Inseln im Netz
Festungsarchitekt. Dieses Bauvorhaben an der Küste ist eine Sache für sich… David, kennen Sie jemanden bei Rizome, der militärische Anlagen beurteilen kann? Nun, ich auch nicht… Laura, könnten Sie ungefähr zwanzig Minuten totschlagen?«)
Laura blieb stehen. Sticky sah sich ungeduldig nach ihr um. »Sie werden nicht viel zu sehen bekommen, wenn es das ist, was Sie aufhält. Wir fahren jetzt hinunter.«
»Wieder ein Aufzug«, sagte Laura. »Ich werde aus der Leitung gehen.«
»Er ist verdrahtet«, versicherte ihr Sticky. »Man wußte, daß Sie kommen.«
Der Aufzug sank rasch sechs Stockwerke in die Tiefe. Sie verließen ihn in einen aus dem anstehenden Fels gesprengten Tunnel, der groß genug war, eine zweispurige Fernstraße aufzunehmen. Sie sah militärische Kisten mit kyrillischer Aufschrift. Durchhängende Zeltbahnen über großen, knolligen Haufen von weiß Gott was. Sticky ging voraus, die Hände in den Hosentaschen. »Kennen Sie den Kanaltunnel? Von England nach Frankreich?«
Es war kalt. Sie war froh, daß sie die Militärjacke trug, und steckte die Arme durch die weiten Ärmel des Tschadors. »Ja?«
»Dabei lernten sie eine Menge über den Tunnelbau. Alles ging über offene Datenträger. Praktisch.« Seine Worte hallten unheimlich. Deckenbeleuchtungen flackerten über ihnen an, während sie gingen, und erloschen hinter ihnen. So durchwanderten sie den Tunnel in einem mit ihnen ziehenden Lichtkreis. »Haben Sie mal die Maginotlinie gesehen?«
»Was ist das?« fragte Laura.
»Ein großer Festungswall aus Forts, Panzersperren und unterirdischen Anlagen, den die Franzosen vor neunzig Jahren anlegten. Gegen die Deutschen. Ich besichtigte einmal Teile davon. Winston nahm mich mit.« Er rückte an seiner Baskenmütze. »Noch heute rosten die großen alten Stahlkuppeln zwischen Viehweiden. Darunter gibt es Eisenbahntunnels mit Schmalspurbahnen, die Touristen befördern.« Er zuckte die Achseln. »Das ist alles, wozu die Maginotlinie taugt. Und so wird es mit dieser Anlage auch eines Tages sein.«
»Wie meinen Sie das?«
»Die Tanker sind besser. Sie sind nicht ortsgebunden.«
Laura paßte sich seinem Schritt an. Ihr war unheimlich. »Es riecht hier unten, Sticky. Wie in dem Tanker…«
»Das ist Plastik für Fesselgewehre«, sagte Sticky. »Von Übungen. Wenn Sie von einem Fesselgewehr getroffen werden, gibt es einen komischen Geruch, während der Kunststoff aushärtet. Und dann ist es, als ob Sie in Bandstahl gewickelt wären…«
Er belog sie. Es gab hier unten irgendwo Laboratorien. Irgendwo in der feuchten Dunkelheit. Sie fühlte es. Dieser leicht säuerliche Geruch…
»Dies ist das Schlachtfeld«, sagte er. »Wo die Eindringlinge bezahlen werden. Nicht, daß wir sie aufhalten könnten, so wenig wie damals Fedon. Aber sie werden mit Blut bezahlen. Diese Tunnels sind voll von Dingen, die sie aus der Dunkelheit anspringen…« Er schnupfte. »Keine Sorge, nicht Ihre Yankees. Yankees haben heutzutage nicht mehr den Nerv für so was. Aber wer immer. Babylon.«
»›Der Mann‹«, sagte Laura.
Sticky lächelte.
Die Direktoren der Bank erwarteten sie. Sie waren einfach da, in dem Tunnel, unter einem kreisförmigen Lichtschein. Sie hatten einen langen rechteckigen Tisch und ein paar bequeme Ledersessel. Thermosflaschen mit Kaffee, Aschenbecher, Datenanschlüsse und Schreibzeug. Sie plauderten miteinander. Lächelten. Kleine Kräusel von Zigarettenrauch stiegen im Licht empor.
Als sie Laura kommen sahen, standen sie auf. Fünf schwarze Männer. Vier in Maßanzügen, einer in Uniform mit Sternen auf den Achselklappen. Drei saßen auf der linken Seite des Tisches, zwei auf der rechten.
Der Stuhl am Kopf des Tisches war leer, desgleichen der Stuhl rechts neben ihm. Sticky führte sie zu dem Platz am Fußende des Tisches.
Der General sagte: »Das ist alles, Hauptmann.« Sticky salutierte zackig und machte auf dem Absatz kehrt. Laura hörte seine Stiefel durch den Tunnel hallen, als er in die Dunkelheit marschierte.
»Willkommen in Grenada, Mrs. Webster. Bitte nehmen Sie Platz.« Alle setzten sich, Leder quietschte. Alle hatten Namensschilder aus Messing vor sich, die sie nun in Lauras Richtung drehten. DR. CASTLEMAN, MR. RAINEY, MR. GOULD, GENERAL CREFT, MR. GELLI.
Mr. Gelli war der Jüngste unter ihnen; nach seinem Aussehen schätzte sie ihn auf ungefähr vierzig; er war Italiener, und seine Haut war schwarz. Auch die leeren Plätze hatten Namensschilder: MR. STUBBS, P. M. ERIC
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