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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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ihr Bruder den großen Hof vor dem Palast, den Schauplatz der Feier, die erst vor zwei Tagen stattgefunden hatte. Alle Spuren der rauschenden Festlichkeit waren verschwunden. Wahrscheinlich hatte man mit einem gewaltigen Andrang gerechnet und beschlossen, den Gerichtsprozess in den Hof zu verlegen. An keinem anderen Ort auf Akora würde man so viele Leute unterbringen.
    Die geistesgegenwärtigsten Besucher erkannten sofort, wo sich die beste Aussicht bieten würde. Und so stürmten sie die Stufen, die zum Palasttor führten, und setzten sich. Auch Polonus steuerte dieses Ziel an und ergriff Briannas Hand, zog sie mit sich und fand günstige Plätze in der Nähe eines Podests, das an einem Ende des Hofs errichtet worden war. Darauf standen ein Tisch und ein schlichter Stuhl mit hoher Lehne.
    »Kein Thron?«, murmelte er.
    »Den braucht er nicht«, erwiderte sie, während sie sich auf die Treppe setzten. »Atreus’ Macht hängt nicht von Symbolen ab.« Das hatte sie inzwischen deutlich genug erkannt.
    Ehe Polonus antwortete, spähte er rasch nach allen Seiten, um herauszufinden, wer sich in der Nähe postiert hatte. »Eher von der Unwissenheit seines Volkes.«
    Wenn sie es auch besser wusste – sie wollte nicht mit ihm streiten. Ein paar Stufen weiter unten entdeckte sie Kassandra und Joanna mit ihren Ehemännern. Die vier bemerkten sie nicht. Dafür dankte sie dem Himmel.
    Das Publikum musste nur ein paar Minuten warten. Ohne Fanfarenklänge oder eine andere Ankündigung kam Atreus aus dem Palast und nahm seinen Platz auf dem Podest ein. Davor ließen sich die Ratsherren nieder, seine Beisitzer. An seiner einfachen weißen Tunika trug der Vanax kein einziges Emblem seines Amtes. Er sieht müde aus, dachte Brianna, und gedankenverloren. Nachdem er sich gesetzt hatte, schweifte sein Blick über die Menschenmassen hinweg und blieb an ihr hängen.
    Wie sie es beabsichtigt hatte, hob sie stolz den Kopf und starrte ihn an. Obwohl sie ihre ganze innere Kraft aufbieten musste, hielt sie seiner Musterung stand. Schließlich schaute er weg – aber nicht, bevor sie den Kummer in seinen Augen gelesen hatte. Falls sie bei der stummen Konfrontation eine gewisse Genugtuung empfunden hatte – jetzt schmeckte dieses Gefühl wie Asche auf ihrer trockenen Zunge.
    Nun wurden die Gefangenen in den Hof geführt, und alle Leute reckten die Hälse. Die vier Männer waren blutjung. In erster Linie zog Helios die Jugend an. Brianna kannte die Angeklagten, denn sie hatten gemeinsam mehrere Versammlungen besucht. Von geteilten Hoffnungen und Träumen beflügelt, hatte sie sämtliche Mitglieder der Rebellenorganisation als ihre Freunde betrachtet, und es war schmerzlich, diese vier in einer so beklagenswerten Situation wiederzusehen.
    Nun trat der Friedensrichter Marcellus vor das Podest, eine Tafel in der Hand, von der er die erstaunlich kurze Anklageschrift ablas. »Jeder dieser Männer wird der Beschaffung des Materials beschuldigt, das zur Bombardierung des Stadions diente. Wozu es benutzt werden sollte, wussten sie. Die Explosion tötete acht Männer und verwundete ein paar Dutzend, darunter den Vanax von Akora.«
    »Der genug Anstand beweisen müsste, um hier nicht den Vorsitz zu führen«, fauchte Polonus. »Immerhin ist er persönlich in den Fall verwickelt.«
    »Atreus erfüllt nur seine Pflicht«, entgegnete Brianna. »Die würde er niemals verletzen.« Was sie aus eigener bitterer Erfahrung wusste...
    In schneller Folge wurde das Beweismaterial dargelegt. Einige Zeugen schilderten ihre Begegnung mit einem oder mehreren Angeklagten in der Nähe eines Wagens, den man später als gestohlen gemeldet hatte. Dieses Fahrzeug habe dem Wagen geglichen, der bei dem Attentat benutzt worden sei. In anderen Aussagen wurden die Angeklagten mit den Sprengstofffässern in Verbindung gebracht. Besonders belastend wirkte die Behauptung, jeder der vier Männer hätte sich Material angeeignet, das man für die Herstellung von Schießpulver benötigen würde.
    Schon lange vor dem Ende der Zeugenvernehmung fühlte sich Brianna zutiefst erschüttert. Ein Teil der Indizien mochte auf Zufällen beruhen. Aber alles in allem bestanden nur geringe Hoffnungen, die Unschuld der vier Angeklagten würde sich herausstellen.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte sie leise zu ihrem Bruder. »Helios ist eine friedliche Bewegung. Warum sollten sich Gewalttäter dafür interessieren?«
    »Vielleicht neigten sie noch nicht zur Gewalt, als sie unserer Organisation

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