Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
buhlten.
Trotzdem war Wanda nicht davon überzeugt, dass es keine gute Idee sein sollte, sich auszutoben. Bisher hatte sie damit jede Menge Spaß gehabt. Und der dritte Punkt? Tja, sie hatte in Palmetto Grove keine Freunde, die es interessierte, ob sie nun ihre wahre Liebe fand oder nicht. Die Frauen, mit denen sie im Dancing Shrimp zusammenarbeitete, waren alle mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Die meisten von ihnen waren jung genug, um wirklich ein eigenes Leben zu haben. Nur bei ihrer Vorgesetzten Lainie fühlte Wanda sich wie eine heiße junge Frau, weil Lainie stramm auf die siebzig zuging. Sie war auch die einzige Person, die wusste, dass Wanda nur noch einen Schritt davon entfernt war, Ken aus dem Haus zu werfen.
Um genau zu sein, stand Wanda kurz davor, Ken den Mietvertrag komplett zu überschreiben und sich eine eigene Bleibe zu kaufen. Eine Eigentumswohnung, etwas Modernes, das leicht sauber zu halten war. Vielleicht ein Apartment mit einem echten Blick auf den Golf und einem Swimmingpool, damit die Enkel sich darum stritten, kommen zu dürfen.
Vom Ende der Straße drang Lärm zu ihr herein. Als sie das Quäken eines Sprechfunkgerätes hörte, runzelte sie die Stirn und legte die zusammengefaltete Zeitung neben ihre Müslischüssel. Hier passierte doch nie irgendetwas. Manchmal fuhren Angler bis zu der Stelle, an der dieser unglückselige Jachthafen geplant gewesen war. Aber zu dieser Tageszeit ging jeder, der fischen wollte, vor der Küste vor Anker. Das Frühjahr war die beste Zeit, Tarpune zu angeln. Doch Tarpune angelte man normalerweise vom Boot aus, und hier in der Nähe gab es keinen geeigneten Platz, um ein Boot zu Wasser zu lassen.
Sie durchquerte das Haus, was nicht allzu viel Zeit in Anspruch nahm, und öffnete die Tür. Neugierig spähte sie hinaus, um einen Blick auf die Geschehnisse zu erhaschen. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Dann sah sie einen schwarzen Minivan ohne Fenster, der die Straße in Richtung Stadt entlangfuhr, dicht gefolgt von einem Wagen des Sheriffbüros.
Sie dachte über die Möglichkeiten nach, von denen keine besonders angenehm war. Man musste kein Genie sein, um zu ahnen, wer vermutlich betroffen war. Das indische Pärchen und die Deloche waren jung. Sie sahen gesund aus, auch wenn sie für ihren Geschmack alle ein bisschen zu dünn waren. Nein, aller Wahrscheinlichkeit nach war der bedauernswerte Passagier in dem Van entweder Herb Krause oder Alice Brooks. Möglicherweise ein Herzschlag. Oder eine Lungenentzündung. Eine Lungenentzündung konnte einen alten Menschen schnell dahinraffen. Gerade war es nur ein Schnupfen, und im nächsten Moment sahen sie sich die Radieschen von unten an.
Sie fragte sich, ob sie etwas tun sollte. Wenn Alice in dem Krankenwagen lag, konnte ihr Schwiegersohn Wanda sicher sagen, was los war. Aber wenn es Herb war …
Sie hatte Herb in der letzten Woche gesehen, als sie einen köstlichen Zitronenkuchen, ihren berühmten Key Lime Pie, gebacken hatte. Sie war auf den „echten“ Keys aufgewachsen, und sie wusste, wie ein echter Pie schmecken musste. Nicht wie diese zu Unrecht Pie genannten Dinger in den Schalen aus Alufolie. Sie machte ihre eigenen Pies – wie schon ihre Mama. Dazu zerbröselte sie die besten Weizenschrotkekse, die man kaufen konnte, mischte die Krümel mit geschmolzener Butter – echter Butter, keinem kalorienarmen Ersatz. Und schließlich presste sie ihre eigenen Zitronen – Key Limes natürlich. Wieso sollte man auch einen Key Lime Pie mit persischen Zitronen machen wollen? Wer aß schon persischen Lime Pie? Niemand, der es zugeben würde.
Sie hatte ihr eigenes Geheimnis, das sie auch von ihrer Mama gelernt hatte. Sie rieb eine feine Schicht von Zitronenschale auf die Teigplatte, ehe sie den Belag darauf verteilte. Schließlich garnierte sie den fertigen Pie mit Schlagsahne und ein paar Raspeln dunkler Schokolade sowie einigen dünnen Scheiben Zitrone. Als ihr Sohn geheiratet hatte, hatte er sie gebeten, für den Hochzeitsempfang statt einer Hochzeitstorte ein Dutzend dieser Pies zu machen. Sie hatten einen mehrstöckigen Ständer gebaut, um die Pies darauf zu verteilen, und auf den obersten Kuchen eine Braut und einen Bräutigam aus Plastik in kurzen Hosen und Blumenhemdchen gestellt. Natürlich hatte die Braut einen Schleier und der Bräutigam einen Zylinder getragen, sodass wirklich keine Missverständnisse hatten aufkommen können.
Ihr wurde bewusst, dass sie
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