Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Sammlung ausgewählt hatte – all das verlieh dem Raum seine skurrile Ausstrahlung. Hier und da stand ein Erinnerungsstück an ihr altes Leben. Ein Gemälde, auf dem der Pazifik gegen Felsen schlug, auf denen dicht gedrängt Seehunde lagen. Eine Dreiergruppe handgeschnitzter Holzschüsseln. Ein Wandteppich, den sie einem Künstler in San Diego abgekauft hatte. C J hatte keines ihrer Fundstücke gemocht, sodass sie diese Dinge in ihrem ehemaligen Zuhause nicht aufgestellt hatte. Und das war auch der einzige Grund, warum sie sie jetzt im Zimmer hatte arrangieren können, ohne sich unwohl zu fühlen.
Sie duschte und zog sich kurze Jeansshorts und eine leichte gemusterte Bluse mit Rüschchen auf der Vorderseite an. Dann strich sie sich das Haar aus dem Gesicht und band es mit einem Zopfband zurück, in das winzige Kristalle geflochten waren. Heute ging sie durch eine Wolke aus Stella Sheer von 2007. Die neue Version würde warten müssen, bis Happiness Key jemand anders gehörte.
Sie hatte sich nicht vorgenommen, Lee zu verführen. Sie wollte ihn nur daran erinnern, dass sie noch immer hier und daran interessiert war, was in Alices Haus vor sich ging. Der Trick war, weiterhin in seiner Gunst zu stehen – aber nicht zu hoch. Um eine Ausrede zu haben, unangekündigt auf seiner Schwelle zu stehen, druckte sie einen Artikel aus dem Internet aus, den sie in der vergangenen Nacht gelesen hatte. Darin stand, dass die Preise für Grundstücks- und Hausbesitz in Florida allmählich wieder stiegen.
Soweit sie es beurteilen konnte, war der Artikel ein Haufen dummes Zeug von einem Werbefuzzi, der glücklose Investoren überreden wollte, zwangsversteigerte Immobilien beziehungsweise Grundstücke zu kaufen, um damit ein dickes Geschäft zu machen. Trotzdem hielt sie den Artikel für interessant genug, um ihn wenigstens als Aufhänger zu benutzen, den sie brauchte, um an Lee heranzukommen.
Als sie den Weg zu Alices Haus entlangging, hörte sie, wie die Wellen sich brachen. Die Sonne würde erst in ein paar Stunden untergehen, aber der Himmel verdunkelte sich schnell, und in der Ferne konnte sie Donnergrollen hören.
Sie fragte sich, wie es wohl wäre, von Marshs Veranda aus einen dieser legendären Stürme Floridas heraufziehen zu sehen … Sicher sah Marshs Haus so aus, als wäre es in den letzten hundert Jahren wie ein einheimischer Pilz oder so aus dem Sumpf gewachsen. Die Architektur hatte weder die Klasse noch den Stil, die sie gewohnt war. Und kein schillernder Innenarchitekt hatte je vom magischen Leuchten von Pink mit Spuren von Schokoladeneisbraun geschwärmt. Das Haus mutete einfach etwas schäbig an. Die Veranda bot vermutlich Lebensraum für unzählige Insekten und Schlangen. Dennoch konnte sie sich vorstellen, dass dort zu sitzen und den Sturm zu beobachten durchaus reizvoll sein könnte. Und vielleicht war es auch gar nicht mal so furchtbar, wenn Marsh neben ihr sitzen und ebenfalls zuschauen würde.
Seit dem Abend, an dem sie mit dem Kanu rausgefahren waren, hatte sie ihn nur zweimal gesprochen. Einmal, als er Bay nach dem täglichen Jugendprogramm abgeholt hatte und sie sich über den Tagesablauf ausgetauscht hatten. Und einmal, als er nach der Arbeit bei ihr zu Hause vorbeigekommen war, um ihr einen Stapel Unterlagen in die Hand zu drücken. Wild Florida hatte endlich ein Angebot auf den Tisch gebracht, und er hatte es ihr lieber persönlich überreichen wollen, da er Maribel nicht mochte. Sie hatte die ersten beiden Seiten überflogen und ihm den Stapel wortlos zurückgegeben.
„Bist du Hellseherin? Kannst du jetzt schon sagen, dass du nicht interessiert bist?“, hatte er gefragt.
„Marsh, was ihr mir zahlen wollt, ist nicht annähernd das, was ich verlange, was ich brauche. “
„Nur so aus Neugierde – gehen wir mal davon aus, dass ein Bauträger dumm genug ist, dieses Land für die Summe, die dir vorschwebt, zu kaufen, weil er glaubt, dass er sich durch Bestechung den Weg durch die Regulierungsbehörden bahnen kann, ohne dass wir davon Wind bekommen. Dann zahlst du die fälligen Steuern, kündigst deinen Job im Freizeitzentrum …“
„Ich habe sowieso nur einen Zeitvertrag, weil ich für jemanden eingesprungen bin. Ich muss nicht kündigen. Der Job endet im Herbst, wenn die eigentliche Leiterin des Programms zurückkommt.“
Angewidert hatte er den Kopf geschüttelt. „Also zahlst du die Steuern, sagst Gladys und Woody, dass du den Job nicht länger willst, und verduftest einfach. Wohin willst
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