Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
ihr, werdet ihr herausfinden?“
Wanda dachte bei einem weiteren Hühnchenbein darüber nach. „Also, es wird uns nicht zeigen, ob er Alices Geld veruntreut. Ich denke, es wird uns nur zeigen, ob er sie körperlich bedroht.“
„Ich werde dir ein paar Informationen über versteckte Kameras besorgen. Du wirst erstaunt sein, wie technisch ausgefeilt sie mittlerweile sind. Alices Haus steht so nah an Herbs Haus, dass wir eine kabellose Verbindung herstellen könnten, sodass ihr von dort aus zusehen könntet.“
„Mit solchen schlimmen Dingen kennst du dich aus, oder?“
„Das kannst du laut sagen.“
Bei Pfirsich-Fruchtpastete und Kaffee unterhielten sie sich über ihre Kinder. Wanda informierte ihn über alles, was sie wusste. Alles fühlte sich normal an, unkompliziert, so wie bei jedem anderen lange verheirateten Paar am Ende eines Tages. Wanda ließ sich dadurch jedoch nicht blenden, und als Ken verkündete, er müsse im Büro noch ein bisschen Papierkram erledigen, hatte sie keine Einwände. Sie hätte nicht gewusst, was sie getan hätten, wenn er sich nicht zurückgezogen hätte. In dem Punkt war sie vollkommen aus der Übung.
„Ich bin um zehn wieder da“, versprach er. „Wir können zusammen die Nachrichten gucken, bevor wir ins Bett gehen.“
„Bis dann.“ Sie wollte das benutzte Geschirr zur Spüle tragen, aber er hielt sie zurück. Er gab ihr einen Abschiedskuss, wie er es immer getan hatte, bis sein Leben sich so dramatisch verändert hatte. Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Doch das war nicht weiter schlimm, denn er war bereits verschwunden, ehe sie die Chance hatte, etwas zu erwidern.
Das Geschirr gespült und die dritte Dusche des Tages erledigt, machte Wanda es sich mit dem Telefon in der Hand auf dem Bett bequem. Sie war zu müde, um einen ganzen Abend lang Telefonate zu führen. Genau genommen hatte sie, seit Ken wieder früher nach Hause kam, einige Kunden an Lainie abgegeben und sie gebeten, jemand anders zu finden, der sich um sie kümmerte.
Sie wollte nicht riskieren, gestört zu werden oder eine Erklärung abgeben zu müssen, falls Ken sie mit einem anderen Mann am Telefon erwischte. Mehr noch – sie verlor allmählich das Interesse an der ganzen Sache. Sie hatte eingesehen, dass sie diese Anrufe nicht des Geldes wegen machte, sondern um ihren Mann zu ärgern. Aber was Ken nicht wusste, tat ihm nicht weh. Außerdem verspürte sie keine Lust mehr, sich nach der Scheidung mit der Arbeit bei VERFÜHRT zu brüsten, um ihm eins auszuwischen.
Auf die Scheidung hatte sie eigentlich auch keine Lust mehr. Vielleicht hatte sie die Lust auf Ken also doch noch nicht verloren?
Als Lainie sich meldete, notierte Wanda sich eine Liste von Nummern. Nachdem Lainie geendet hatte, erklärte Wanda ihr jedoch, dass sie heute nur Zeit für einen einzigen Anruf habe. „Ich werde Shadow anrufen“, sagte sie, „aber für die anderen habe ich keine Zeit mehr.“
„Die Telefonate mit ihm sind immer sehr kurz“, stellte Lainie fest. „Vielleicht solltest du doch die zweite Nummer auf der Liste wählen. Er redet ohne Punkt und Komma. Vergiss nicht, dass du pro Minute bezahlt wirst.“
„Ich weiß, wie ich bezahlt werde.“
„Tja, dann beschwer dich nächsten Monat nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte, wenn dein Gehaltsscheck nicht einmal für ein Abendessen bei McDonald’s reicht.“
„Gut, ich werde mich nicht beschweren. Kannst du dann zusehen, dass du für die übrigen Männer jemand anders findest, der sich um sie kümmert? Bitte?“
„Wanda, du lässt mich im Stich.“
„Ich denke, du solltest dich lieber daran gewöhnen, Lainie.“ Kurz darauf legte Wanda auf.
Dann wählte sie die inzwischen vertraute Nummer. Shadow nahm beim dritten Klingeln ab.
„Du wirst gerade verführt“, begrüßte sie ihn. „Und es ist ein hübscher Abend dafür, findest du nicht? Die Sterne funkeln, der Halbmond steht am Himmel.“
„Warst du draußen, um nachzuschauen?“
„Ich kann das durch mein Fenster sehen.“
„Du brauchst frische Luft, Mädchen.“
„Zu dieser Nachtzeit brauche ich jemanden, der mich auf dem Spaziergang begleitet. Du wirst mich da draußen nicht allein antreffen.“
„Ich wünschte, ich wäre da.“
Sie wünschte sich auch, dass er da wäre, obwohl sich sogar der bloße Wunsch falsch anfühlte. Doch sie und Shadow fühlten sich irgendwie verbunden. Noch bei keinem anderen Mann hatte sie sich so auf den Telefonanruf gefreut. Zwar hatte sie
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