Insel meiner Traeume
»Was wir in diesem oder jenem Moment tun, wird die Zukunft gestalten.«
»Ach ja, Entscheidungen und ihre Konsequenzen...« Sie trat näher zu ihm, hielt seine Hand fest und legte den anderen muskulösen Arm um ihre Taille. So schwer war es ihr vor wenigen Stunden im Zelt gefallen, sich von ihm loszureißen... Seither hatte sie das seltsame Gefühl, sie würde unaufhaltsam auf ihn zugehen.
»Viel zu oft habe ich nichts getan.«
Alex hob die Brauen. Wegen ihrer Worte? Oder wegen ihres Verhaltens? »Eigentlich dachte ich, du würdest niemals zögern.«
»Oh, du wärst überrascht...« Sie unterbrach sich - nicht sicher, wie viel sie verraten sollte. »Mein ganzes bisheriges Leben verbrachte ich in der Sicherheit einer vertrauten Umgebung. Nur selten wagte ich mich in die Welt hinaus und zog mich bald wieder zurück, weil sie mir missfiel. Bis zu meiner Reise von Hawkforte nach London habe ich kein beachtenswertes Risiko auf mich genommen.«
»Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
»Nun, vielleicht habe ich erst jetzt zu meinem wahren Ich gefunden.« Blitzschnell, bevor sie der Mut verlassen konnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, und ihr Mund berührte seinen. Seine warmen Lippen waren leicht geöffnet und - oh - so verführerisch. Verblüfft erstarrte er und wollte zurückweichen. Aber Joanna umklammerte seine Hand noch fester und drückte sich an ihn. »Und dich habe ich gefunden.«
Widerstrebend lächelte er an ihren Lippen. »Allerdings.«
»So einfach - so erstaunlich...« Sie ließ seine Hand los. Halb und halb fürchtete sie, diese Gelegenheit würde er nutzen, um sie wegzuschieben. Das musste sie verhindern, und so schlang sie beide Arme um seinen Hals. »Jetzt will ich mich nicht mehr mit der Sicherheit begnügen.«
»Joanna...«, flüsterte er und wollte sich befreien. Aber irgendwie ging diese Absicht in der Hitze seiner Leidenschaft verloren. Hilflos war er der Verführung ausgeliefert. Er, ein erfahrener, disziplinierter Mann. Einerseits erschreckte ihn diese Erkenntnis, andererseits spürte er eine sonderbare, wehmütige Freude über die Ereignisse, die seiner Kontrolle entglitten. Er räusperte sich und unternahm einen zweiten Versuch. Bei allen Göttern, sie fühlte sich so gut in seinem Arm an. Als würde sie nirgendwo anders hingehören. Dagegen musste er sich wehren, das Verlangen überwinden, das ihn wie eine gnadenlose Woge durchströmte. »Bitte, Joanna, dazu treibt dich reine Verzweiflung. Das verstehe ich. Du hast Angst um deinen Bruder. Mit aller Macht willst du ihn aufspüren. Jetzt erscheint dir das Leben öde und trostlos. Aber später wirst du bereuen...«
Nicht einmal die stärkste Willenskraft der Welt konnte ihn bewegen, weiterzusprechen, während sie sein Kinn und seinen Hals mit zarten Küssen bedeckte, bei seinem heftig pochenden Puls verweilte. Verlockend presste sich ihr Busen, von keinem damenhaften Korsett eingeengt, an seine Brust. Wie aus eigenem Antrieb wanderte seine Hand unter den dunkelblauen Umhang, zu einer sanft gerundeten Hüfte. Durch das Kleid fühlte er Joannas seidige Haut, die Wärme, die sie ausstrahlte.
»Nichts werde ich bereuen, Alex. Nichts, solange ich mir das gönne.« Ihre Arme umfingen ihn noch fester. »Ja, ich habe dich gefunden - und mich selbst.«
Das Pflichtbewusstsein, dieser kalte Gefährte, unternahm einen letzten schwachen Versuch, den er kaum wahrnahm. Ein anderer ebenso gebieterischer Befehl gewann die Oberhand und verjagte alle Skrupel. Er neigte den Kopf hinab. Immer wieder streifte sein Mund ihren.
Leise stöhnte er, dann küsste er sie voller Begierde. Vom süßen Geschmack ihrer Lippen betört, sank er mit ihr ins kühle, weiche Moos, das angenehm nach Erde duftete. Für flüchtige Sekunden schaute sie zu ihm auf. In ihren Augen spiegelte sich der ganze Glanz des Mondes. Hin und wieder verdeckten Wolkenfetzen den Mond, schienen das Paar in einen schützenden Kokon zu hüllen. Joannas Lächeln entzückte Alex. Plötzlich fühlte er sich in die Zeit seiner Jugend zurückversetzt, und er glaubte, zum ersten Mal die Macht einer Frau zu entdecken.
Um ihr sein Gewicht zu ersparen, stützte er sich rücksichtsvoll auf die Ellbogen. »Wir müssen ganz langsam Vorgehen.« Die Lippen an ihrem Hals, spürte er, wie sich ihr Puls beschleunigte, hob den Kopf und beobachtete, wie sich ihr Lächeln vertiefte.
»Tatsächlich?« Sie streichelte seinen Rücken, die harten Muskeln. Noch bevor es geschah, fühlte sie sich verwandelt, auf
Weitere Kostenlose Bücher