Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
beharrte Tracy. Ihre Suche hatte nichts zutage gefördert. Doch während sie zusah, nahm Wanda eine Kuchenplatte aus Keramik aus einem Schrank und gleich darauf den dazugehörigen Deckel, der aussah wie der Teigdeckel eines Pies.
„Da ist sie ja.“ Wanda hielt die Form in die Höhe. „Ist sie nahe genug an meiner Beschreibung, dass Sie mir glauben?“
„Ich habe nie behauptet, dass Sie seine Kuchenform stehlen wollten. Sie sind ausgesprochen empfindlich. Ich war nur überrascht, Sie hier im Dunkeln die Schränke durchwühlen zu sehen.“
„Ich wollte nur nicht alles erklären müssen.“
„Ich glaube, Sie wollen mir auch nicht erzählen, ob er nun Freunde oder Familie hat, oder? Also muss ich mich wohl als Detektivin betätigen? Noch etwas, um das ich mich kümmern muss?“
„Suhlen Sie sich da neben der Spüle gerade ein bisschen in Selbstmitleid? Tun Sie sich keinen Zwang an.“
„Ich bin froh, dass Sie Ihre Kuchenform gefunden haben. Sie finden ja sicher allein raus.“ Tracy ging zurück ins Wohnzimmer und schaltete das Licht ein, sodass das Haus hell erleuchtet war.
Im Schlafzimmer stand sie, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Tür. Die Matratze war breit, passend für ein Doppelbett. Sie würde sie auf die Seite stellen und hoffen müssen, dass sie nicht zur einen oder anderen Seite umkippte, während sie sie durch die Zimmer wuchtete.
Sie hörte Schritte. Wanda tauchte an ihrer Seite auf.
„Er hat nie viel von sich erzählt“, sagte Wanda. „Um auf Ihre Frage zu antworten. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, ob Sie sich nun als Detektivin betätigen müssen oder nicht, aber Herb verdient es, seinen Frieden zu finden.“
„Was hat er denn erzählt? Erinnern Sie sich daran?“
„Ich glaube, er hat erwähnt, dass er aus Florida stammt. Er hat allerdings nie erklärt, woher genau oder ob er auch dort geboren worden ist. Ich hatte den Eindruck, dass er im Laufe der Jahre ein paar Mal umgezogen ist. Er wirkte wie ein Streuner.“
„Und von seiner Familie hat er nie geredet?“
„Nein. Und ich habe auch nie Angehörige gesehen.“
„Freunde?“
„Er hat im Grambling Park mit einigen anderen alten Herren Schach gespielt. Ich habe ihn dort ein paar Mal gesehen, wenn ich zum Einkaufen fuhr. Aber mir gegenüber hat er das nie angesprochen.“
„Hätte es Sie denn interessiert?“ Tracy wusste, dass sie sich selbst diese Frage auch stellen konnte. „Schon gut. Ich habe kein Interesse gezeigt. Warum hätten Sie es dann tun sollen?“
„Ich habe ihm den Kuchen gebracht.“ Wanda klang, als wollte sie sich rechtfertigen.
„Und letzte Woche habe ich ihm seine Post gebracht, die fälschlicherweise in meinem Briefkasten gelandet war. Das ist so ziemlich alles, was ich mit dem Mann zu tun hatte.“
„Was passiert, wenn Sie niemanden finden, der die Angelegenheit in die Hand nimmt?“
Tracy wusste es nicht. War es ihre Aufgabe? War sie die nächstbeste Lösung statt direkter Angehöriger, weil sie die Besitzerin des Hauses war, in dem der Mann gelebt hatte? „Ich schätze, wenn sich niemand meldet, werde ich mir seine Unterlagen mal durchsehen müssen. Sie wissen schon. Um zu schauen, ob ich etwas herausfinden kann.“
„Wahrscheinlich hatten Sie keine Ahnung, auf was Sie sich einlassen, als Sie diesen Job übernommen haben.“
„Ich habe ihn nicht übernommen. Er wurde mir aufs Auge gedrückt. Und glauben Sie mir: Es ist alles andere als lustig.“
„Sind Sie deshalb hier? Um seine Sachen zu durchsuchen?“
„Ich bin hier, um die Matratze für die Müllabfuhr morgen an die Straße zu stellen. Er ist in dem Bett gestorben. Die Matratze muss entsorgt werden.“
„Wollen Sie das allein machen?“
„Ja, das hatte ich vor.“ Tracy wartete und hoffte – ganz gegen ihren Willen –, dass Wanda ihr ihre Hilfe anbieten würde. Zu zweit wäre es kein Problem.
„Da haben Sie sich einiges vorgenommen“, sagte Wanda.
„Einer muss es ja machen.“
„Tja …“ Wanda zögerte und begann dann zu lächeln. „Dann will ich Sie mal nicht weiter stören. Klingt, als würde es ein bisschen dauern, das Ding herauszutragen. Ich will Sie nicht aufhalten.“
„Schließen Sie die Küchentür ab, wenn Sie gehen, ja? Und legen Sie Herbs Schlüssel auf die Kommode.“
Kurz darauf hörte Tracy, wie die Hintertür ins Schloss fiel. Sie war sich nicht sicher, ob sie enttäuscht war, dass Wanda nicht geblieben war, um zu helfen, oder ob sie doch erleichtert war, dass sie gegangen
Weitere Kostenlose Bücher