Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Zeigst du mir, wie man dieses Brot macht? Roti. So nennt ihr es doch?“, fragte sie Janya.
„Du wirst meine Sprache in null Komma nichts lernen“, erwiderte Janya. „Und ja, ich würde gern in dieser Bar vorbeischauen.“
„Ich nehme an, dass jemand, der so umwerfend ist wie Janya, jeden Mann zum Reden bringt“, sagte Wanda. „Trag dieselben Sachen wie heute, und sie werden sich um dich schlagen.“
Tracy rückte vom Tisch ab, als hätte sie Angst, dass sie sich mit dem Essen in Reichweite noch mehr auf den Teller laden würde. „Im September muss ich Herbs Häuschen wieder vermieten. Ich muss noch ein paar Reparaturen machen. Aber bald suchen die Leute, die den Winter hier verbringen wollen, nach Unterkünften, also muss ich seine Sachen möglichst schnell rausgeräumt haben.“
„Willst du den neuen Mietern auch diesen Mietvertrag ohne Kündigungsfrist andrehen?“, erkundigte Wanda sich.
Bevor Tracy etwas erwidern konnte, antwortete Alice. „Manchmal ist das ja auch gut.“
„Wer will denn schon seine ganzen Habseligkeiten in ein Haus räumen, um sie dann nach zwei Monaten wieder einzupacken und woanders hinziehen zu müssen? Wenigstens sind wir alle ein bisschen länger geblieben, sodass es nicht ganz so verrückt war“, sagte Wanda.
„Karen sagte, dass ich möglicherweise nicht lange da sein würde … nachdem ich mein Haus verkauft hatte. Ihr gefiel der Vertrag.“
„Also, wenn ich das nächste Mal umziehe, dann in eine schicke Eigentumswohnung am Golf. Mit einem Pool und einer dieser kleinen Strandhütten, in denen man sitzen, einen tropischen Drink genießen und gut aussehende Männer treffen kann“, erklärte Wanda.
Tracy beugte sich vor, damit Wanda wusste, dass sie gemeint war. „Lernst du nicht genug Männer kennen? Ich meine, bei der Arbeit? “
Wanda fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über die Lippen, als würde sie einen Reißverschluss zuziehen.
Alle waren fertig mit dem Essen. Janya stand auf, um den Tisch abzuräumen, und alle anderen Frauen erhoben sich ebenfalls, um zu helfen. Das war eine gute alte Tradition geworden – eine Tradition, an der sie gern teilhatte. Zusammen mit ihren Nachbarinnen, die irgendwie und ohne dass es jemand mitbekommen hatte, zu Freundinnen geworden waren.
Sie wuschen das Geschirr schnell ab. Einige Pfannen ließen sie in der Spüle einweichen, denn Janya bestand darauf, den Rest allein zu erledigen.
„Janya hat versprochen, für uns zu tanzen“, sagte Tracy.
Janya war verlegen. „Nein, besser noch: Ich werde euch das Tanzen beibringen. Damit verbrennt man eine Menge Kalorien.“
„Ich bin dafür“, verkündete Tracy.
„Ich weiß nicht.“ Wanda zögerte, aber Alice lächelte.
„Ich möchte es lernen.“
Damit war es beschlossene Sache. Janya wählte eines ihrer Lieblingslieder aus, das einerseits schön, aber auch schwungvoll war. „Das ist ‘Kajra Re’ aus dem Film Bunty aur Babli. Die Frau in dem Lied singt über die wunderschönen Augen eines Mannes, über seine dunklen, dunklen Augen.“
„Worum geht es in dem Film?“, wollte Wanda wissen.
„Es ist ein bisschen wie der amerikanische Film Bonnie and Clyde, nur dass Bunty und Babli liebenswürdig, wenn auch ein bisschen naiv sind. Dieses Lied wird in Nachtklubs gesungen. Hier nennt man es einen ‘Publikumshit’, und es macht Spaß, dazu zu tanzen.“
„Warte, du musst es uns erst zeigen“, sagte Wanda. „Wir wollen sehen, wie du tanzt, damit wir ungefähr wissen, in welche Richtung der Tanz geht. Ich meine, wenn es um Bauchtanz geht, habe ich ganz sicher den Bauch dazu, aber ich weiß nicht, ob ich ihn nach dem üppigen Mahl noch schütteln möchte.“
Als Janya das letzte Mal vor jemandem getanzt hatte, hatte Padmini die Fotos gemacht. Sie hatten gelacht, denn Janya hatte sich vor der Kamera viel verführerischer bewegt, als sie es vor irgendjemandem getan hätte, dem sie nicht so vertraut hatte wie Padmini. Und sie hatte den Preis dafür gezahlt. Und jetzt? Was hatte sie schon zu verlieren? Diese Frauen waren ihre Freundinnen, und sie waren nur daran interessiert zu sehen, wie sie die Musik umsetzte. Was auch immer sie tat – sie würden noch immer ihre Freundinnen sein.
„Ja“, sagte sie bestimmt. „Ich kann es euch zeigen.“
Sie legte die CD ein. Und während die anderen zusahen, stellte sie sich in Position. Die Stimme der Sängerin klang hell, süß. Das Lied begann langsam, und Janya bewegte anmutig die Hände und wiegte bedächtig die Hüften.
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