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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Rebellen.
    »Sei still, Junge«, erwiderte Hotchkiss, nicht unfreundlich. »Lu, Aw, diese zwei sind zu klein. Schmeißen wir sie wieder hinunter, nicht?«
    »Die Tür ist gesichert, Sir«, sagte Lu.
    »Gebrauchen Sie Ihren Kopf, Lu. Sie haben Ihre Seile.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Lu und grinste. Er und Aw nahmen die beiden Jungen an Kragen und Hosenboden und trugen sie zur Straßenseite des Daches. Sie zogen ihrem ersten Gefangenen eine Seilschlaufe unter den Schultern durch und sicherten sie im Nacken mit einem Karabinerhaken, der durch eine dünne Zugleine von oben geöffnet werden konnte. Von der Uferstraße drei Stockwerke tiefer stiegen wütende, blutgierige Schreie aus der Menge der erregten Rebellen herauf.
    »Na«, bemerkte Hotchkiss beiläufig, »die Krawallmacher scheinen aus Ihrer Filiale ein Operationszentrum gemacht zu haben.« Lu stieß den Gefangenen über die Brüstung, während Aw Seil und Zugleine ausgab. Der Junge segelte hilflos abwärts.
    »Aber keine Sorge«, sagte Hotchkiss. »Wir können sie zersprengen, egal wo sie stehen.«
    Suvendra verzog das Gesicht. »Wir sahen, wie sie Ihren Streifenwagen demolierten…«
    Hotchkiss rümpfte die Nase. »Den Streifenwagen hineinzuschicken, war die Idee der Politiker. Aber jetzt ist es unsere Sache.«
    Laura bemerkte, daß Hotchkiss ein militärisches Multifunktions-Uhrtelefon hatte. »Was können Sie uns sagen, Oberst? Wir sind hier oben ohne Verbindung mit der Außenwelt. Ist die Armee wirklich in Johore?«
    Er lächelte sie an. »Dies ist nicht Ihr Texas, liebes Kind. Die Armee ist bloß auf der anderen Seite der Meerenge - bloß über die Brücke. Ein paar Minuten entfernt.« Er hielt zwei Finger hoch, einen Zentimeter auseinander. »Alles Miniatur, sehen Sie.«
    Die zwei chinesischen Offiziere hatten den ersten Rebellen hinuntergelassen und hakten jetzt den zweiten an ihr Seil. In der Tiefe machten die Aufrührer ihrer Wut in einem Geheul frustrierter Beschimpfungen Luft. Steine kamen in Bogen heraufgeflogen und landeten auf dem Dach. »Knallt ihnen ein paar Magazine Farbgelee vor den Latz!« rief Hotchkiss.
    Die zwei Chinesen nahmen ihre Maschinenpistolen vom Rücken und feuerten über die Brüstung hinunter. Die automatischen Waffen machten einen Höllenlärm und spuckten Patronenhülsen. Auf der Straße kreischte die Menge vor Angst und Schmerz. Laura hörte sie auseinanderspritzen. Sie fühlte eine Aufwallung von Übelkeit.
    Hotchkiss faßte sie am Ellbogen. »Fehlt Ihnen was?«
    Sie schluckte angestrengt. »Ich sah mal einen Mann, der von einem Maschinengewehr getötet wurde.«
    »Ach, tatsächlich?« sagte Hotchkiss, interessiert. »Waren Sie in Afrika?«
    »Nein…«
    »Sie scheinen ein bißchen jung zu sein, um richtige Action gesehen zu haben… Ach ja, Grenada, ich verstehe.« Er ließ sie los. Wildes Gehämmer ließ die Stahltür zum Dach erzittern. Hotchkiss feuerte den Rest seines Magazins dagegen. Hämmerndes Knallen und Klatschen. Er warf das leere Magazin weg und stieß mit dem beiläufigen Ausdruck eines Kettenrauchers ein neues in die Waffe.
    »Ist dies nicht ›richtige Action‹?« rief Laura. Ihre Ohren dröhnten.
    »Dies ist bloß Theater, Kind«, sagte Hotchkiss in geduldigem Ton. »Diese kleinen Krawallmacher haben nicht mal Gewehre. Hätten wir so was in den schlimmen alten Tagen versucht - in Belfast oder Beirut -, würden wir jetzt mit großen Scharfschützenlöchern in uns daliegen.«
    »›Theater‹ - was soll das heißen?« fragte Laura.
    Hotchkiss schmunzelte. »Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind. Ich weiß, was richtiger Krieg ist. Falkland-Inseln, 1982. Das war ein klassischer kleiner Krieg. Kaum Fernsehleute.«
    »Dann sind Sie also Engländer, Oberst? Europäer?«
    »Engländer. Ich war S.A.S.« Hotchkiss wischte sich Schweiß vom Gesicht. »Kommandoeinheit. Aber Europa! Was für ein Verein ist das, die Gemeinsame Europäische Armee? Ein verdammter Witz, das ist es. Als wir für Königin und Vaterland kämpften… ach, das werden Sie sowieso nicht verstehen, Mädchen.« Er blickte auf seine Uhr. »Okay, da kommen unsere Jungs.«
    Hotchkiss marschierte zur Frontseite des Gebäudes. Die Rizome-Mannschaft folgte in seinem Kielwasser.
    Ein sechsrädriger gepanzerter Mannschaftstransporter brandete wie ein mächtiges graues Rhinozeros auf Gummirädern mit Leichtigkeit über und durch die Straßenbarrikade. Rikschas wurden zermalmt, Zement- und Kaffeesäcke zermalmt und beiseite geschoben. Der im Drehturm

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