Inselglück
Beste an der Merion Mercy«, sagte Connie. »Du hast alle Rekorde gehalten.«
Meredith zog sich die Klemmen aus den Haaren – weg mit der Perücke! Ihr eigenes Haar darunter war verfilzt, und sie schüttelte es aus.
»Ich fasse es nicht, dass ich springe«, sagte sie. »Ob ich wohl noch weiß, wie es geht?«
»Ist das nicht wie beim Radfahren?«, fragte Connie. Sie trank noch etwas, und ein Gefühl des Wohlbefindens durchflutete sie. Ihre Arme kribbelten, und in ihrer Brust war ein goldenes Glühen.
»Das werden wir sehen«, sagte Meredith. Sie legte ihren Überwurf ab und kletterte auf das Brett. Sie ging bis zu seinem Ende, dann wieder zurück und ließ es ein paarmal federn. Dann brachte sie sich in Position, machte ein, zwei, drei choreografierte Schritte wie eine Turnerin, sprang unglaublich hoch und kippte ihren Körper zu einem perfekten Vorwärtskopfsprung nach vorn. Es war ein wunderschöner Anblick. Connie blinzelte. In der Highschool war sie bei jedem Wettkampf gewesen, an dem Meredith teilgenommen hatte, und jetzt fühlte sie sich wie in einer Zeitmaschine.
Dan pfiff und applaudierte Bravo rufend. Meredith tauchte auf, die Haare nass und glatt, und schwamm zur Leiter an der Seite des Bootes.
»Genau wie beim Radfahren«, sagte sie.
»Mach noch einen«, verlangte Connie. »Einen komplizierten. Zeig’s ihm.« Sie erinnerte sich, wie Meredith einem Reporter der Main Line Times einmal erzählt hatte, dass ihr ein simpler Vorwärts- oder Rückwärtskopfsprung am schwersten falle, weil ihr Körper sich immer drehen und wenden wolle. Er sehne sich geradezu nach Schwierigkeiten.
Meredith stieg wieder auf das Brett und machte einen anderthalbfachen Vorwärtssalto. Er gelang ihr nicht so perfekt wie an der Highschool, aber das war auch nicht zu erwarten gewesen.
Dan griff sich ein Handtuch und setzte sich neben Connie. »Mann«, sagte er. »Hast du das gesehen?«
»Ich hab’s dir ja gesagt.« Connie trank noch einen Schluck. In ihrem Becher waren etwa fünf Zentimeter übrig. Sie würde sich noch einen genehmigen und dann etwas essen.
Meredith kletterte erneut auf das Brett. In königlicher Haltung schritt sie bis ans Ende und drehte sich um.
Rückwärtssalto. Sie tauchte fehlerlos und mit gereckten Zehen ein, obwohl sie beim Sprung nicht dieselbe Höhe erreichte wie als Teenager. Gott, Connie erinnerte sich, dass es ausgesehen hatte, als schwebe sie in der Luft, als könne sie fliegen.
»Noch einen«, forderte sie.
»Ich weiß nicht«, sagte Meredith. Sie stieg aufs Brett und machte einen Rückwärtssprung mit halber Drehung.
Dan steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.
»Das war zu einfach!«, befand Connie. Sie entsann sich, wie Meredith sich auf einer der blauen Matten gedehnt hatte, die die Trainer am Rande des Beckens auslegten. Sie konnte, die Arme um ihre Oberschenkel geschlungen, das Gesicht mühelos bis auf ihre Knie vorbeugen. Der bloße Gedanke daran tat weh.
Meredith vollführte einen simplen Hechtsprung. Dann einen Rückwärtssprung. Dann näherte sie sich dem Ende des Brettes und schraubte sich ohne Ankündigung in einen zweieinhalbfachen gehockten Salto. Dan johlte, und Connie wusste nicht, ob sie eifersüchtig sein sollte. Sie war in ihrer Jugend eine ambitionierte Hockeyspielerin gewesen, doch das hatte nie derartige Bewunderung hervorgerufen. Sie berührte Dans Schulter, um ihn daran zu erinnern, dass sie auch noch da war. »Möchtest du jetzt dein Bier?«
»Willst du es nicht auch mal probieren?«, fragte er.
Sie füllte ihren Becher mit Wein, lauschte auf das Gluckern und wusste nicht recht, was er meinte. Als Meredith den nächsten Sprung vorführte, schaute sie gerade rechtzeitig hoch, um die Beine ihrer Freundin im Wasser verschwinden zu sehen. Das Eintauchen musste möglichst glatt und ohne Spritzer vor sich gehen.
»Wie bitte?«, entgegnete Connie. Sie verkorkte den Wein und stellte ihn zurück in die Kühlbox.
»Willst du nicht auch mal aufs Brett?«, erkundigte sich Dan.
»Oh«, sagte Connie. »Ich bin nicht so gut darin.«
»Los, komm!«, rief Meredith. »Das Wasser ist herrlich.«
»Los, komm«, sagte auch Dan, stand auf und kletterte aufs Sprungbrett. »Dir muss doch heiß sein.«
Ja, ihr war heiß, aber sie ließ sich nicht gern zu etwas drängen. Und sie fand das Wasser noch zu kalt zum Schwimmen. Doch wenn sie jetzt kniff, würde sie zimperlich und blasiert oder, schlimmer noch, alt wirken. Sie würde einmal springen, beschloss sie, und dann ihren
Weitere Kostenlose Bücher