Insel meiner Traeume
Erklärung folgte, ergriff Joanna das Wort. »Unglücklicherweise gibt es Akoraner, die einen solchen Kurs einschlagen würden. Aber Alex gehört nicht dazu.«
»Sie sind ein halber Engländer, Darcourt«, betonte Royce. »Würde Perceval seinen Plan, Akora zu erobern, erfolgreich durchführen, wären Sie der geeignete Anwärter für den Posten des königlichen Gouverneurs.«
»Wohl kaum«, stieß Alex hervor, »denn dann wäre ich tot. Niemals möchte ich Akora in britischer Gewalt sehen.«
Eine Zeit lang fixierte Royce den Marquess. Was er sah, schien ihn zu überzeugen. »Nun, möglicherweise ist das Vertrauen berechtigt, das meine Schwester in Sie setzt.«
Nach seinen Maßstäben war das ein enormes Zugeständnis, und die Angst, die Joanna seit dem Beginn der Kontroverse erfüllte, verebbte ein wenig. Trotzdem ermahnte sie sich zur Vorsicht. »Darüber sollten wir hier nicht reden.«
Als das Laterna-magica-Spektakel beendet war, schlenderten mehrere Gäste in den Garten, um frische Luft zu schnappen, bevor sie sich an den Spieltischen oder anderswo vergnügten. Sicher hatte der Prinzregent noch mehrere Amüsements ersonnen. Vermutlich würde das Fest bis in die Morgenstunden dauern.
»Wenn wir uns zu früh verabschieden, beleidigen wir Prinny«, meinte Royce und reichte Alex eine Visitenkarte. »Das ist unsere Adresse in Brighton. Treffen wir uns, wenn wir nicht mehr beobachtet werden. Um drei dreht der Nachtwächter seine Runde, dann wieder um vier.«
»Gut, dann komme ich ungefähr um halb vier zu Ihnen.«
Bevor Alex sich zum Gehen wenden konnte, hielt Royce ihn zurück. »Ich habe mich noch nicht dafür bedankt, dass Sie mich gerettet und meine Schwester beschützt haben.«
Langsam ergriff Alex die dargebotene Hand, und die beiden Männer schauten sich sekundenlang in die Augen, bevor sie getrennte Wege gingen.
Immer noch besorgt um das Wohlergehen ihres Bruders, blieb Joanna an seiner Seite, und er war offensichtlich nicht bereit, sie auch nur kurzfristig aus seiner Obhut zu entlassen. Ein paar Mal sah sie ihn missbilligende Blicke auf die jungen Gentlemen werfen, die ihr den Hof machten, und lachte über die absurde Situation. Ausgerechnet sie, die nur Verachtung für die affektierte Oberschicht empfand, avancierte plötzlich zu deren Liebling. Möge mir der Himmel beistehen, dachte sie.
Bevor ihr diese neue Erfahrung zu langweilig wurde, beschloss sie, ihre Bekanntschaft mit dem Prinzregenten zu vertiefen. Das fiel ihr erstaunlich leicht. Trotz aller Geschichten, die sie über seine Ausschweifungen gehört hatte, versprühte er an diesem Abend seinen ganzen Charme. Die Entdeckung, dass sie ebenso wie ihr Bruder fließend Altgriechisch sprach, entzückte ihn. Ohne die anderen Gäste zu beachten, die sich um ihn drängten, begann er eine bemerkenswerte Diskussion über die Kultur der griechischen Antike. Damit faszinierte er Joanna, und so bemerkte sie nicht, wie schnell die Zeit verflog. Auch Alex beteiligte sich an dem Gespräch. Obwohl er Akora nicht erwähnte, erfreute er Prinny mit seiner umfangreichen Bildung und seinem freundlichen Wesen.
Erst nach Mitternacht hörte Joanna die Uhren schlagen und registrierte den erlahmenden Enthusiasmus der Gäste, die verrutschten Perücken, die verschmierte Schminke, die trüben Augen. Der Premierminister war verschwunden, und sie hörte, er sei nach Hause gefahren, was er mit einer Unpässlichkeit begründet habe. Um zwei Uhr herum brach sie mit Royce auf.
Die Nacht war klar und angenehm mild, vom Meer hatte sich eine frische Brise erhoben. In der schwankenden Kutsche fühlte sich Joanna angenehm entspannt, und das Schaukeln lullte sie ein. Verwirrt schreckte sie aus dem Schlaf auf, als Bolkum das Gespann vor dem Hauseingang zügelte.
»An so lange Abende bist du nicht gewöhnt«, bemerkte ihr Bruder und half ihr aus dem Wagen.
»Nun würde eine Tasse Tee unsere Lebensgeister wecken.«
»Also bezweifelst du nicht, dass Darcourt uns beehren wird?«
Die Frage überraschte sie. »Natürlich nicht. Du etwa?«
»Eigentlich schon«, gab er zu. »Obwohl ich ihn mir ganz anders vorgestellt habe...«
»Ein Prinz, der sein Land verraten will?«
»Wie du selbst gesagt hast, würden einige Akoraner nicht zögern, dieses Verbrechen zu begehen.«
Ehe sie antworten konnte, öffnete sich die Haustür, und die schwarz gekleidete Mrs. Mulridge erschien auf der Schwelle. Mit strenger Miene bekundete sie ihre Missbilligung. »So spät heimzukommen - das gehört
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