Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
schnappte sich ihre Handtasche, schloss die Tür ab und folgte Marsh zu seinem Pick-up.
Schweigend fuhren sie bis zur Brücke. Sie kamen an kleinen Ansammlungen von Häusern vorbei und an den Überresten eines ehemaligen Angler-Camps. Doch statt in die Stadt rüberzufahren, folgten sie einem sandigen Weg am Grabhügel entlang. Sie passierten einen zugewucherten Wald, bis der Weg schließlich vor einem Haus endete, das aussah, als würde es seit der Ankunft der ersten europäischen Siedler dort stehen. Ein steiles Blechdach ragte über eine Veranda, die sich um das gesamte Gebäude zog. Ein Großteil der Veranda war mit Fliegengitter eingefasst, doch die ungehobelte Hausverkleidung war immer noch zu erkennen. Das Haus stand auf dicken Ständern aus Stein und fügte sich harmonisch in die Umgebung ein, die aus mit spanischem Moos bewachsenen Bäumen bestand.
„Diese sogenannten Cracker-Häuser sind an die extremen Wetterbedingungen angepasst worden“, erklärte Marsh, als sie aus dem Auto stiegen. „Ausladende Dächer, die Möglichkeit der Luftzirkulation unter dem Boden, zahlreiche Fenster, um für genügend Belüftung zu sorgen. Die Südseite ist komplett abgeschirmt.“
„Wohnen Sie hier?“
„Wir wohnen hier, seit Bay und ich aus New York zurückgekehrt sind. Das Haus ist seit vier Generationen im Besitz meiner Familie. Ich habe einiges umbauen lassen, um Energie zu sparen, aber es ist immer noch dasselbe alte Haus.“
„Es hat tatsächlich alle Hurrikans überstanden, die über das Land hinweggezogen sind?“
„Nicht ganz unbeschadet, aber im Grunde genommen schon.“
Sie betrachtete das Haus. Das Design verströmte eine bodenständige Anmut, als wäre die Absicht von Anfang an gewesen, den Bewohnern ein angenehmes, einfaches Leben zu bieten.
Ihr fiel auf, dass die meisten Fenster offen standen. „Sagen Sie bitte, dass Sie eine Klimaanlage haben.“
„Wenn wir sie brauchen. Hier geht immer ein Lüftchen, und der Deckenventilator wirkt Wunder. Nur die Luftfeuchtigkeit ist schlimm.“
„Wie sind die Generationen vor Ihnen damit zurechtgekommen?“
„Meine Großmutter hat von Mai bis September auf der Veranda geschlafen. Auch wenn es mal seitlich reingeregnet hat.“
„Also, wo sind jetzt diese Vögel?“
„Ich zeige sie Ihnen.“
Sie hatte nicht mit einer Kanufahrt gerechnet.
Das Kanu war aus Holz – handgearbeitet, wie sie vermutete – und schlank und leicht. Sie bemerkte, dass Marsh gespannt auf ihre Reaktion wartete. Sie war sich nicht sicher, was er erwartete. Protestgeschrei vielleicht? Oder Gejammer, dass ihre Haare sich durch die Feuchtigkeit kräuseln könnten? Stattdessen nahm sie wie selbstverständlich das Insektenspray von ihm entgegen und half ihm dann, das Kanu ins Wasser zu schieben, bis nur noch das Heck am Ufer lag. Als er ihr ein Zeichen gab, kletterte sie hinein und setzte sich nach vorne. Sie war fertig, als er sie mit dem Paddel in der Hand vom Ufer abstieß. Dann tauchte sie ihr Paddel ins Wasser und ruderte, während er sie in tieferes Wasser lenkte.
Little Palmetto Bay war, wie der Name schon vermuten ließ, ziemlich klein. Die Brücke, die die Bucht überspannte, war nur knapp zwei Kilometer lang und nicht besonders hoch. Bis sie in den Siebzigerjahren gebaut worden war, hatte man Palmetto Grove Key nur mit dem Boot erreichen können. Der Hafen von Palmetto Grove, der früher ein kleiner Handelshafen gewesen war, war im Laufe der Zeit und mit den Veränderungen der Landschaft zunehmend verschlammt, und heutzutage war er nur noch ein beliebtes Ausflugsziel für Bootstouren. Deswegen war diese Bucht weniger gefährdet als begehrtere Regionen.
„Wo sind die Mangrovenbäume?“, wollte sie wissen. Sie war überrascht, wie leicht man die Bucht erreichen konnte. Nur Schilf und Gräser bremsten sie.
„Der letzte Hurrikan hat die Küstenlinie verändert und die Mangrovenbäume zerstört. Ein Stück weiter können Sie zu Ihrer Rechten sehen, dass sie allmählich wieder zurückkommen.“
„Mutter Natur, die großartige Schöpferin.“
„Ich hoffe, dass sich unsere irgendwann auch wieder ansiedeln werden. In der Zwischenzeit kann ich mein Kanu direkt vor meinem Haus festmachen statt am Bootsanleger die Straße hinauf.“
„Erklären Sie mir, warum Sie diese Landschaft, das Wasser, den Sonnenuntergang und die Alligatoren jeden Tag genießen dürfen und die Leute, die Eigentumswohnungen auf Happiness Key kaufen würden, nicht.“
„Sie kennen den
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