Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
genug, um Pretoria zu treffen.«
    »Das kann sein. Aber es beweist nicht, daß es Raketen mit nuklearen Sprengköpfen waren.«
    »Angenommen, sie bringen uns zu diesem Testgelände, und wir sehen einen großen Krater aus glasig geschmolzenem Sand, dann wäre es der Beweis, nicht wahr?«
    Laura nickte.
    »Es paßt zu etwas, das mir der Direktor einmal erzählte«, sagte Selous. »Daß sie mich eigentlich nicht als Geisel benötigten - daß unsere Städte Geiseln wären, wir wüßten es bloß nicht.«
    »Gott, warum reden die Leute so?« sagte Laura. »Grenada, Singapur…« Es machte sie sehr müde.
    »Wissen Sie, was ich glaube, Laura? Ich glaube, Sie bringen uns zu ihrem Testgelände. Um eine Erklärung aufzuzeichnen. Von mir, weil ich Südafrikanerin bin, und weil wir Südafrikaner die Leute sind, die sie im Moment beeindrucken müssen. Von Ihnen, weil Sie an Bord ihres U-Bootes waren. Ihres T rägersystems.«
    Laura dachte darüber nach. »Könnte sein. Was dann? Werden sie uns dann freilassen?«
    Selous' grünlich graue Augen bekamen einen fernen und unzugänglichen Ausdruck. »Ich bin eine Geisel. Sie werden sich nicht von Südafrika angreifen lassen, ohne einen Preis dafür zu nehmen.«
    Das konnte Laura nicht akzeptieren. »Das ist kein nennenswerter Preis, nicht wahr? Zwei hilflose Gefangene zu töten?«
    »Wahrscheinlich werden sie uns vor einer laufenden Kamera töten. Und die Videokassette der südafrikanischen Regierung schicken.«
    »Aber die südafrikanische Regierung würde sowieso alle Welt unterrichten, nicht wahr?«
    »Wir haben die Weltöffentlichkeit von Anfang an über die FAKT unterrichtet«, erwiderte Selous. »Niemand würde uns glauben, wenn wir sagten, Mali habe die Bombe. Niemand glaubt uns, wenn wir etwas sagen. Sie verhöhnen uns nur und nennen uns in ihren Medien ein faschistisches Regime‹ und einen ›aggressiven imperialistischen Staat‹.«
    »Oh«, wich Laura aus.
    »Wir sind ein Reich«, sagte Selous mit fester Stimme. »Verteidigungsminister Umtali ist ein großer Krieger. Alle Zulus sind große Krieger.«
    Laura nickte. »Ja, wir Amerikaner hatten auch mal einen schwarzen Präsidenten…«
    »Ach, dieser Mann taugte nicht viel«, sagte Selous. »Ihr Yankees habt nicht einmal eine brauchbare Regierung - nur kapitalistische Kartelle. Aber Umtali kämpfte im Bürgerkrieg auf unserer Seite und brachte Ordnung, wo Wildheit und Barbarei herrschten. Ein brillanter Heerführer und ein echter Staatsmann.«
    »Freut mich, daß Sie Ihre Schwarzen für sich gewinnen konnten«, sagte Laura.
    »Unsere Schwarzen sind die besten Schwarzen der Welt!«
    Hitze und Staub setzten ihr zu, aber Laura konnte es nicht darauf beruhen lassen. »Sehen Sie, ich bin keine große Yankeenationalistin, aber was ist mit Jazz… ah… Blues, Martin Luther King?«
    »Martin Luther King«, sagte Selous. »Für ihn war der Kampf um die Gleichberechtigung eine Abendgesellschaft, verglichen mit dem, was Nelson Mandela durchmachen mußte. Er konnte sich nebenher sogar zum Frauenhelden entwickeln.«
    »Ja, aber…«
    »Eure Schwarzen sind keine richtigen Schwarzen mehr. Sie sind alle angepaßt, versuchen wie Europäer auszusehen.«
    »Augenblick!«
    »Sie haben nie die Schwarzen in Südafrika gesehen, aber ich habe die amerikanischen Schwarzen gesehen. Sie reisen als Touristen in der Welt herum, drängen sich in den Restaurants und verspielen ihre harte Währung in Spielkasinos. Sie sind reich und verweichlicht.«
    »Ja, ich komme selbst aus einem Fremdenverkehrsort.«
    »Wir haben eine Kriegswirtschaft, wir brauchen die Devisen… Wir kämpfen gegen das Chaos, den endlosen Alptraum, der Schwarzafrika heißt… Wir wissen, was es bedeutet, Opfer zu bringen.« Sie hielt inne. »Es hört sich hart an, wie? Das tut mir leid. Aber ihr Außenseiter versteht nicht.«
    Laura blickte hinaus in die Staubwolken hinter dem Lastwagen. »Das ist wahr.«
    »Es scheint das Los meiner Generation zu sein, daß wir für die Fehler der Geschichte geradestehen müssen.«
    »Sie sind wirklich überzeugt, daß man uns umbringen wird?«
    »Ich würde es bedauern, wenn Sie hineingezogen würden.«
    »Sie töteten einen Mann vor meinem Haus«, sagte Laura. »Damit fing alles für mich an. Ich weiß, aus der Perspektive, die man hier gewinnt, nimmt sich ein Toter bedeutungslos aus. Aber ich konnte es nicht auf sich beruhen lassen. Ich fühlte mich verantwortlich dafür, was auf meinem Grund und Boden geschah. Glauben Sie mir, ich hatte viel

Weitere Kostenlose Bücher