Inseln im Netz
Handvoll.
Gresham tauchte aus dem Dickicht der Kreosotbüsche auf, eine massige Gestalt, eingehüllt bis zu den Augen, einen Sack über die Schulter geworfen. Er griff mehrmals hinein und warf jedesmal eine Handvoll von etwas im Halbkreis auf den Boden, wie ein Sämann. Sie hatte keine Ahnung, was es war.
»Sie hat die Nacht überstanden«, sagte Gresham, während er sich die Hände wischte. »Sprach sogar ein bißchen, heute morgen. Die Schmerzen scheinen erträglich zu sein. Zähe Leute, diese Buren.«
Laura stand auf. Ihre steifen Muskeln schmerzten bei jeder Bewegung. Sie schämte sich. »Ich bin nicht sehr nützlich, nicht wahr?«
»Es ist nicht Ihre Welt.« Gresham half dem Tuareg beim Zusammenfalten des Zeltdachs. »Nicht viel Verfolgung, diesmal… Wir pflanzten ein paar Fackeln, vielleicht haben sie die Suchflugzeuge abgelenkt. Oder sie halten uns für eine südafrikanische Kommandoeinheit… Ich hoffe es. So könnten wir etwas Interessantes provozieren.«
Sein Wohlbehagen entsetzte sie. »Aber wenn FAKT die Bombe hat… Sie können nicht Leute provozieren, die in der Lage sind, ganze Städte zu vernichten!«
Er war unbeeindruckt. »Die Welt ist voll von Städten.« Er blickte auf eine Armbanduhr mit geflochtenem Lederband. »Wir haben einen langen Tag vor uns, also los!«
Er hatte das Gepäck umverteilt und einen Teil seiner Ladung auf einem anderen Wagen verstaut. Katje lag in einem Nest aus Decken und Teppichen, beschirmt von der Zeltbahn, und hatte die Augen offen.
»Guten Morgen«, flüsterte sie.
Laura setzte sich zu ihr und verkeilte die Beine so gut es ging zwischen dem Gepäck, während Gresham das Fahrzeug startete. Es winselte widerwillig, als es träge beschleunigte - Batterieschwächung, dachte sie.
Sie fühlte Katje den Puls. Er war leicht und unregelmäßig. »Wir werden Sie zu Ihren Leuten zurückbringen, Katje. Hauptsache, Sie halten bis morgen durch.«
Katje nickte unmerklich. Ihre Haut war durchsichtig, die Adern schienen durch. »Er ist ein Wilder«, murmelte sie, »ein Anarchist…«
»Versuchen Sie, Ihre Kräfte zu schonen. Sie und ich, wir werden das hier überstehen. Überleben, um davon zu berichten.« Die Sonne spähte über den Horizont, eine orangefarbene Hitzeblase.
Zeit verging, und die Tageserwärmung nahm rascher zu, als sie Kilometer hinter sich brachten. Sie verließen die eigentliche Sahara und kamen durch Gebiete, die ihre Humusschicht noch nicht ganz durch Austrocknung und Winderosion eingebüßt hatten. Dies war einmal Wüstensteppe gewesen, als Weideland genutzt und durch Überweidung zugrunde gerichtet worden. Sie passierten wiederholt die Mumien toter Rinder, bleiche Knochen in rissigen Lederfetzen.
Sie hatte den wahren Umfang des afrikanischen Unheils nie erkannt. Es war von kontinentalen Dimensionen. Sie hatten Hunderte von Kilometern zurückgelegt, ohne ein anderes menschliches Wesen zu erblicken, ohne mehr zu sehen als ein paar kreisende Vögel und die Fährten von Eidechsen. Sie hatte Gresham für rücksichtslos und vorsätzlich brutal gehalten, doch allmählich verstand sie, wie wenig ihn die FAKT und ihr Waffenarsenal kümmerten. Sie lebten hier, es war ihre Heimat. Wenn andere Landstriche durch Atombomben verwüstet wurden, machten sie sich nicht viel daraus; es würde lediglich mehr von dem entstehen, was hier ihre gewohnte Umgebung war.
Am Nachmittag entdeckte ein Suchflugzeug einen der Tuareg-Geländewagen und zerstörte ihn. Laura sah das Flugzeug nicht, kein Zeichen der tödlichen Begegnung, außer einer entfernten Rauchsäule. Sie hielten an und suchten Deckung, bis die Drohne nach einer halben Stunde ihren Treibstoffvorrat oder ihre Munition verbraucht hatte.
Sofort stellten sich Fliegen ein. Große, unerschrockene Wüstenfliegen, auf die Katjes blutbefleckte Kleider wie Magneten wirkten. Sie mußten weggestoßen, weggeschlagen werden, bevor sie endlich ihren Platz aufgaben.
Und selbst dann machten sie nur einen kurzen, summenden Bogen und landeten wieder. Laura wehrte sie grimmig ab, als sie auf ihrer Brille landeten und versuchten, Feuchtigkeit aus ihrer Nase und von ihren Lippen zu saugen.
Endlich signalisierten sich die verstreuten Mitglieder der Kolonne, daß es weitergehen könne. Der Fahrer hatte unverletzt überlebt; ein Gefährte hatte ihn aufgenommen, das ausgebrannte Wrack blieb zurück.
»Nun, damit ist die Sache klar«, bemerkte Gresham, als sie weiterfuhren. Irgendwo hatte er eine Sonnenbrille mit Spiegelgläsern
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