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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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daß ihre Schwächen publik werden könnten. Außerdem war nicht zu übersehen, daß sie einander verdächtigten.
    Laura hatte den wahren Umfang und die Art und Weise der Operationen, die von den Steueroasen aus abgewickelt wurden, bis dahin nicht gekannt, aber sie saß still dabei, lauschte und beobachtete und lernte rasch dazu.
    Die Piraten kopierten und synchronisierten kommerzielle Videobänder zu Hunderttausenden und verkauften sie auf den schlecht überwachten Märkten der Dritten Welt. Und ihre Mannschaften von Programmierern und Softwarespezialisten fanden einen aufnahmefähigen Markt für Computerprogramme aller Art, die, ihres Urheberrechtsschutzes beraubt, günstig angeboten werden konnten. Diese Art von Piraterie war nichts Neues; sie ließ sich bis in die Frühzeit der Informationsindustrie zurückverfolgen.
    Aber Laura hatte nie begriffen, welche Gewinne mit der Umgehung der Urheberrechte und der Datenschutzgesetze in den entwickelten Ländern gemacht werden konnten. Zehntausende von Unternehmen bewahrten in ihren Datenspeichern umfangreiche Personalakten, Buchhaltungsunterlagen und Kreditverträge. In der vernetzten Wirtschaft konnte kein größeres Unternehmen ohne den dadurch gegebenen raschen Zugriff auf alle innerbetrieblichen Informationen bestehen. Im allgemeinen wurde dieses Datenmaterial von den Unternehmen nach den Vorschriften der Datenschutzgesetze nach Ablauf einer bestimmten Frist gelöscht.
    Aber ehe dies geschah, gelangten große Mengen des Materials in den Besitz von Datenhaien, sei es durch Bestechung von Angestellten, durch illegales Anzapfen von Datenverbundsystemen oder durch regelrechte kommerzielle Spionage. Rechtschaffene Unternehmen arbeiteten mit spezialisierten Sektoren von Fachwissen, aber die Datenhaie machten es sich zur Aufgabe, Material jeglicher Art zu sammeln und in ihre Speicher zu laden. Der Zugriff auf die nach Sachgebieten geordneten Daten war einfach, und ihre Datenspeicher waren riesig und wuchsen weiter.
    Auch fehlte es ihnen nicht an Kunden. So waren zum Beispiel Kreditinstitute darauf angewiesen, schlechte Risiken zu vermeiden und säumige Schuldner zu verfolgen. Versicherer hatten ähnliche Probleme. Marktforscher hungerten nach genauen Daten über Einzelpersonen. Gleiches galt für Spendensammler. Spezialisierte Anschriftenverzeichnisse fanden einen expandierenden Markt. Zeitungsverlage und Journalisten zahlten für Subskriptionslisten und gezielte Hintergrundinformationen: Ein heimlicher Anruf bei einer illegalen Datenbank konnte Gerüchte erhärten und Fakten liefern, die von Regierungen, Parteien und Organisationen unterdrückt wurden.
    Private Sicherheitsagenturen waren in der Dritten Halbwelt zu Hause. Seit dem Zusammenbruch der Geheimdienstapparate des Kalten Krieges gab es Legionen von alternden, demobilisierten Agenten, die sich mühsam im privatwirtschaftlichen Sektor durchschlugen. Eine abgeschirmte Fernsprechleitung zu den illegalen Datenbanken war ein Segen für einen Privatdetektiv. Datenhaie kauften oder stahlen Informationen, sammelten und stellten sie nach Bedarf zusammen, um sie wieder zu verkaufen - als ein neues und unheimliches Ganzes. So arbeiteten sie sich allmählich zum Status eines Orwellschen Großen Bruders empor.
    Sie machten ein Geschäft aus dem Sammeln, Sichten, Ordnen und Katalogisieren von Daten - wie jede andere moderne kommerzielle Datenbank. Mit dem Unterschied, daß die Piraten räuberisch waren. Wenn sie konnten, verschafften sie sich nach Art der Hacker Zugang zu anderen Datenbanken und schluckten alles, was sie stehlen konnten, ohne sich um Urheberrechte zu kümmern.
    Anders als altmodische Schmuggler brauchten die Datenpiraten ihre Beute niemals selbst in die Hände zu nehmen. Datenmaterial hatte keine Substanz. Die EFT-Commerzbank zum Beispiel war eine eingetragene und legitime Gesellschaft in Luxemburg. Ihr illegales Nervenzentrum war sicher verstaut im türkischen Nordteil Zyperns. Das gleiche galt für die Singapurer; sie hatten die ehrenwerte Tarnung einer seriösen Geschäftsadresse in der Bencoolen Street, während die Maschinerie fröhlich auf Nauru summte, einem souveränen pazifischen Inselstaat mit einer Bevölkerung von 12.000 Menschen. Die Grenadiner ihrerseits verzichteten auf derartige Tarnungen; sie setzten sich in ihrer Heimat unverfroren durch.
    Alle drei Gruppen waren zugleich Finanzinstitute, die am normalen Bankgeschäft teilnahmen. Das kam ihnen bei der Geldwäsche und zur Bereitstellung

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