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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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einwirken. »Wir offerierten ihnen sechs mögliche Versammlungsorte. Es hätten ebensogut die Valenzuelas in Puerto Vallarta sein können. Oder die Warburtons in Arkansas.«
    »Wie lange wird diese Konferenz nach Ihrer Schätzung dauern?« fragte David.
    »Fünf Tage. Höchstens eine Woche.« Sie nippte an ihrem geeisten Tee. »Es liegt an uns, für Sicherheit zu sorgen, sobald die Konferenz begonnen hat. Verstehen Sie? Abgeschlossene Türen, zugezogene Vorhänge. Kein Herein- und Hinausgerenne.«
    David runzelte die Stirn. »Wir brauchen Vorräte. Ich werde Mrs. Delrosario Bescheid geben.«
    »Ich kann mich um die Vorräte kümmern.«
    »Mrs. Delrosario ist sehr eigen, wenn es darum geht, wo sie die Sachen einkauft«, sagte David.
    »Ach du lieber Gott«, sagte Mrs. Emerson. »Nun, Vorräte sind nicht das Hauptproblem.« Sie kostete vorsichtig von ihren pfeffergefüllten Rellenos. »Einige der Teilnehmer bringen möglicherweise ihre eigenen Vorräte mit.«
    David war verblüfft. »Sie haben Angst, unsere Speisen zu essen? Sie denken, wir würden sie vergiften.«
    »Hören Sie, es ist ein Zeichen ihres besonderen Vertrauens in Rizome, daß die drei Banken sich bereit erklärt haben, überhaupt hier eine Konferenz abzuhalten. Nicht uns mißtrauen sie, sondern einander.«
    David war alarmiert. »Worauf lassen wir uns da ein? Wir haben hier ein Kleinkind! Von unserem Personal ganz zu schweigen.«
    Emerson sah verletzt aus. »Würde Ihnen wohler sein, wenn das Ferienheim voll von bewaffneten Werkschutzleuten wäre? Oder wenn Rizome überhaupt bewaffnete Werkschutzleute hätte? Wir können diese Leute nicht mit Gewalt konfrontieren, und wir sollten es auch nicht versuchen. Darin liegt unsere Stärke.«
    »Mit anderen Worten, weil wir harmlos sind, wird man uns nichts tun«, sagte Laura.
    »Wir wollen Spannung abbauen. Wir haben nicht die Absicht, diese Piraten festzunehmen, abzuurteilen, auszuschalten. Wir haben uns für den Weg der Verhandlungen entschieden. Das ist eine moderne Lösung. Sie hat sich beim Abbau des Wettrüstens bewährt. Sie hat sich in der Dritten Welt bewährt.«
    »Mit Ausnahme Afrikas«, sagte David.
    Emerson zuckte die Achseln. »Es ist ein langfristiges Bemühen. Der alte Ost-Westkonflikt, der Gegensatz zwischen Norden und Süden… das waren beides alte Streitfragen, die wir von unseren Vorläufern übernehmen mußten. Aber jetzt sehen wir uns einer wahrhaft neuzeitlichen Herausforderung gegenüber. Diese Konferenz ist ein Teil davon.«
    David sah sie überrascht an. »Kommen Sie, es sind keine Verhandlungen über Atomwaffen. Ich habe von diesen Datenräubern gelesen. Das sind Schlafsackpiraten, schundige Profithaie, die in der Welt kein Gewicht haben. Mögen sie sich Bankiers nennen und dreiteilige Anzüge tragen, mögen sie Privatjets fliegen und in den Wäldern der Toskana auf Wildschweinjagd gehen, sie bleiben miese und charakterlose Profitmacher.«
    »Das ist eine durchaus richtige Einstellung«, sagte Emerson. »Aber unterschätzen Sie nicht die Möglichkeiten, die die Steueroasen ihnen bieten. Bisher sind sie bloß Parasiten. Sie stehlen Software, sie schmuggeln Raubkopien von Videos und CDs auf den Markt, sie sammeln Daten, wo sie sie bekommen können, ohne sich um Datenschutzgesetze zu kümmern. Das sind lästige Verdrießlichkeiten, aber das System kann sie verkraften. Wie sieht es jedoch mit dem Potential aus? Es gibt potentielle Schwarze Märkte für Gentechnik, Organverpflanzung, neurochemische Erzeugnisse - für eine Fülle von modernen High-Tech-Produkten. Hacker, die im Netz ihr Unwesen treiben, sind schlimm genug, aber was geschieht, wenn die Möglichkeiten der Gentechnik von skrupellosen Geschäftemachern ausgebeutet werden?«
    David schauderte. »Also, das darf nicht zugelassen werden.«
    »Aber diese Steueroasen sind souveräne Nationalstaaten«, sagte Emerson. »Eine kleine Drittweltnation wie Grenada kann durch den lockeren Umgang mit neuen Techniken eine Menge Geld verdienen. So ein Staatswesen mag die Hoffnung hegen, ein Zentrum der Innovation zu werden, geradeso wie die Cayman-Inseln und Panama durch entsprechend weitherzige Gesetzgebung zu finanziellen Zentren geworden sind. Effektive Gesetze und Verordnungen werden oft als eine Last empfunden, und multinationale Unternehmen sind immer versucht, sich derartigen Einschränkungen zu entziehen. Was wird aus Rizome, wenn unsere Konkurrenten ihre Firmensitze in solche Länder verlegen, um den einschränkenden Bestimmungen und

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