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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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bei einsetzender Abenddämmerung zu machen, damit es noch hell genug war, um alles erkennen zu können, aber andererseits schon dunkel genug, um vor den Blicken der Mieter geschützt zu sein. Sie war nicht unsensibel – wenigstens nicht vollkommen. Es war schon heftig, die Matratze des alten Mannes auf die Straße zu zerren. Vermutlich würde es so aussehen, als könnte sie es kaum erwarten, sein Häuschen zu entrümpeln, um es wieder zu vermieten. Die Leiche des Mannes finden, seine Habseligkeiten an die Straße stellen, dann die Kapitalistenhände abwischen und eine Kleinanzeige aufsetzen.
    Jetzt musste sie sich darüber keine Gedanken mehr machen. Niemand würde sehen, wie sie mit der Matratze kämpfte, denn mittlerweile war nicht nur die Sonne untergegangen, sondern das letzte Tageslicht war komplett verschwunden. Kein Mond schien über der Inselgruppe, und eine untypische Stille lag über allem. Sie war nicht besonders schreckhaft oder leicht zu verängstigen, doch die Tür eines Toten zu öffnen und unbekümmert hineinzugehen schien genau das zu sein, was die Opfer in Horrorfilmen immer taten. Eine schlechte Idee. Aber nicht so schlecht, wie eine weitere Woche auf die Müllabfuhr zu warten.
    Im Innern des Hauses warf die Lampe, die Janya in Herbs Schlafzimmer angelassen hatte, nur einen sanften Schimmer, der unter der geschlossenen Tür hindurchfiel. Das war keine große Hilfe. Tracy tastete nach dem Lichtschalter neben der Tür und drückte drauf. Nichts passierte. Großartig. Herb hatte wahrscheinlich eine Leuchte angeschlossen, aber er schien das Licht direkt an der Lampe selbst ausgeschaltet zu haben. Sie wartete darauf, dass ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. An der Vorderseite seines Grundstücks standen einige Straßenlaternen. Dort hatte früher das Vermietungsbüro für die Strandhäuser gestanden. Ansonsten wurden die Schotterwege selbst nur von den Lampen auf den Veranden der Häuser beleuchtet. Sie konnte die Umrisse der Möbel vage erkennen, aber nicht gut genug, um das Zimmer unfallfrei zu durchqueren.
    Während sie wartete, lauschte sie. Die Stille war wie die dichte, durchdringende Kühle des Nebels in San Francisco. Ab und zu wurde sie von den Geräuschen des Sumpfes durchbrochen. Doch auch das war kein Trost. Als sie genug sehen konnte, tastete sie sich Schritt für Schritt durch das Zimmer voran und fand endlich eine Lampe. Ungeduldig suchte sie nach dem Schalter – warum konnten sich die Hersteller eigentlich nicht auf einen bestimmten Ort dafür einigen? – und wollte ihn gerade betätigen, als sie ein Klirren aus der Küche vernahm. Sie zuckte zusammen und richtete sich abrupt auf, wobei sie fast den Lampenschirm zu Boden warf.
    Innerlich maß sie die Entfernung zwischen dem Beistelltischchen, an dem sie stand, und der Eingangstür ab. Sie versuchte sich einzureden, sie hätte sich das Klirren nur eingebildet. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, dass der Hilfssheriff sicher gewesen war, dass Herb in seinem Bett nicht ermordet worden, sondern eines schnellen natürlichen Todes gestorben war.
    Aber Irren war menschlich …
    Ihr innerlicher Kampf dauerte nur wenige Sekunden. Sie war nun einmal im Augenblick die Besitzerin des Hauses, und es war ihre Aufgabe, sich um ihr Eigentum zu kümmern. Wenn jemand in der Küche war und Herbs Sachen durchwühlte, dann musste sie denjenigen aufhalten. Sie bezweifelte, dass jemand sie wegen eines Pfannenwenders oder eines Schneidebrettes ermorden würde. Ihr war ein altmodischer Küchenwecker in Form eines Huhns auf dem Fensterbrett aufgefallen, doch selbst das, geschmacklos wie es war, war noch kein Grund für einen Mord.
    Inzwischen hatten ihre Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt. Eine Schiebetür trennte die Küche vom Wohnzimmer, und diese Tür war geschlossen. Tracy war sich ziemlich sicher, dass die Tür noch nicht zu gewesen war, als sie beim letzten Mal hier gewesen war.
    Auf Zehenspitzen schlich sie zur Küche und hörte etwas, das sich wie das Quietschen von Türangeln anhörte, fast so, als würde irgendwo eine Tür geöffnet. Das bildete sie sich nicht ein. Jemand war in der Küche und durchsuchte die Schränke. Wonach suchte er? Und warum? Der arme Herb war noch nicht einmal kalt. Gut, kalt schon, aber noch nicht unter der Erde.
    Sie tastete an der Tür entlang, bis sie den eingelassenen Griff gefunden hatte. Dann öffnete sie mit einer raschen Bewegung die Tür und sprang in die Küche.
    Eine schwache Glühbirne in

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