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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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anderen aufgeschreckt worden waren.
    «Die Vögel müssen Willie verrückt machen», sagte Ara. «Das hat er nicht bedacht, als er hineingegangen ist.»
    «Er könnte genausogut Luftballons aufsteigen lassen», sagte Thomas Hudson. Er überlegte und blickte über die Schulter zurück.
    Das Ganze gefiel ihm nicht. Von der Insel stiegen zu viele Vögel auf, und wieso nahmen sie überhaupt an, daß die anderen noch auf der Insel waren? Warum sollten sie überhaupt hier an Land gegangen sein? Er lag auf dem Deck und hatte ein hohles Gefühl in der Brust, daß sie sich beide, Willie wie er, verrechnet haben könnten. Vielleicht haben sie uns nicht absichtlich hereingelockt, die Vögel verderben auf jeden Fall alles. Ein Pärchen Roter Ibisse stieg unweit der Küste auf. Thomas Hudson drehte sich zu Henry herum und sagte: «Steig hinein in die vordere Luke und behalte bitte die Küste im Auge.»
    «Da ist alles Matsch drin.»
    «Ich weiß.»
    «Ich mach’s, Tom.»
    «Laß die Handgranaten und die Magazine draußen. Steck bloß eine Handgranate ein und nimm deinen niño mit.»
    Henry ließ sich in die Luke hinunter und beobachtete die inneren Inseln, die die Fahrrinne verdeckten. Sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht geändert, aber er biß sich auf die Lippen, um sich nichts anmerken zu lassen.
    «Tut mir leid, Henry», sagte Thomas Hudson. «Es geht im Augenblick nicht anders.»
    «Es macht mir nichts aus», sagte Henry. Dann fiel die aufgesetzte Härte seines Gesichts ab, und er lächelte sein wunderbar freundliches Lächeln. «Es ist nur nicht gerade die Art, wie ich meinen Urlaub verbringen möchte.»
    «Ich auch nicht. Aber soweit ist es ja noch nicht.»
    Aus den Mangroven kam eine Rohrdommel hervor. Thomas Hudson hörte sie quaken und sah, wie sie aufgeregt mit dem Wind davonschoß. Dann überlegte er, wie weit, dem Aufschrecken und Abstreichen der Vögel nach, Willie in den Mangroven vorangekommen sein konnte. Als keine Vögel mehr aufflogen, war er überzeugt, daß er umgekehrt war, aber nach einer Weile wurden wieder welche aufgescheucht, und er wußte, daß sich Willie jetzt an die Landspitze heranarbeitete. Eine Dreiviertelstunde später flog wie in Panik ein großer weißer Reiher auf und strich mit langsamen, schweren Flügelschlägen windwärts ab. Er sagte zu Ara: «Jetzt hat er’s hinter sich. Fahr zur Landzunge hinüber und hol ihn ab.»
    «Ich sehe ihn», sagte Ara im nächsten Augenblick. «Er hat eben gewinkt. Er liegt dicht hinter dem Strand.»
    «Hol ihn und bring ihn her. Er soll sich wieder flach ins Dingi legen.»
    Ara ließ sich mit seinem Gewehr und ein paar Handgranaten in den Taschen ins Dingi gleiten. Er kroch ins Heck und holte die Fangleine ein.
    «Wirf mir deine Teeflasche herunter, Tom.»
    Ara fing sie auf. Zur Sicherheit fing er sie mit beiden Händen und nicht nur mit einer, wie er es sonst gemacht haben würde. Es machte ihm Spaß, Handgranaten mit einer Hand aufzufangen, weil das gefährlich war, genauso wie es ihm Spaß machte, Zündkapseln mit den Zähnen zu zerbeißen. Aber der Tee jetzt war für Willie bestimmt, und er wußte, was Willie hinter sich hatte, auch wenn es vergebens gewesen war. Er stellte die Flasche sorgsam unter das Heck und hoffte, daß der Tee noch nicht warm geworden war.
    «Was hältst du davon, Tom?» fragte Henry.
    «Wir sind angeschmiert. Im Moment wenigstens.»
    Wenig später lag das Dingi wieder längsseit. Willie lag auf dem Boden, die Flasche mit dem Tee in beiden Händen. Seine Hände und sein Gesicht waren zerschunden und bluteten, obgleich er sie mit Seewasser abgewaschen hatte, und an seinem Hemd fehlte ein Ärmel. Jede freie Stelle seines Körpers, an die sie hatten herankommen können, war von den Moskitos zerstochen, und sein Gesicht war angeschwollen von Stichen.
    «Da ist überhaupt nichts drin, Tom», sagte er. «Sie sind nicht einmal an Land gewesen. Diesmal waren wir beide zu schlau.»
    «Nein.»
    «Wieso nicht?»
    «Sie waren an Land, nachdem sie auf Grund gelaufen waren. Ob sie dort bleiben wollten oder nur die Priele erkunden, weiß ich nicht.»
    «Glaubst du, daß sie uns an Bord der Hulk hier gesehen haben?»
    «Vielleicht. Sie können nicht weit sehen von ihrem flachen Skiff aus.»
    «Aber bei dem Wind müßten sie etwas gehört haben.»
    «Vermutlich.»
    «Und jetzt?»
    «Du fährst mit Ara an Bord zurück, und danach holt Ara Henry und mich ab. Sie können ja immer noch kommen.»
    «Und Peters? Wir könnten ihn mitnehmen.»
    «Ja,

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