Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
schnell wieder damit anfangen, findest du nicht?“
„Du klingst wie mein kleiner Bruder Yash. Er hätte genau dasselbe gesagt. Wir können hier draußen sitzen und malen, bis du nach Hause gehen musst. Ich bin gleich wieder da.“
Janya erhob sich und ging ins Haus. Zum ersten Mal an diesem Abend sehnte sie es nicht herbei, dass die Sonne möglichst schnell unterging.
9. KAPITEL
T racy genoss die Verabredung mit Lee sehr. Wie er versprochen hatte, war das Essen köstlich gewesen, wenn auch nicht außergewöhnlich. Drei Musiker – Bass, Piano und Schlagzeug – begannen zu spielen, als Tracy ihr Essen zur Hälfte gegessen hatte. Gut, es war Musik, zu der Alices Generation singen konnte, doch das Trio schuf einen romantischen Hintergrund für die Unterhaltung. Lee war das perfekte Date. Er schien zu wissen, was sie brauchte, und sorgte dafür, dass sie es auch bekam. Sie war geblendet von der puren Freude, jemanden zu haben, der ihr wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
Es war ihr peinlich zuzugeben, doch sie hatte das mehr als alles andere vermisst. Während der letzten anderthalb Jahre hatte sie zusehen müssen, wie ihre Freunde sich von ihr zurückgezogen hatten. Bis zu der Zeit hatte sie nie besonders über Loyalität nachgedacht. Vielleicht hatte sie selbst sich sogar von Leuten distanziert, die eine schwere Zeit durchmachten – als hätte sie Angst, dass das Pech ansteckend sein könnte. Doch während der Scheidung hatte sie „Loyalität“ und „Liebe“ in ihrer Liste der wichtigen Dinge einen neuen Stellenwert eingeräumt. Sie würde ganz sicher nicht eine gute Unterhaltung oder einen Abend mit einem außergewöhnlich aufmerksamen Mann mit einem der beiden verwechseln. Aber einfach mit jemandem zusammen zu sein, der sich für sie interessierte, war schon etwas Besonderes gewesen.
Nach dem Essen brachte Lee sie den langen Weg nach Hause zurück. Sie fuhren an der Straße direkt am Strand entlang. Die warme Luft wehte durch ihr Haar, der Mond glitzerte auf dem Wasser. Zu Hause gab er ihr die Schlüssel zurück und brachte sie noch zur Tür. Sie bedankte sich bei ihm und fragte sich, ob er einen wunderschönen Abend zerstören würde, indem er als Gegenleistung Sex erwartete. Doch er gab ihr nur einen zarten Kuss auf die Wange, drückte ihre Hände und machte sich dann auf den Weg zu Alices Häuschen.
Einen kurzen Moment wünschte sie sich, er hätte doch mehr verlangt.
Später, als sie sich fürs Bett fertig machte, hörte sie Schritte vor der Tür. Als sie aus dem Fenster sah, erblickte sie Lee, der in seinen Wagen stieg und leise die Tür schloss. Auf wundersame Weise sprang der Saab nach einem kurzen Hicksen problemlos an, und Lee fuhr davon. Sie war erleichtert, dass die Angelegenheit offensichtlich so geringfügig gewesen war, dass er den Wagen wieder in die Werkstatt würde bringen können, ohne abgeschleppt werden zu müssen.
Also, ja, auf den meisten Ebenen war dieser Abend ein Erfolg gewesen. Es gab nur ein Problem: Sie war sich sicher, dass sie nicht im Jachtklub arbeiten wollte. Sie wollte nicht von der Seitenlinie aus zusehen, wie die Leute die Veranstaltung genossen, für deren Organisation sie hart gearbeitet hatte. Und ehrlich gesagt musste sie auch zugeben, dass der Gedanke daran, endlose Partys, Modeschauen und Charityevents zu organisieren, sie zu sehr an ihr altes Leben erinnerte. Das würde noch schmerzhafter werden, wenn sie dabei von Menschen herumgeschubst werden würde, die nicht zu ihr als der erfolgreichen Dame aus Bel Air aufsahen. Falls sie je wieder in den Klub zurückkehrte, dann als Gast, nicht als Angestellte.
All das ging ihr durch den Kopf, als sie sich am nächsten Morgen anzog. Sie war bei Sonnenaufgang aufgestanden, hatte im Internet eine Mustervorlage für einen Lebenslauf gefunden, ihn ausgefüllt und ausgedruckt. Es gab einen Job in der Stadt, der perfekt für sie war. Die Stelle war befristet; sie konnte etwas Geld verdienen; sie musste mit niemandem verkehren – außer mit den rotznasigen kleinen Kids. Und die gute Neuigkeit? Sie war größer als sie, und im Notfall könnte sie sie unter Wasser festhalten.
Als sie das Freizeitzentrum erreichte, war Palmetto Grove erwacht. Rasensprenger versprühten in allen Regenbogenfarben schillerndes Wasser auf Büsche und Rasenfläche. Grauhaarige ältere Damen machten zu dritt oder zu viert Nordic Walking. Füllige Männer fuhren auf ihren Rädern vorbei und zeigten dabei viel zu viel Fleisch, das über
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