Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Treppe machte er die Fliegengittertür auf und suchte in seiner Tasche nach seinem Schlüssel. Es gab einen kleinen Überstand, und Wanda stellte sich so dicht neben Lee, dass es eine Herausforderung werden würde, die Tür zu öffnen.
„Ich wünschte, es wäre anders“, sagte sie, „aber ich erkälte mich immer, wenn ich in einen solchen Platzregen gerate. Das hängt, glaube ich, mit dem Temperaturunterschied zusammen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir kurz drinnen warten könnten?“
Seine Wut war nicht mehr zu übersehen. „Was ist mit Ihnen los?“ Er runzelte die Stirn. „Was geht hier vor?“
„Nur der Regen, soweit ich weiß. Sie sagen, dass es mit dem tropischen Sturm zusammenhängt, der gerade …“
Er beachtete sie nicht weiter. Ohne den Schlüssel ins Schloss zu stecken, drehte er am Türknauf. Die Tür schwang auf und traf Wanda beinahe am Kopf. Lee fluchte. Im nächsten Moment war er im Haus, und Wanda hörte, wie er die Tür von innen verriegelte.
„Nach hinten!“, rief sie Janya zu. „Lass die Blumen fallen!“
Bis sie das Motorengeräusch gehört hatte, war Tracy noch zuversichtlich gewesen, die Kommode verrücken und Alice durch die Hintertür rausschaffen zu können. Doch inzwischen war ihr klar, dass das unmöglich war. Ihre einzige Chance bestand darin, Alice durchs Fenster nach draußen zu bringen – auf demselben Weg, den sie herein genommen hatte. Seit sie das Auto gehört hatte, war es ihr gelungen, Alice auf die Beine zu ziehen und fast bis zum Fenster zu schleppen. Alice war zweimal aufgewacht und hatte versucht zu helfen, aber Tracy war sich sicher, dass die alte Dame ein starkes Beruhigungsmittel bekommen hatte. Dass Alice geistig vollkommen gesund war, stand außer Frage. Immerhin hatte sie es selbst unter dem Einfluss von einem bewusstseinsverändernden Mittel geschafft, sich selbst zu schützen.
Nein, Alice war nicht das Problem.
Tracy konnte Stimmen vor dem Haus hören. Den tiefen Bass eines Mannes und die höhere Stimme einer Frau, vielleicht sogar die Stimmen von zwei Frauen. Sie wusste, dass ihre Freundinnen ihr zu Hilfe gekommen waren und dass sie Lee daran zu hindern versuchten, ins Haus zu kommen. Doch sie wusste auch, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er hereinkommen würde. Sie wusste nicht, was er zu tun imstande war. Oder was er tun würde, wenn er sie hier fand. Sie stand kurz davor, in Panik zu verfallen. Plötzlich verstummten die Stimmen, und sie hörte, wie die Eingangstür geöffnet wurde.
Alice sackte gegen sie. Tracy nahm ihre ganze Kraft zusammen und zerrte Alice ein Stück weiter.
Sie konnte hören, wie der Knauf der Schlafzimmertür gedreht wurde und wie Lee fluchte, als er merkte, dass er nicht ins Zimmer kam. Der Sturm war inzwischen mit voller Macht losgebrochen. Regen peitschte durch das zerbrochene Fenster, und der Fußboden war nass. Tracy schleppte Alice weiter, Stück für Stück näher ans Fenster. Auf der anderen Seite erblickte sie die Umrisse von zwei Menschen. Durch den Regenschleier hindurch erkannte sie, dass es Wanda und Janya waren.
Sofort wusste Wanda, was zu tun war. Sie griff durch das Fenster und winkte Tracy und Alice zu sich heran. „Schnell, noch ein bisschen näher.“
Alice fing sich wieder. Möglicherweise lag es an dem Wasser, das über sie lief. Jedenfalls lebte sie ein bisschen auf und versuchte verzweifelt, Wandas Hand zu packen.
Tracy hörte, wie Lee gegen die Tür trat, und sie wusste, dass ihnen nur noch wenig Zeit blieb, bis er die Kommode zur Seite geschoben hätte.
„Hat Karen getötet …“ Alice schüttelte den Kopf, als würde sie den Nebel darin vertreiben wollen. „Hat versucht, mich zu … töten.“
Tracy stellte sich hinter Alice, schlang die Arme um sie und bugsierte sie zu Wanda und Janya, die inzwischen auf dem Fenstersims hockte und nach Alices Nachthemd griff.
Die Tür flog mit einem lauten Krachen auf, und Wanda schrie. „Passt auf!“
Tracy drehte sich nur so weit um, dass sie sehen konnte, wie Lee ins Zimmer stürmte. Sie schubste Alice zu den Frauen und wandte sich zu Lee um. Im nächsten Moment stürzte sie sich mit ausgestreckten Armen und aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, auf ihn. Er taumelte zurück, erlangte jedoch schnell sein Gleichgewicht wieder und machte einen Satz auf sie zu. Er erwischte sie, und seine Hände schlossen sich um ihren Hals …
„Das reicht!“
Die Stimme eines Mannes hallte wie ein Pistolenschuss durchs Zimmer. Lauter als
Weitere Kostenlose Bücher