Inseln im Netz
umgänglichem Ton.
Ein automatisches Taxi hielt am Straßenrand und klappte die Tür auf.
Ein tollwütiger Hund sprang heraus.
Es war ein großer häßlicher Köter, halb Dobermann, halb Hyäne. Sein Fell war naß und schlüpfrig wie von Öl. Er warf sich mit rasendem Knurren aus dem Taxi und stürzte sich wie aus einer Kanone geschossen auf die Schlange der Wartenden.
Tobend und wild um sich schnappend, brach er in die Reihen ein. Drei Männer fielen schreiend zu Boden. Die Menge wogte entsetzt zurück.
Laura hörte die Kiefer des Hundes wie Kastagnetten schnappen. Er riß einen Fetzen Fleisch aus dem abwehrend erhobenen Unterarm eines dicken Mannes, warf sich herum, schnellte hoch und war an seinem nächsten Opfer. Wildes, geiferndes Knurren begleitete seine Angriffe. Die Menschen drängten zurück, stießen sich und fielen in panischer Flucht übereinander…
Der Hund sprang zwei Meter in die Luft, wie ein Schwertfisch am Angelhaken. Sein Fell schwelte. Flammen loderten entlang seinem Rücken, sein Körper platzte auf.
Feuer sprühte heraus.
Er explodierte mit nassem Schmatzen. Eine groteske Entladung von Dampf und Gestank, von umherspritzendem Blut und Kot und Eingeweiden. Er klatschte auf das Pflaster, augenblicklich tot, ein Klumpen brennenden Fleisches. Fäden unerklärlicher Hitze glommen darin…
Laura rannte davon.
Der Tamile holte sie mit erstaunlicher Behendigkeit ein und faßte sie bei der Hand. Die Menge floh in alle Richtungen, über die Straßen, wo Taxis kreischend anhielten und protestierend hupten… »Da hinein«, sagte der Tamile und kletterte in einen Wagen.
Im Innern war es still, klimatisiert. Der Wagen bog bei der ersten Abzweigung nach rechts und ließ die Bank hinter sich zurück. Der Tamile ließ ihre Hand los, lehnte sich zurück und lächelte sie an.
»Danke«, sagte Laura und rieb sich das Handgelenk. »Vielen Dank, Sir.«
»Kein Problem«, sagte der Tamile. »Der Wagen wartete auf mich.« Er hielt inne, dann berührte er das verbundene Bein mit dem Stock. »Mein Bein, Sie sehen.«
Laura holte tief Atem, schauderte. Sie brauchte Zeit, die Fassung zurückzugewinnen. Der Tamile musterte sie mit interessiertem Blick. Für einen Gehbehinderten hatte er sich sehr schnell bewegt - er hatte sie im Nu eingeholt und dann zum Wagen gezogen. »Hätten Sie mich nicht festgehalten, würde ich noch immer laufen«, verriet sie ihm dankbar. »Sie sind sehr mutig.«
»Sie auch«, sagte er.
»Ich nicht, nein«, widersprach sie. Sie zitterte.
Der Tamile schien Gefallen an der Situation zu finden. Er stieß sich den Handgriff seines Spazierstocks unter das Kinn und beäugte sie listig von der Seite. »Madame, sie stritten auf der Straße mit zwei großen Datenpiraten.«
»Ja?« sagte sie überrascht. »Nun, das hat nichts zu sagen.« Nach einer verlegenen Pause fügte sie hinzu: »Jedenfalls bin ich Ihnen dankbar, daß Sie für mich Partei ergriffen haben.«
Der Tamile nickte und machte eine flüchtig abwehrende Bewegung. Dann fiel sein Blick auf etwas. »Oh, sehen Sie - dieser eklige Wodu-Zauber hat Ihren hübschen Mantel verdorben.«
An Lauras Regenmantel hafteten schleimig-blutige Flecken. Rot, dunkel glänzend. Sie keuchte angewidert und versuchte die Schultern aus dem Mantel zu befreien. Ihre Arme hinderten sie daran…
»Hier«, sagte der Tamile lächelnd, als wollte er helfen. Er hielt ihr etwas unter die Nase. Sie hörte ein Knacken.
Eine Welle von Hitze und Schwindelgefühl überkam sie, und einen Augenblick später verlor sie das Bewußtsein.
Ein stechender Geruch bohrte sich in Lauras Kopf. Ammoniak. Ihre Augen tränten. »Licht!« krächzte sie.
Die Deckenbeleuchtung verglomm zu trübem Bernstein. Sie fühlte sich alt und krank, als ob Stunden sich mit den schweren Füßen des Katzenjammers durch sie hindurchgeschleppt hätten. Sie war halb in etwas begraben - zappelte in jäher klaustrophobischer Panik…
Sie lag auf einer Art Bohnensack, gefüllt mit rundlichen Plastikkernen. Nachdem die Deckenbeleuchtung gedämpft war, bestimmte der bläuliche Schein von Fernsehgeräten die Lichtverhältnisse im Raum.
»Wieder im Land der Lebenden, Blondie?«
Laura schüttelte den Kopf. Nase und Kehle fühlten sich wie ausgebrannt. »Ich bin…« Sie nieste schmerzhaft. »Verdammt!« Sie stemmte die Ellbogen in die nachgebenden Kügelchen des Bohnensacks und richtete den Oberkörper auf.
Der Tamile saß auf einem Stuhl aus Plastik und Stahlrohr und aß eine chinesische Mahlzeit
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