Inseln im Netz
herausholte, was er wissen wollte, daß alles meine Schuld war.« Sie brach in Tränen aus. »Und dann dies! Ich weiß nicht, warum ich überhaupt hergekommen bin. Ich wünschte, wir wären wieder in Mexiko. Ich wünschte, wir wären in der Hölle!«
»Um Himmels willen, Emily, rede nicht so!«
»Ich habe mein Amt und das Unternehmen entehrt. Und Gott allein weiß, was ich mit meinem Privatleben gemacht habe.« Sie schluchzte. »Sieh nur, was ich getan habe - meine beste Freundin habe ich verraten. Du warst im Gefängnis, und ich schlief mit deinem Mann! Du mußt meinen Tod wünschen.«
»Nein, das tue ich nicht!« sagte Laura. »Wozu sollte das gut sein?«
Emily starrte sie an. Die Bemerkung verwirrte sie. »Ich kannte dich wirklich gut«, sagte sie, »ich verließ mich auf dich. Du warst die beste Freundin, die ich je hatte… Weißt du, als ich zuerst hierher kam, David zu besuchen, dachte ich, ich täte dir einen Gefallen. Weißt du, ich mochte ihn, aber er war nicht gerade gut für die Moral. Beklagte sich, beschimpfte Leute, trank zuviel. Ich sagte mir, meine tote Freundin würde wünschen, daß ich mich um David kümmere. Ich versuchte wirklich Gutes zu tun, und es war das Schlechteste, was ich je getan habe.«
»Ich hätte genauso gehandelt«, sagte Laura.
Emily setzte sich in einen der Liegestühle und zog die Beine unter sich. »Das möchte ich nicht hören«, sagte sie. »Ich möchte, daß du mir sagst, wie sehr du mich haßt. Ich kann es nicht ertragen, wenn du soviel edler bist als ich.«
»Gut, Emily.« Die Wahrheit platzte aus ihr heraus wie ein Abszeß. »Wenn ich daran denke, daß du mit David schläfst, möchte ich dir die verdammte Kehle herausreißen.«
Emily saß da und steckte es ein. Sie erschauerte. »Ich kann es nicht wiedergutmachen. Aber ich kann weglaufen.«
»Tu es nicht, Emily. Das hat er nicht verdient. Er ist ein guter Mann. Er liebt mich nicht mehr, aber dafür kann er nichts. Wir sind jetzt einfach zu weit auseinander.«
Emily blickte auf. Hoffnung dämmerte. »Also ist es wahr? Du willst ihn mir nicht wegnehmen?«
»Nein.« Sie zwang sich, die Worte leichthin zu sagen. »Wir werden die Scheidung erwirken. Es wird keine großen Umstände geben… Den einzigen Ärger wird es mit den Journalisten geben.«
Emily blickte ins Leere. Sie nahm das Geschenk an. »Weißt du, ich liebe ihn wirklich. Ich meine, er ist einfach, und manchmal irgendwie unbesonnen, aber er hat seine guten Seiten.« Sie hatte nichts zu verbergen. »Ich brauche nicht mal die Pille. Ich liebe ihn einfach. Ich habe mich an ihn gewöhnt. Wir sprechen sogar davon, ein Kind zu haben.«
»Ach, wirklich?« Laura setzte sich. Der Gedanke war so seltsam, daß er sie irgendwie nicht berührte. Es erschien ihr erfreulich, familiär. »Versuchst du es?«
»Noch nicht, aber…« Sie hielt inne. »Laura? Wir werden dies überleben, nicht? Ich meine, es wird nicht so sein, wie es war, aber wir brauchen einander nicht umzubringen. Wir werden uns vertragen?«
»Ja.« Lange Stille.
Sie neigte sich zu Emily. Nun, da sie sich ausgesprochen hatten, kam ein Abglanz der alten Übereinstimmung zurück. Eine Art unterirdisches Prickeln, als ihre begrabene Freundschaft sich regte.
Emilys Miene hellte sich auf. Auch sie spürte es.
Es währte lange genug, daß sie die Arme umeinander legten, als sie wieder hineingingen.
Alle lächelten.
Sie verbrachte Weihnachten bei ihrer Mutter in Dallas. Und Loretta war da. Ein kleines Mädchen, das fortlief, als es die Dame mit Hut und Sonnenbrille sah, und das Gesicht im Kleid der Großmutter barg.
Sie war ein niedliches kleines Ding. Abstehende blonde Zöpfe, graugrüne Augen. Und nachdem sie die anfängliche Scheu verloren hatte, zeigte sich, daß sie gern schwatzte und lachte. Sie sang ein kleines Weihnachtslied, dessen Verse größtenteils ›na na na na‹ lauteten, und nach einer Weile setzte sie sich Laura auf den Schoß und nannte sie ›rara‹.
»Sie ist wundervoll«, sagte Laura zu ihrer Mutter. »Du hast deine Sache wirklich gut gemacht.«
»Du glaubst nicht, welch eine Freude sie für mich ist«, sagte Margaret Alice Day Garfield Nakamura Simpson. »Ich verlor dich, dann hatte ich sie, und nun habe ich euch beide. Es ist wie ein Wunder. Es vergeht kein Tag, daß ich nicht dafür dankbar bin. In meinem ganzen Leben bin ich nicht so glücklich gewesen wie jetzt.«
»Wirklich, Mutter?«
»Ich habe gute und schlechte Zeiten erlebt - dies ist für mich die beste Zeit.
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