Inseln im Netz
Wir sind es gewohnt, Yankees mit und ohne Hosen herumlaufen zu sehen. Es schockiert uns nicht mehr.« Er hielt inne und überlegte, oder tat so, als überlege er. »Allerdings fordert dieses AIDS-Virus - wir nennen es schon lange Yankeetripper - Opfer unter unseren arbeitenden Mädchen.«
Laura zügelte ihr Temperament. »Diese Aufpasser verlocken uns nicht, Hauptmann.«
»Ah, Verzeihung«, sagte Sticky. »Ich vergaß, daß Sie mit Atlanta verbunden sind. Da müssen Sie natürlich auf gute Manieren achten, dürfen nicht ungesittete Reden führen… solange die mithören können.«
(»Wenn ihr Heuchler seid«,) flüsterte Emily, (»hat er das Recht, ekelhaft zu sein.«)
»Sie möchten beweisen, daß wir Heuchler sind«, sagte
David, »weil es Ihnen das Recht gibt, uns zu beleidigen.« Sticky zögerte, um eine Antwort verlegen. »Sehen Sie«, sagte David besänftigend, »wir sind Ihre Gäste. Wenn Sie uns mit diesen sogenannten Bediensteten umgeben wollen, ist das Ihre Sache.«
Laura sprang ihm bei. »Vielleicht trauen Sie uns nicht.« Sie gab vor, den Gedanken zu verfolgen. »Vielleicht ist es eine gute Idee, uns vom Hauspersonal beobachten zu lassen, für den Fall, daß wir versuchen sollten, nach Galveston zurückzuschwimmen.«
»Wir werden darüber nachdenken«, sagte Sticky widerwillig. Die Türglocke läutete, und sie eilten hinaus, aber die Bediensteten waren ihnen zuvorgekommen. Das Gepäck war eingetroffen. Rajiv und Jimmy luden bereits Reisetaschen aus.
»Ich kann das Kind nehmen, Madam«, erbot sich Rita. Laura tat, als hätte sie nicht gehört, spähte über die Veranda hinaus. Zwei neue Wächter standen unter den Lampen am Tor.
Sticky gab ihnen zwei identische Schlüsselkarten. »Ich muß gehen - habe noch anderswo zu tun. Machen Sie es sich gemütlich. Nehmen Sie, was Sie wollen, gebrauchen Sie, was Sie wollen, das Haus gehört Ihnen. Der alte Mr. Gelli wird sich nicht beklagen.«
»Wann kommen wir mit der Bank zusammen?« fragte Laura.
»Bald«, sagte Sticky vage. Er lief die Stufen hinunter; der Hyundai öffnete die Türen, und er sprang hinein, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Der Wagen fuhr davon.
Im Salon trafen sie wieder auf die Bediensteten und standen unbehaglich beisammen, gehemmt durch ungelöste Spannungen. »Eine kleine Mahlzeit, Sir, Madam?« schlug Rajiv vor.
»Nein danke, Rajiv.« Sie wußte nicht, wie sie Rajivs ethnischen Hintergrund richtig deuten sollte. Indo-karibisch? Hindu-grenadinisch?
»Wünschen Madame ein Bad?«
Laura schüttelte den Kopf. »Sie können uns Mr. und Mrs. Webster nennen«, schlug sie vor. »Oder meinetwegen David und Laura.« Die drei Grenadiner blickten mit steinernen Mienen zurück.
Loretta wählte geschickt diesen Augenblick, um in Geschrei auszubrechen. »Wir sind alle ein bißchen müde von der Reise«, sagte David vernehmlich. »Ich denke, wir werden uns ins Schlafzimmer zurückziehen. Also werden wir Sie heute nacht nicht mehr brauchen, danke.« Es kam zu einem kurzen Handgemenge um die Reisetaschen, aus dem Rajiv und Jimmy siegreich hervorgingen. Triumphierend trugen sie das Gepäck ins Schlafzimmer. »Wir packen für Sie aus«, verkündete Rajiv.
»Danke sehr, nein!« David breitete die Arme aus und trieb sie durch die Schlafzimmertür, die er hinter ihnen absperrte.
»Wir sind oben, wenn Sie uns brauchen, Sir, Madame«, rief Jimmy durch die Tür. »Die Sprechanlage ist außer Betrieb, also rufen Sie ganz laut!«
David hob Loretta aus ihrer Tragtasche und machte sich daran, ihre Mahlzeit zu bereiten. Laura ließ sich rücklings aufs Bett fallen, überwältigt von Stressmüdigkeit. »Endlich allein!«
»Wenn du Tausende von Rizome-Gesellschaftern nicht zählst«, sagte David aus dem anstoßenden Bad. Er kam heraus und legte das Baby aufs Bett. Laura wälzte sich herum, stützte sich auf einen Ellbogen und hielt Lorettas Flasche.
David überprüfte die Wandschränke. »Es scheint hier einigermaßen sicher zu sein. Keine anderen Zugänge - ausgezeichnete alte Tischlerarbeit.« Er zog mit einer Grimasse den Ohrhörer heraus und legte ihn mit der Videobrille so auf den Nachttisch, daß sie zur Tür gerichtet war.
(»Kümmert euch nicht um mich«,) sagte Emily in Lauras Ohr. (»Wenn David nackt schlafen will, kann ich es herausschneiden.«)
Laura setzte sich aufrecht und lachte. »Ihr zwei und eure Intimscherze«, sagte David.
Laura wechselte die Windeln und steckte das Baby in seinen Papierpyjama. Loretta war satt, schläfrig und
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