Inseln im Netz
Gelli war, der frühere Besitzer. Er war der aufgeschwemmte Mann mit dem feisten Gesicht, der irgendwelchen vage vertrauten, vage abstoßenden Las-Vegas-Schaugeschäfttypen kumpelhaft den Arm um die Schultern legte… hier schmeichelte er sich bei einem schlangenäugigen alten Chinesen in einem langen weißen Kleid ein - mit einem Schreck erkannte Laura, daß es der Papst war.
David steckte eine Kassette ins Videogerät, setzte sich auf die Couch - ein prall gestopftes Ungetüm in purpurnem Samt - und schaltete den Fernseher mit einer klobigen Fernbedienung ein. Laura setzte sich zu ihm. »Was gefunden?«
»Eigenproduktion, glaube ich. Er hat eine Menge davon - ich wählte den neuesten Film aus.«
Ein Fest im Herrenhaus. Im Speisezimmer ein großer, häßlicher Kuchen, ein kaltes Buffet, unter dem der Tisch zusammenzubrechen drohte. »Ich hätte nicht so viel essen sollen«, sagte Laura.
»Schau dir den Kerl mit dem Partydeckel an«, sagte David. »Das ist ein verrückter Wissenschaftler, bestimmt. Können Sie das sehen, Atlanta?«
Leises Quieken drang aus Lauras Ohrhörer; sie hatte ihn herausgenommen und ließ ihn neben dem Kinn baumeln. Das Ding war ihr nicht ganz geheuer, nachdem sie es mit Carlotta geteilt hatte; als hätte sie ihre Zahnbürste mit ihr geteilt, oder… nun, es war am besten, nicht darüber nachzudenken. »Warum nimmst du die Brille nicht ab, David?« Sie nahm ihre Brille von der Nase und legte sie so auf die Lehne der Couch, daß sie die Tür im Blickfeld hatte und sie vor Eindringlingen schützte. »Wir sind hier in Sicherheit, nicht wahr?«
»Hmm…« David hielt das Videoband an und stand auf. Er drückte den Knopf der Sprechanlage neben der Tür. »Hallo. Ah, Jimmy? Ja, ich möchte, daß Sie uns diesen elektrischen Wecker vom Nachttisch bringen. Ja, gleich. Danke.« Er kehrte zurück zur Couch.
»Das solltest du nicht tun«, sagte Laura.
»Du meinst, ich soll sie nicht wie Diener herumkommandieren? Ja, ich weiß, es entspricht nicht dem Brauch bei Rizome. Aber ich habe eine Idee - morgen will ich mit dem Personal darüber reden…« Ein diskretes Klopfen. David nahm die Uhr aus Jimmys Hand. »Nein, sonst nichts… meinetwegen, bringen Sie die Flasche!« Er stöpselte seinen Ohrhörer in den Wecker. »Wie ist der Empfang, Atlanta?«
(»Sie könnten eine Brille ruhig auf den Fernseher richten«,) sagte die Uhr. (»Diese Tür zu beobachten, ist ziemlich langweilig.«) Laura erkannte die Stimme nicht; irgendein Mann von der Nachtschicht. Sie hatte inzwischen aufgegeben, sich darum zu kümmern.
Die Videoaufzeichnung lief weiter; David hatte den Ton gedämpft. »Viele Anglos bei diesem Fest«, bemerkte er. »Ich vermisse die Rastas.«
Laura nippte an ihrem Brandy. Er füllte ihren Mund mit flüssigem Gold. »Ja«, sagte sie und inhalierte über dem Schwenker. »Auf dieser Insel gibt es viele verschiedene Fraktionen, und ich kann mir nicht denken, daß sie allzu gut miteinander auskommen. Da sind die Revolutionäre der Bewegung… und die Wodumystiker… und die High-Tech-Wissenschaftler… und die Techniker…«
»Und die Armen, die von der Hand in den Mund leben…« Klopf klopf klopf; der Brandy war gekommen. David brachte ihn zur Couch. »Ist dir klar, daß dieses Zeug uns vergiften könnte?« Er füllte ihre Schwenker auf.
»Ja, aber mir war schlimmer zumute, als ich das Kind bei Carlotta zurückließ; seither ist sie so brav, daß ich fürchte, Carlotta könnte ihr eine Art Frohsinnspille gegeben haben…« Sie stieß die Schuhe von den Füßen und zog die Beine unter sich auf die Couch. »David, diese Leute wissen, was sie tun. Wenn sie uns vergiften wollten, könnten sie es mit irgendeiner Winzigkeit tun, die wir nicht einmal wahrnehmen würden.«
»Ja, das sagte ich mir, als wir die Ratatouille aßen.« Ein angetrunkener Gast hatte sich den Kameramann vorgenommen und brüllte vergnügt in die Linse. »Sieh dir diesen Clown an! Ich vergaß die einheimische Fraktion des kriminellen Lumpengesindels zu erwähnen… Wahrscheinlich ergeben erst alle zusammen eine Steueroase.«
»Es reimt sich nicht zusammen«, sagte Laura, die sich in eine angenehme, brandybefeuerte Meditation sinken fühlte. »Es ist, wie wenn du nach einem Sturm den Strand entlangläufst. Alle Arten von Treibgut hat es an die goldenen grenadinischen Ufer geschwemmt… Wenn du diese Leute abklopfst und die richtige Stelle findest, gehen sie vielleicht in Stücke. Aber zuviel Druck, und alles wird
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