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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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teleskopischer Bohrer, Ohmmeter, Rohr-, Flach-, Spitzzangen, Spezialhandgriffe, die sich an verschiedenen Bohrern und Schraubenziehern befestigen ließen… Davids Werkzeugkasten war ihr bei weitem kostspieligstes Besitztum.
    Den ganzen Vormittag arbeiteten sie an der Installation, beginnend mit dem Bad des Dienstpersonals. Harte, schmutzige Arbeit, bei der man auf den Knien oder auf dem Rücken herumkriechen mußte. Nach seiner nachmittäglichen Sonnenanbetung blieb David draußen. Er hatte in einem Schuppen Gärtnerwerkzeug gefunden und nahm den Vorgarten in Angriff, mit freiem Oberkörper und seiner Videobrille. Laura sah, daß er die beiden Torwächter überredet hatte, ihm zu helfen. Sie beschnitten den wildwuchernden Efeu, befreiten die Sträucher von abgestorbenen Zweigen und scherzten miteinander.
    Sie hatte Atlanta nichts zu melden, also vertrieb sie sich die Zeit mit privaten Anrufen. Wie nicht anders zu erwarten, gab es viele gute Ratschläge aus allen Himmelsrichtungen. Mehrere Idioten zeigten sich enttäuscht, daß es ihnen noch nicht gelungen war, in ein geheimes grenadinisches Drogenlabor einzudringen. Ein Rizome-Graphikprogramm war als Raubkopie in Kuba zu haben - ob die Bank of Grenada dahinterstecke? Rizome hatte die polnische Regierung um Informationen gebeten - Warschau sagte, Andrej Tarkowskij sei ein Schwarzhändler, der wegen Paßfälschung gesucht werde.
    Die Ausschußwahlen rückten näher. Es sah so aus, als sollte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Suvendra und Pereira geben. Der letztere, der nie versäumte, den netten Kerl herauszukehren, machte eine überraschend gute Figur.
    David kam herein, um zu duschen. »Du wirst dir da draußen einen Sonnenbrand holen«, sagte sie.
    »Nein, werde ich nicht. Riech mal!« Er stank nach Schweiß mit einem Unterton von Pfefferminz. Seine Haut sah wie gewachst aus.
    »Mein Gott, nein!« sagte sie. »Hast du etwa dieses Zeug aus der Tube aufgetragen?«
    »Klar«, sagte David in verwundertem Ton. »Prentis behauptete, es sei das beste Mittel, das es überhaupt gebe - du erwartest doch nicht, daß ich diese Behauptung ungeprüft akzeptiere?« Er betrachtete seine Unterarme. »Gestern habe ich das Zeug auch benutzt. Ich könnte schwören, daß ich schon dunkler geworden bin, und ohne Sonnenbrand.«
    »David, du bist ein hoffnungsloser Fall…«
    Er lächelte nur. »Ich glaube, heute abend werde ich eine Zigarre rauchen!«
    Sie aßen zu Abend. Die Bediensteten hatten Lauras Videowerbung für Rizome gesehen und waren verwirrt.
    Sie wollten wissen, wieviel davon wahr sei. Alles, sagte Laura unschuldig.
    Als sie im Bett lagen, ließ sie sich von Atlanta ein Band in japanischer Sprache überspielen - Kriminalgeschichten von Edogawa Rampo. David schlief gleich ein, eingelullt von den unverständlichen vielsilbigen Worten. Laura lauschte, während auch sie allmählich dem Schlummer entgegentrieb, und ließ die fremde Grammatik in jene verborgenen Regionen eindringen, wo das Gehirn Sprache analysierte. Sie schätzte Rampos direktes journalistisches Japanisch, das frei war von den üblichen umschweifigen und ermüdend verhüllten Anspielungen…
    Stunden später wurde sie in der Dunkelheit wachgerüttelt. Rauhes Stimmengewirr auf englisch. »Laura, wach auf, es gibt Neuigkeiten…«
    (»Laura, ich bin es«,) sagte Emily Donato gleichzeitig aus der Dunkelheit.
    Laura wälzte sich auf dem schaukelnden Wasserbett herum. Das Zimmer lag in tiefen schwarzgrauen Schatten. Sie machte Licht, blinzelte zur Uhr. Zwei Uhr früh. »Was gibt es, Emily?«
    (»Wir haben die FAKT«,) verkündete der Wecker in Emilys vertrauter Stimme.
    »Was für Fakt?«
    (»Die FAKT, Laura. Wir wissen, wer dahintersteckt. Wer sie wirklich ist. Es ist Molly.«)
    »Ach, die Terroristen«, murmelte Laura. Verspätet stellte sich ein kleiner Schreck ein und munterte sie auf. »Molly? Molly wer?«
    (»Die Regierung von Molly«,) sagte Emily.
    »Es ist ein Land in Nordafrika«, sagte David von seiner Seite des Bettes. »Die Republik Mali. Hauptstadt Bamako, wichtigster Exportartikel Baumwolle, Bevölkerungswachstum zwei Prozent.« David, der Computerspieler.
    »Mali.« Der Name klang nur unbestimmt vertraut. »Was haben die mit allem zu tun?«
    (»Daran arbeiten wir noch. Mali ist eines dieser Länder der südlichen Sahara, wo ständig Hungersnöte herrschen, und wo die Armee die Regierungsgewalt ausübt. Es sieht dort schlimm aus… Die FAKT ist eine Art Einsatzgruppe, ein Sonderkommando. Wir haben

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