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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Krapfen, die von einem Teller gefallen sind. Dann entzündete sich das Gummi und spie schwarzen Rauch.
    Dervit wischte sich die Augen. »Es stinkt…«
    »Lieber hier oben sein, als da unten auf den Straßen!«
    »Wir könnten uns einem Hubschrauber ergeben«, sagte Suvendra. »Hier auf dem Dach ist genug Platz für eine Landung, und wenn wir mit einer weißen Fahne signalisieren, könnten sie uns rasch festnehmen.«
    »Sehr gute Idee!«
    »Wir brauchen ein Leintuch, wenn sie uns welche gelassen haben…«
    Mr. Suvendra und ein Gehilfe namens Bima gingen hinunter, um ein Laken aufzutreiben.
    Lange, ermüdende Minuten vergingen. Im Augenblick waren keine Zeichen von Gewalt auszumachen, aber die Stille brachte keine Erleichterung. Sie verstärkte nur das paranoide Gefühl, verfolgt zu sein, belagert zu werden.
    Unten am Kai drängten sich Gruppen von Rebellen um ihre Funksprechgeräte. Es waren billige, massenproduzierte Spielzeuggeräte, Dritteweltexport, deren Herstellungskosten wenige Cents betrugen. Wer, zum Teufel, brauchte Funksprechgeräte, wenn man ein drahtloses Telefon am Handgelenk tragen konnte? Aber die Leute von der ALP dachten nicht so.
    »Ich glaube nicht, daß die Polizei damit fertig wird«, sagte Laura. »Sie wird wohl die Armee herbeirufen müssen.«
    Endlich kamen Mr. Suvendra und Bima zurück, beladen mit hastig zusammengerafften Bettlaken und ein paar Packungen Fertignahrung, die von den Plünderern übersehen worden waren. Die Rebellen hatten sie nicht belästigt; hatten sie anscheinend kaum beachtet.
    Sie breiteten ein Laken auf dem Dach aus, Suvendra kniete darauf nieder und schmierte mit einem dicken Filzstift ein schwarzes SOS auf das Gewebe. Ein zweites Laken zerrissen sie zu einer weißen Fahne und weißen Armbinden.
    »Primitiv, aber wirksam«, sagte Suvendra.
    »Jetzt winken wir dem nächsten Hubschrauber.«
    Der Junge, der den Fernseher überwachte, schrie herüber: »Die Armee ist in Johore!«
    Sie ließen alles fallen und stürzten zum Fernseher.
    Der malayische Nachrichtensprecher war bestürzt. Singapurs Armee hatte in einem Überraschungsangriff die Meerenge überwunden und war in Johore Bahru eingedrungen. Eine gepanzerte Kolonne raste durch die Stadt, ohne auf Widerstand zu stoßen - nicht, daß Maphilindonesia im Augenblick viel dagegen unternehmen konnte. Singapur bezeichnete den Angriff als ›Polizeiaktion‹.
    »Gott, nein«, sagte Laura. »Wie können sie nur so dumm sein?«
    »Sie besetzen die Reservoire«, sagte Mr. Suvendra.
    »Was?«
    »Der größte Teil der Wasserversorgung von Singapur kommt vom Festland. Ohne Wasser kann Singapur nicht verteidigt werden.«
    »Sie haben es schon einmal so gemacht, während der Konfrontation«, sagte Mrs. Suvendra. »Die Regierung Malaysias war sehr verärgert über Singapur und versuchte ihm die Wasserversorgung abzuschneiden.«
    »Was geschah damals?« fragte Laura.
    »Sie stürmten durch Johore und drangen gegen Kuala Lumpur vor, der Hauptstadt Malaysias… Die malaysische Armee lief davon, die malaysische Regierung wurde gestürzt… Darauf wurde die neue Föderation Maphilindonesia gegründet. Die neue Bundesregierung war sehr freundlich zu Singapur, bis man hier Bereitschaft zeigte, hinter die Grenzen zurückzukehren.«
    »Sie haben gelernt, nicht in die ›Giftige Garnele‹ zu beißen«, sagte Mr. Suvendra. »Singapur hat eine sehr tüchtige Armee.«
    »Die Singapurer Chinesen arbeiten zu viel«, sagte Dervit. »Verursachen all diese Schwierigkeiten.«
    »Jetzt sind wir auch noch fremde Feinde«, sagte Bima mit unglücklicher Miene. »Was sollen wir tun?«
    Sie warteten auf einen Polizeihubschrauber. Einen zu finden, war nicht schwierig: Mittlerweile hatte sich ein Dutzend über dem Hafengebiet versammelt. Sie patrouillierten hin und her, wichen den Rauchsäulen aus.
    Die Rizome-Leute winkten begeistert mit ihrer weißen Flagge, wann immer einer in die Nähe kam, aber es dauerte eine gute Weile, bis einer sich herbeiließ, über ihnen zu schweben. Ein Polizist steckte den behelmten Kopf aus der Tür, schob das Visier hoch.
    Stimmengewirr und Geschrei folgten. »Keine Sorge, Rizome!« rief der Polizist schließlich. »Wir retten Sie, kein Problem!«
    »Wie viele von uns?« schrie Suvendra. Sie mußte ihren breitkrempigen Hut mit beiden Händen festhalten, daß er ihr nicht vom Wind der Rotorblätter weggerissen wurde.
    »Alle!«
    »Mit einer Maschine?« rief Suvendra verwirrt. Der kleine Polizeihubschrauber mochte bestenfalls

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