Inselglück
jede Entscheidung mit »gut« bewerten würde. Sie hatten sich schon auf Die Verurteilten geeinigt, da rief Toby in letzter Minute: »Ach nein, lass uns Ich glaub, mich tritt ein Pferd sehen!«
Ganz langsam drehte Meredith sich zu ihm um. »Du machst Witze, oder?«
»Komm schon«, sagte er. »Erinnerst du dich nicht?«
»Oh doch«, entgegnete Meredith. »Das tue ich.« Und dann erhob sie sich, sacht wie Rauch, und schwebte aus dem Raum. »Gute Nacht«, sagte sie, sobald sie auf der Treppe war. »Ich gehe zu Bett.«
Connie wartete, bis sie die Tür von Merediths Zimmer zufallen hörte. »Muss ich da noch fragen?«
»Erste Verabredung«, gestand Toby.
»Warum quälst du sie?«
»Ich quäle sie nicht. Ich dachte, sie würde es lustig finden.«
»Ja, sie hat sich echt totgelacht.«
»Was ist denn nun zwischen euch beiden vorgefallen?«, fragte Toby.
»Was ist zwischen euch beiden vorgefallen?«, gab Connie zurück.
»Immer wieder ein bisschen.«
Connie schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, dass ihr einen Riesenzoff hattet«, sagte Toby. »Und natürlich habe ich bemerkt, dass sie nicht zu Wolfs Beerdigung aufgekreuzt ist, aber du hast mir nie erzählt, was passiert ist. Und ich war noch zu sehr Alkoholiker, um zu fragen.«
»Das ist Vergangenheit«, erklärte Connie.
»Erzähl’s mir trotzdem«, bat Toby.
»Oh … « Connie hatte mit niemandem außer Wolf über ihren Streit mit Meredith geredet. Ashlyn und Iris und ihre Freundin Lizbet wussten, dass es ein Zerwürfnis gegeben hatte, doch die Einzelheiten kannten sie nicht. Sie gingen niemanden etwas an, und der Bruch mit Meredith war äußerst schmerzhaft gewesen. Aber Connie hatte die Nase gestrichen voll von Tabuthemen. Wenn sie Dan erzählt hatte, was bei der Trauerfeier für Wolf zwischen ihr und Ashlyn geschehen war, konnte sie auch Toby von ihrem Telefonat mit Meredith erzählen.
»Ein paar Monate vor seinem Tod«, sagte sie – Wolf hatte noch gearbeitet, doch die Ärzte nahmen kein Blatt vor den Mund: Das war’s, er würde sich nicht mehr erholen – , »hat Wolf unsere finanzielle Situation überprüft.« Wolf hatte über den Kontoauszügen und Börsenberichten gesessen, und Connie erinnerte sich, wie verärgert und mürrisch sie an diesem herrlichen Septembernachmittag gewesen war. Sie wollte mit Wolf spazieren gehen, solange er das noch konnte, aber er war zu vertieft in die Papiere, die vor ihm auf dem Esstisch lagen. Sie sollten den Tag genießen, fand Connie; sie hatten doch Gene, ihren Buchhalter, der sich um die Finanzen kümmerte, oder? Außerdem vermied Wolf das Lesen eigentlich schon seit langem – von der Anstrengung schmerzten ihm die Augen – , und sogar auf die Baustellen begleitete ihn ein Assistent, der ihm die Maße der Pläne vorlas. Wie viel würde er also von diesen Zahlenkolonnen begreifen? Aber Wolf war fest entschlossen. Connie ging allein spazieren und kam mit von Heuschnupfen tränenden Augen und niesend nach Hause zurück.
»Wolf sagte, ich solle mich setzen, und präsentierte mir einen Stapel Abrechnungsbelege von Delinn Enterprises, die auf einem antiken Nadeldrucker ausgedruckt waren. Ich hatte die eigentlichen Abrechnungen zuvor noch nie gesehen und sagte: ›Mein Gott, Wolf, die sollten wir dem Smithsonian-Archiv spenden.‹«
Wir lösen morgen unser Konto auf, entgegnete Wolf.
Was?
Wir steigen aus Freddys Fonds aus. Gene liebt ihn, aber er kann mir nicht erklären, wie er funktioniert, und in all den Jahren, die ich Freddy kenne, hat auch er ihn mir nie so erklären können, dass es mir eingeleuchtet hätte.
Es ist eben schwarze Magie, meinte Connie leichthin. Das war Freddys Antwort, wenn ihn jemand nach dem Rezept für solch fantastische Renditen auch bei einem rückläufigen Aktienmarkt fragte.
Schwarz bestimmt, sagte Wolf. Ich bin sicher, er bricht das Gesetz.
Freddy?
Ja, Freddy. Ich mag ihn, habe ihn immer gemocht. Er ist weiß Gott großzügig bis zum Abwinken. Und ich liebe Meredith und die Jungs, aber mit seinen Geschäften stimmt irgendwas nicht. Was er auch tut, die Börsenaufsicht wird ihm auf die Schliche kommen, aber so lange warten wir nicht. Morgen steigen wir aus.
Morgen? Wirklich? Willst du das nicht mit Gene besprechen, bevor …
Connie. Wolf legte seine Hand auf ihre und versuchte, sie anzuschauen, doch sein Blick schweifte ab, wie es jetzt gelegentlich der Fall war. Er konnte ihn nicht immer fokussieren. Connies Augen füllten sich mit heißen Tränen, die nichts mit Pflanzenpollen
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