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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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sind besser, wenn du sie nicht haben kannst«, sagte er. »Phantastisch, nicht? Pervers. Wie wenn man sich mit einem Hammer auf den Kopf schlägt, weil es sich so gut anfühlt, wenn der Schmerz nachläßt.« Er trank den öligen Saft aus der Dose. »Manche Leute sind so verdrahtet.«
    »Bist du deshalb in die Wüste gekommen?«
    »Vielleicht«, sagte er. »Die Wüste ist rein. Die Dünen - alles Linien und Formen. Wie gute Computergrafik.« Er stellte die Dose weg. »Aber das ist nicht alles. Diese Gegend hier ist der Kern des Unheils. Unheil ist, wo ich lebe.«
    »Aber du bist Amerikaner«, sagte sie mit einem Blick zu Katje. »Du bist freiwillig hergekommen.«
    Er dachte nach. Sie merkte, daß er mit etwas rang. Mit einem Bekenntnis.
    »Als ich zur Schule ging«, sagte er, »kamen eines Tages ein paar Leute mit Videokamera und Mikrofon in unsere Klasse. Sie wollten wissen, wie wir uns die Zukunft vorstellten. Sie machten Kurzinterviews mit uns. Die Hälfte von uns sagte, sie wollten Ärzte werden, oder Astronauten, und all diesen Scheiß. Und die andere Hälfte sagte, sie rechneten damit, daß sie im Atomblitz geröstet würden.« Er lächelte sinnend. »Ich war einer von denen. Ein Katastrophenfreak. Weißt du, nach einer Weile gewöhnt man sich daran. Man erreicht einen Punkt, wo man Unbehagen verspürt, wenn die Dinge anfangen, sich zum Besseren zu wenden.« Er begegnete ihrem Blick. »Du bist aber nicht so.«
    »Nein«, sagte sie. »Zu spät geboren, glaube ich. Ich war immer überzeugt, daß ich helfen könnte, die Verhältnisse zu verbessern.«
    »Ja«, sagte er. »Das ist auch mein Vorwand. Möchtest du Abalone?«
    Laura schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich kann nicht. Ich könnte es nicht genießen, nicht jetzt, nicht vor ihr.« Nach dem Essen überkam sie Schläfrigkeit. Sie legte den Kopf an seine Schulter. »Wird sie sterben?«
    Keine Antwort.
    »Wenn sie stirbt, und du nicht zu dem Lager fährst, was wirst du mit mir anfangen?«
    Langes Stillschweigen. »Ich werde dich zu meinem Harem bringen und deinen Körper mit Silber und Smaragden bedecken.«
    »Großer Gott.« Sie starrte ihn an. »Was für eine wundervolle Lüge.«
    »Nein, das werde ich nicht tun. Ich werde einen Weg suchen, um dich zurück zu deinem Netz zu bringen.«
    »Nach dem Interview?«
    Er schloß die Augen. »Ich bin nicht sicher, daß das eine gute Idee ist. Du magst eine Zukunft in der Außenwelt haben, wenn du über FAKT und die Bombe und Wien den Mund hältst. Aber wenn du versuchst, aller Welt zu sagen, was du weißt…«
    »Das ist mir gleich«, sagte sie. »Es ist die Wahrheit, und die Welt muß sie wissen. Ich muß es erzählen. Alles.«
    »Das ist unklug«, sagte er. »Sie werden nicht auf dich hören und dich hinter Schloß und Riegel bringen.«
    »Ich werde sie zwingen, auf mich zu hören, das kann ich.«
    »Nein, kannst du nicht. Du wirst als Unperson enden, wie ich. Zensiert, vergessen. Ich weiß es, ich habe es versucht. Du bist nicht groß genug, um das Netz zu verändern.«
    »Niemand ist groß genug. Aber es muß sich ändern.«
    Er blies das Licht aus.
     
    Katje weckte sie vor Tagesanbruch. Sie hatte erbrochen und hustete. Gresham zündete eilig die Kerze an, und Laura kniete über ihr.
    Katje wirkte geschwollen und war heiß vom Fieber. Die Verschorfung der Einschußwunde war aufgebrochen, und sie blutete wieder. Die Wunde roch schlimm, ein Todesgeruch von Exkrementen und Infektion. Gresham hielt die Kerze über sie. »Bauchfellentzündung, glaube ich.«
    Eine Aufwallung von Verzweiflung ergriff Laura. »Ich hätte ihr nichts zu essen geben sollen!«
    »Du gabst ihr zu essen?«
    »Sie bettelte mich darum! Ich mußte! Es war ein Akt der Barmherzigkeit…«
    »Laura, du darfst jemandem mit einem Bauchschuß nichts zu essen geben!«
    »Verdammt! Es gibt nichts, was man bei einer wie ihr richtig machen kann, wenn ärztliche Hilfe nicht möglich ist…« Sie wischte sich mit wütender Bewegung Tränen aus den Augen. »Verdammt noch mal, sie wird sterben, nach allem!«
    »Sie ist noch nicht tot. Wir haben es nicht mehr so weit. Fahren wir!«
    Sie luden Katje in den Wagen, packten auf und brachen das Lager ab, stolpernd in der Dunkelheit. Unterdessen begann Katje zu sprechen, murmelte abwechselnd auf englisch und afrikaans. Zuerst dachte Laura, sie phantasiere, dann aber hörte sie, daß es Gebete waren. Sie wollte nicht sterben, und nun bat sie Gott um Hilfe. Den Gott, wer immer er war, der über Afrika herrschte und

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