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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Zeit in der Zentrale sein. Er schaute Hesseltine bewundernd nach. »Noch eine Tasse Tee, Mrs. Webster?«
    »Ja, danke.«
    »Ich habe den Eindruck, daß Sie die wahren Qualitäten Mr. Hesseltines nicht erkennen«, sagte Baptiste, während er einschenkte. »Pollard, Reilly, Sorge, Cicero… er nimmt es mit den besten Agenten der Geschichte auf! Ein Naturtalent, in allen Sätteln gerecht, mit allen Wassern gewaschen! Im Grunde eine romantische Gestalt, in eine Zeit hineingeboren, die ihm leider nur selten Gelegenheit zur Entfaltung seiner Talente gibt… Eines Tages werden Ihre Enkelkinder über diesen Mann reden.«
    Laura versuchte ihre verkrampfte Starrheit abzuschütteln. Sie mußte versuchen, sich in dieser veränderten Situation zurechtzufinden, wenn sie ihrem Überlebenswillen eine Richtung geben und ihre Aussichten einschätzen wollte. »Ein phantastisches Schiff, was Sie da haben«, plapperte sie. »Das U-Boot, meine ich.«
    »Ja. Es ist ein amerikanisches Trident-Boot mit Atomantrieb, das mehr als eine halbe Milliarde Dollar gekostet hat.«
    Sie nickte einfältig: ja, richtig. »Also ist dies ein altes U-Boot aus der Zeit des Kalten Krieges?«
    »Genau, ein Trägersystem für ballistische Raketen.«
    »Was heißt das?«
    »Es ist eine Startrampe.«
    »Wie? Ich verstehe nicht.«
    Er lächelte nachsichtig. »Ich glaube, ›nukleare Abschreckung‹ ist der Begriff, nach dem Sie suchen, Mrs. Webster.«
    »Abschreckung? Wen?«
    »Wien, natürlich. Man sollte meinen, das sei offensichtlich.«
    Laura griff zur Teetasse und trank. Eine halbe Milliarde Dollar. Atomantrieb. Ballistische Raketen. Geradesogut hätte er ihr erzählen können, daß sie hier an Bord Leichen wiederbelebten. Es war zu schrecklich, weit außerhalb ihrer Vorstellungen von Vernunft und Glaubhaftigkeit.
    Es gab keinen Beweis. Er hatte ihr nichts gezeigt. Wahrscheinlich hielt dieser Baptist sie für eine dumme, naive Frau, die alles glaubte, was er ihr auftischte, und wollte sie zum besten haben. Er schwindelte. Sie glaubte es nicht.
    »Es scheint Sie nicht zu beunruhigen«, sagte Baptiste mit Anerkennung. »Sie sind nicht abergläubisch, was die böse Atomenergie betrifft?«
    Sie schüttelte den Kopf, traute sich nicht laut zu sprechen.
    »Früher gab es Dutzende von atomgetriebenen U-Booten«, sagte Baptiste. »Frankreich hatte welche, Großbritannien, die USA, Rußland. Ausbildung, Technik, Tradition, alles war eingespielt und funktionierte reibungslos. Sie sind nicht in Gefahr - diese Männer sind nach den ursprünglichen Anleitungen und Kursprogrammen gründlich ausgebildet worden. Hinzu kommen viele moderne Verbesserungen.«
    »Keine Gefahr?«
    »Nein.«
    »Was werden Sie dann mit mir tun?«
    Er schüttelte bekümmert den Kopf, hob die Hände und ließ sie auf den Tisch fallen. Glocken ertönten. Es war Zeit zum Abendessen.
    Baptiste brachte sie in die Offiziersmesse. Es war ein unschöner kleiner Raum gleich neben dem klappernden, zischenden Lärm der Kombüse. Sie saßen auf Metallstühlen, die mit grünem und gelbem Vinyl bezogen waren, um einen fest verankerten viereckigen Tisch. Vier Offiziere waren bereits da und wurden von einem Koch mit Schürze und steifer Papiermütze bedient.
    Baptiste stellte die Offiziere als den Kapitänleutnant, den Ersten Offizier und den Diensthabenden Offizier vor. Er nannte keine Namen, und es schien sie nicht zu stören. Zwei waren Europäer, vielleicht Deutsche, der dritte sah russisch aus. Sie sprachen alle ein neutrales, dialektfreies Englisch.
    Es war von Anfang an klar, daß dies Hesseltines großer Tag war. Laura war eine Art Kriegstrophäe, die er gewonnen hatte, ein blonder Leckerbissen, auf der die Kamera während der besinnlicheren Augenblicke seiner Filmbiographie verweilen würde. Sie hatte nichts zu sagen, und keiner versuchte sie ins Gespräch zu ziehen. Die Besatzungsmitglieder bedachten sie mit seltsamen, unklaren Blicken, in denen sich Bedauern, Spekulation und etwas wie abergläubische Furcht mischten. Die Offiziere machten sich über ihre Mahlzeit her: folienverpackte Mikrowellen-Gerichte mit der Aufschrift Aero Cubana: Clase Primera. Laura bekam das gleiche und stocherte gedankenversunken in dem Essen. Aero Cubana. Sie war mit einer Maschine der Aero Cubana geflogen, mit David an der Seite und dem Baby auf dem Schoß. David und Loretta. Ach du lieber Gott…
    Die Offiziere waren anfangs verdrießlich und reizbar; die Anwesenheit der Fremden schien die Entfaltung ihrer Unbefangenheit zu

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