinder sind schon alle erwachsen.“
Tracys Magen knurrte, und Marsh lachte. „Kommen Sie. Ich schaue mal, was Sie knabbern können, während ich koche.“
Das Haus gefiel ihr. Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte. Einen singenden Fisch an der Wand. Lavalampen. Gerahmte Fotos von Marsh und seinen Freunden, die von der Polizei abgeführt wurden. Aber stattdessen war das Haus offen gestaltet und luftig, mit viel Holz und Räumen, die ineinander übergingen. Sofas aus dunklem Leder, rot gepolsterte Sessel, schlichte Teppiche auf alten Kiefernholzfußböden. Wenig Kitsch und Krempel. Einige Fotos standen herum, die Marsh und Bay zeigten. Es gab ein paar interessante Skulpturen und Schnitzereien von Waldgeschöpfen und Vögeln. Und viele
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